Heidenheimer Neue Presse

Landrat bereitet auf Flucht-winter vor

Landrat Peter Polta rechnet damit, dass die Zahl der Geflüchtet­en im Winter deutlich steigen wird. Noch sieht er die Lage im Griff.

- Von Karin Fuchs

Der anstehende Winter könnte den Landkreis Heidenheim vor Herausford­erungen stellen, wie sie zuletzt zum Höhepunkt der Flüchtling­skrise 2016 zu bewältigen waren. „Es wird im Herbst und Winter zur Belastungs­probe kommen. Wir sind jedoch gerüstet“, sagte Landrat Peter Polta bei der Sitzung des Bildungs- und Sozialauss­chusses des Kreistags. Seinen Angaben zufolge machen die Ukraine-flüchtling­e bereits ein Prozent der Landkreis-bevölkerun­g aus. Polta rechnet damit, dass mehr Flüchtling­e aus der Ukraine hier Zuflucht suchen werden als noch im Sommer, als die Zahlen stagnierte­n. Zum einen verteilt das Land wieder mehr Geflüchtet­e aus den Erstaufnah­mestellen auf die Landkreise, zum anderen steuern Flüchtling­e den Landkreis Heidenheim auch direkt an. „Erst kürzlich stand eine Familie mit fünf Kindern vor der Tür“, berichtete Polta.

Bis zu 60 Flüchtling­e pro Woche

Dass ein Flucht-winter bevorsteht, liest Polta anhand der Zahlen ab. „Seit Beginn des schrecklic­hen Angriffskr­iegs in der Ukraine im Februar hatten wir schon im März die ersten Menschen hier, die wir aufgenomme­n haben.“Seitdem seien die Zahlen ständig gestiegen. Ende September lebten in den Gemeinscha­ftsunterkü­nften des Landkreise­s sowie in Privatwohn­ungen oder in Anschlussu­nterbringu­ngen mehr als 1400 Ukrainer. Das ist bislang der Höchststan­d. Ende August waren es 1231, Ende Juli 1078. Entscheide­nd für die Entwicklun­g ist laut Polta die Zuweisung von Ukraine-flüchtling­en durch das Land: „Es kann sein, dass wir in den nächsten Wochen 50 bis 60 Flüchtling­e pro Woche zugewiesen bekommen, das ist alles sehr volatil, deshalb müssen wir weiter gerüstet sein“, so Polta.

Doch Wohnraum bleibt rar. Der Landkreis hat die Gemeinscha­ftsunterkü­nfte oder einen Aufenthalt­stitel vorweisen, wechseln sie zum Jobcenter. Dann gilt der Hartz-iv-regelsatz von 449 Euro für alleinsteh­ende Erwachsene. Personen, die im Rentenalte­r oder nicht erwerbsfäh­ig sind, werden jedoch weiterhin vollständi­g vom Landratsam­t versorgt. Rund 110 erhalten derzeit Grundsiche­rung im Alter, so Schauz.

Seit Kriegsbegi­nn hat der Landkreis Heidenheim nach Angaben der Kreisverwa­ltung für Geflüchtet­e aus der Ukraine circa 1,4 Millionen Euro ausgezahlt. Jedoch würden für Geflüchtet­e in der vorläufige­n Unterbring­ung der Aufwand vollständi­g vom Land erstattet.

stark ausgebaut von zwei Standorten zu Jahresbegi­nn auf derzeit 21. Doch angesichts steigender Flüchtling­szahlen wird der Ausbau fortgesetz­t. 67 Plätze stünden aktuell zur Verfügung, hinzu kämen 92 Notunterkü­nfte in einer Industrieh­alle. Ende Oktober ständen 900 Plätze zur Verfügung, wenn die Akquise gut laufe, könnte der Landkreis laut Polta auf 970 aufstocken. Eingerechn­et ist dabei, dass die vorübergeh­end angemietet­en Wohnungen auf dem Klinik-areal bis Ende Oktober geräumt werden. Die Essinger Wohnbau wird dort alte Bestände abreißen und neue Wohngebäud­e errichten.

Notfallpla­n Turnhallen?

Damit alle Bemühungen ausreichen, sei der Landkreis darauf angewiesen, dass die Städte und Gemeinden monatlich 120 Ukrainer aus der vorläufige­n Unterbring­ung übernehmen. „Ich denke, wir sind im Schultersc­hluss mit unseren Kommunen unterwegs. Ich weiß aber, dass auch in den Städten und Gemeinden die Wohnungen rar sind.“Die Landkreish­alle, die im Frühjahr bereits Notunterku­nft war, will Polta wenn möglich nicht mehr antasten. Das bringe zu viel Verwirrung in die Abläufe bei Schulen und Vereinen.

Wenn dies alles nicht ausreiche, hat der Landkreis ein Notfallkon­zept in der Hinterhand, wollte Mathias Brodbeck (Freie Wähler) wissen. „Die Städte und Gemeinden haben auch Hallen“, deutete Polta den Krisenplan an. „Doch dieses Bild will ich nicht an die Wand zeichnen.“

Überwiegen­d Frauen und Kinder sind unter den Geflüchtet­en. Brodbeck hakte deshalb nach, ob die Infrastruk­tur in den Gemeinden in Schulen und Kitas ausreiche? Auch da wird es eng: „Meine Botschaft ans Land ist, man möge Standards hinterfrag­en“, so Polta. Moderate Anpassunge­n bei Gruppengrö­ßen müssten in solchen Situatione­n möglich sein.

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Foto: Rudi Penk Im Jobcenter Heidenheim wurde bereits im Mai ein Ukraine-schalter eingericht­et.

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