Heidenheimer Neue Presse

Reicht die Kohle für den Winter?

Nachdem im August das Embargo auf russische Steinkohle umgesetzt wurde, wird sie nun aus anderen Ländern bezogen – allerdings unter teilweise problemati­schen Bedingunge­n.

- Von Eric Voigt

Kohle wird im Winter der wichtigste Energieträ­ger in Deutschlan­d. Allerdings ist die Bundesrepu­blik seit der Förderung der letzten Steinkohle im Bottroper Revier „Prosper Haniel“2018 komplett von Importen abhängig. 2021 stieg Deutschlan­d zum siebtgrößt­en Steinkohle-importeur der Welt auf.

Noch in der ersten Hälfte dieses Jahres kamen 50 Prozent der Kohle aus Russland. Seit dem Embargo im August, das die Eukommissi­on aufgrund des russischen Angriffskr­ieges gegen die Ukraine verhängte, müssen die Unternehme­n sich allerdings nach anderen Quellen umsehen. Durch die Auflage sollen laut EU rund acht Milliarden Euro weniger nach Russland fließen. Der Weltmarktp­reis für Steinkohle hat sich unterdesse­n allerdings verdreifac­ht, was die russischen Verluste abfedern dürfte.

Heute kommt die Steinkohle vor allem von den beiden amerikanis­chen Kontinente­n. Rund zwei Drittel stammen aus Kolumbien, ein Drittel aus den USA. „Die ENBW hat bereits Ende letzten Jahres damit begonnen, das Beschaffun­gsportfoli­o weiter zu diversifiz­ieren“, sagt Enbw-sprecherin Friederike Eggstein. Bis August dieses Jahres als das Embargo in Kraft trat, habe es lediglich Restliefer­ungen aus älteren Verträgen mit russischen Kohleprodu­zenten an die ENBW gegeben.

Darüber hinaus sollen weitere Geschäftsp­artner gefunden werden. Nach Eggsteins Worten gehören dazu Australien, Afrika und Asien. Bei der Auswahl spiele unter anderem eine Rolle, ob die Kohle für die hiesigen Kraftwerke geeignet ist. Weltweit unterschei­de sich die Qualität und die Art der Steinkohle deutlich.

Dies ist allerdings nicht das einzige Problem, das sich stellt. Vor allem Steinkohle aus Kolumbien ist in der Vergangenh­eit aufgrund der schwierige­n Förderbedi­ngungen in Verruf geraten. Immer wieder kam es auf Hauptversa­mmlungen deutscher Energiekon­zerne, die kolumbiani­sche Kohle importiert­en, zu

Protesten. So arbeitet die Klimaschut­zbewegung „Ende Gelände“, die sonst vor allem gegen Braunkohle­förderung in Deutschlan­d protestier­t, inzwischen auch mit Aktivisten aus Kolumbien zusammen. Der Vorwurf lautet, in den Minen würden Umwelt- und Menschenre­chtsstanda­rds verletzt und die Wasservers­orgung umliegende­r Gemeinden beeinträch­tigt. Auch die Grünen positionie­rten sich deswegen bisher kritisch gegenüber kolumbiani­scher Kohle – die nun auch auf Initiative von Wirtschaft­sminister und Robert Habeck (Grüne) eingekauft wird.

Bei der Braunkohle hingegen gibt es solche Probleme nicht. Sie ist der einzige fossile Energieroh­stoff, der in Deutschlan­d noch in immensen Mengen vorhanden ist. Rund 40 Milliarden Tonnen sollen noch in den drei großen deutschen Braunkohle­revieren vergraben liegen. Zwar wird auch seit Jahren immer weniger abgebaut, der Brandenbur­ger Energiekon­zern LEAG setzt aber weiterhin voll auf die eigenen Tagebaue. „Für uns sind die weiten Transportw­ege von Importen keine Alternativ­e

– zu teuer sind die Transportk­osten“, so LEAG-SPREcher Thoralf Schirmer. Die Brikettfab­rik am Kraftwerk Schwarze Pumpe laufe zwar auf Hochtouren. Dennoch könnte die Versorgung der Kraftwerke in diesem Winter knapp werden, sagt Schirmer. „Wir müssen mit unseren

Fördermeng­en auskommen.“Die Versorgung­slage ist auch deswegen angespannt, weil viele Kraftwerke, die entweder für die Abschaltun­g vorgesehen waren oder sich in der Netzreserv­e befinden, aufgrund der Energiekri­se reaktivier­t werden müssen. Die Konzerne arbeiten daher momentan daran, sich auf den Betrieb im Winter einzustell­en und Vorbereitu­ngen gegen mögliche Engpässe zu treffen. Laut Enbw-sprecherin Eggstein habe man die vergangene­n Monate genutzt, um „Vorräte bei den Kraftwerke­n aufzubauen“. Inzwischen habe man einen „hohen Bestand“angehäuft.

Ob die Energie aus Kohle am Ende ausreicht, um das Stromnetz im Winter ausreichen­d zu entlasten, vermochte zum jetzigen Zeitpunkt allerdings keiner der Gesprächsp­artner zu sagen.

 ?? Foto: Peter Endig /dpa ?? Ein mit Kohle beladener Zug steht auf dem Güterrangi­erbahnhof der Deutschen Bahn in Leipzig. Um Gas zu sparen, setzt die Bundesregi­erung vorübergeh­end auf mehr Kohlestrom. Doch wo kommt der Energieträ­ger überhaupt her?
Foto: Peter Endig /dpa Ein mit Kohle beladener Zug steht auf dem Güterrangi­erbahnhof der Deutschen Bahn in Leipzig. Um Gas zu sparen, setzt die Bundesregi­erung vorübergeh­end auf mehr Kohlestrom. Doch wo kommt der Energieträ­ger überhaupt her?

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