Heftige Tritte und Faustschläge gegen den Kopf des Opfers
Am dritten Verhandlungstag in Ellwangen wurden die Ergebnisse der Obduktion erläutert. Diese widersprechen der Sturz-these.
Als im Schwurgerichtssaal des Landgerichts in Ellwangen auf einem großen Bildschirm Fotos von der Obduktion der 87-jährigen Giengenerin gezeigt wurden, blickte der Mann, dem vorgeworfen wird, die Frau aus der Wohnung unter seiner Wohnung ermordet zu haben, konstant nach unten auf den Tisch, eine Hand zusätzlich vor die Augen haltend.
Es waren Fotos, aber auch Schilderungen zum möglichen Tatablauf, die man als Prozessbeobachter nicht so schnell vergessen wird. Der Befund der Seniorin, die drei Tage nach der Tat obduziert wurde, wiesen Hämatome im Gesicht, am Schädel, am Jochbein, am Ohr, an den Oberarmen und einer Schulter sowie Einblutungen im Schädelinnern auf.
Der Rechtsmediziner kam aufgrund seiner Untersuchungen zum Schluss, dass es mindestens einen Faustschlag gegen die Mund-nasen-partie gegeben haben müsste, möglicherweise zwei bis drei Faustschläge in die Augen-partie und zumindest zwei, möglicherweise drei Tritte mit dem Fuß gegen die rechte Gesichtshälfte des am Boden liegenden Kopf des Opfers.
Blutspuren ausgewertet
Dargelegt wurden vom Rechtsmediziner auch die Blutspuren am Tatort. Diese fanden sich auf dem Boden, an und auf Schränkchen. Aus diesen Spuren ergab sich dem Mediziner zufolge folgende mögliche Tatrekonstruktion: Es habe mindestens eine stumpfe Gewalteinwirkung auf die Frau in stehender Position gegeben, eine in gebückter Position und mindestens drei Schläge beziehungsweise Tritte in liegender Position in den Bereich des Gesichts. Der Sachverständige merkte auf Nachfrage des Gerichts an, dass ein Tritt gegen das Gesicht einer liegenden Person eine potenzielle Todesgefahr mit sich bringe.
Am zweiten Verhandlungstag an diesem Mittwoch hatte der Angeklagte seine Schilderung der Tat verlesen und geäußert, die Frau sei auf dem Weg von der Küche, wo sie ihn entdeckt habe in Richtung Wohnungstür gestürzt und auf eines der kleinen Schränke geprallt.
Wie der Rechtsmediziner auch auf Nachfrage der Verteidigung des 27-jährigen Giengeners erklärte, könnten sowohl die Befunde aus der Obduktion als auch die Auswertung der Blutspuren die Sturz-these widerlegen. „Eine Verletzung alleine könnte durch einen Sturz entstanden sein, aber es sind dafür zu viele“, so der Mediziner. Zudem könne ein Sturz auch nicht alle Blutspuren erklären.
Am dritten Verhandlungstag wurde auch ein Sachverständiger des Landeskriminalamts Stuttgart gehört, der über vorgenommene Untersuchungen hinsichtlich textiler Faserspuren berichtete. Heißt: Die Kleidung des Opfers und die des Angeklagten wurde dahingehend untersucht, ob sich Spuren von der Kleidung des anderen darauf finden. Ein Ergebnis: Es habe einen „direkten, intensiven Kontakt“gegeben, der sich aus Spuren auf der Jacke des Opfers und der des Angeklagten ergebe. Wie oder wann die Spuren ausgetauscht wurden, könne allerdings nicht gesagt werden, so der Sachverständige auf Nachfrage eines der Verteidiger des 27-Jährigen.
Fortsetzung am 11. Oktober
Die Verhandlung wird am 11. Oktober fortgesetzt. Dann sind Zeugen aus dem Umfeld des Angeklagten ebenso als Zeugen geladen wie ein psychiatrischer Gutachter. An diesem vorletzten Verhandlungstag dürften persönliche Details aus dem Leben des Angeklagten öffentlich werden.