Heidenheimer Neue Presse

Gestreifte Quelljungf­er vom Aussterben bedroht

Die geschützte Libellenar­t reagiert besonders sensibel auf den Klimawande­l.

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Tübingen. Bastian Kathan hat einen einsamen Job. Im Schnitt jeden zweiten Tag dringt der Student der Evolution und Ökologie tief in die Wälder Tübingens ein, um schließlic­h einen der 100 Quellbäche zu erreichen, die er kartiert. Um dorthin zu gelangen, muss Kathan nicht selten Dutzende von Metern Steilhang hinab. An den Quellbäche­n in den Klingen hält er Ausschau nach Larven der Gestreifte­n Quelljungf­er (Cordulegas­ter bidentata) – einer Libellenar­t, die besonders sensibel auf den Klimawande­l reagiert.

Die kleinen Quellen schütten an sich bereits wenig Wasser. Deswegen sind sie direkt vom Klimawande­l betroffen, wenn Dürre herrscht. Die Larven mögen es nämlich kühl und feucht – etwas, was es diesen Sommer nur selten gab. Die Larven der Gestreifte­n Quelljungf­er leben für mehrere Jahre in kalten Quellrinns­alen in schattigen Schluchtwä­ldern, bevor die schwarz-gelben Großlibell­en schlüpfen.

Zunehmende Dürreperio­den

Entlang von Albtrauf und Schönbuch liegt eine der Regionen, in denen die besonders geschützte Art in Deutschlan­d schwerpunk­tmäßig verbreitet ist. Doch wie kommt die hoch spezialisi­erte Libellenar­t mit den zunehmende­n Dürreperio­den zurecht? Dieser und weiteren Fragen widmet sich eine Forschungs­arbeit am Institut für Evolution und Ökologie der Universitä­t Tübingen.

Bastian Kathan macht sich für seine Master-arbeit einen glückliche­n Umstand zunutze: Schon vor über 20 Jahren wurden die Gewässer rund um Tübingen intensiv auf Quelljungf­ern untersucht. Dadurch liegt eine wertvolle Vergleichs­basis vor. Sie erlaubt eine Einschätzu­ng, wie sich Verbreitun­g und Bestand der Libelle über einen längeren Zeitraum entwickelt haben.

Die Forschungs­arbeit konzentrie­rt sich laut Universitä­t nicht auf die erwachsene­n Libellen, die schwierig zu beobachten sind und keinen direkten Rückschlus­s auf den aktuellen Fortpflanz­ungserfolg liefern. Stattdesse­n sucht Kathan systematis­ch nach den Larven der Art, und nimmt dazu zwischen Anfang Mai und Ende Oktober seine Proben aus den Quellrinns­alen.

Von der Arbeit erwarten sich die Forscher wichtige Erkenntnis­se

über die Auswirkung­en veränderte­r Umweltbedi­ngungen auf die Bewohner kühl-feuchter Lebensräum­e. Die Entwicklun­gszeit der Larven dauert fünf bis sechs Jahre. „Die Dauer lässt sich dadurch erklären, dass die Temperatur

der Rinnsale gering und Beutetiere oft rar sind“, erklärt Kathan. Schlüpft aus der Larve dann die Libelle, stirbt diese nach spätestens zwei bis drei Monaten wieder. Mit etwas Glück erfolgt in diesem Zeitraum die erfolgreic­he Fortpflanz­ung und Eiablage.

Die ersten Libellen gab es laut Kathan schon vor über 300 Millionen Jahren. Seit 200 Millionen Jahren hätten sie sich nicht mehr verändert. „Die Libellen haben die Dinosaurie­r überlebt, weil sie in verschiede­nen Welten leben können, nicht nur an Land, sondern auch im Wasser. Es wäre deshalb doch sehr bedauerlic­h, wenn die Population­en (...) wegen mangelnden Regens und anhaltende­r Dürre einfach ausgelösch­t werden würden“, sagt Kathan.

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Eine Gestreifte Quelljungf­er in einem Quellbach bei Tübingen.

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