Die meisten Dächer sind ungenutzt
Im Regionalverband wurden die Potenziale der Dachflächen-photovoltaik diskutiert. Dabei sollen Unternehmen stärker in die Pflicht genommen werden.
Es sind nur grobe Zahlen, aber sie zeigen eines ganz deutlich: Im Bereich der Dachflächen-photovoltaik besteht in der Region noch riesiges Potenzial. Zwar sind in den Landkreisen Heidenheim und Ostalb aktuell annähernd 21.000 Solaranlagen auf Dächern von Wohnhäusern oder Betrieben installiert, die es zusammengenommen auf eine Leistung von fast 375 Megawatt bringen. Das allerdings sind erst rund 12 Prozent des tatsächlich vorhandenen Potenzials. Untersucht wurden für diese Übersicht Kommunen mit mehr als 7000 Einwohnern. Die dafür verfügbaren Zahlen stammen von Ende 2020.
Wie Dr. Emily Rall von der Verwaltung des Regionalverbands Ostwürttemberg am Mittwoch in der Sitzung des Planungsausschusses im Heidenheimer Rathaus erklärte, seien weitere Anlagen mit einer Leistung von mehr als 2600 Megawatt Leistung zumindest theoretisch denkbar. Dies wiederum entspricht der Leistung von mehr als 500 Windkraftanlagen.
Wir haben kein Planungs-, sondern ein Umsetzungsproblem. Thomas Eble
Verbandsdirektor
Spitzenreiter im Landkreis ist Gerstetten, wo bereits fast eintausend Dach-solaranlagen mit 17,4 Megawatt Leistung vorhanden sind. Doch auch auf der Alb sind nach den Zahlen des Regionalverbands damit erst 19 Prozent des vorhandenen Potenzials genutzt. Mit 24 Prozent hat sich die Stadt Neresheim in der Region an die Pole-position gesetzt.
An anderen Ende der Skala findet sich die Stadt Oberkochen, wo derzeit gerade einmal sechs Prozent des Pv-potenzials auf Dächern genutzt werde. Davon zeigte sich der Grünen-faktionsvorsitzende im Regionalverband,
Bürgermeister Volker Grab aus Ellwangen, besonders überrascht. Dass ausgerechnet in Oberkochen mit seinen riesigen Industriegebäuden so wenig Photovoltaik installiert sei, liege seiner Ansicht nach „am Beharren der Eigentümer“. Grab regte an, den Kommunen in der Region entsprechende Zahlen an die Hand zu geben, mit deren Hilfe sie gezielt auch auf Unternehmen zugehen könnten.
Bevor Solaranlagen auf Freiflächen gebaut würden, sollte man die Potenziale auf Dächern nutzen, forderte der Bopfinger Bürgermeister und Cdu-fraktionsvorsitzende Dr. Gunter Bühler.
Geringster Anteil in Heidenheim
Im Landkreis Heidenheim findet sich die Stadt Heidenheim mit einem genutzten Anteil von acht Prozent auf dem letzten Platz. In absoluten Zahlen entspricht dies allerdings rund 1100 Anlagen mit der gleichen Leistung, wie sie Gerstetten aufbringt. In Giengen werden derzeit elf Prozent des ermittelten Potenzials ausgeschöpft, mit einer Gesamtleistung von 11,6 Megawatt. Die Stadt Herbrechtingen
bringt es sogar auf 17 Prozent, dort sind 544 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 14,8 Megawatt montiert. Königsbronn bringt es auf zehn Prozent (4,2 Megawatt), Steinheim auf zwölf Prozent (7,0 Megawatt).
Blickt man auf die kleineren Gemeinden im Landkreis, die für die Übersicht des Regionalverbands außen vor blieben, bilden sich neue Spitzenreiter heraus, was den Anteil bereits genutzter Dachflächen angeht. Dischingen und Hermaringen etwa liegen nach den verfügbaren Dachflächen bei 20 Prozent, Sontheim/ Brenz bei 17, Nattheim bei 15, Niederstotzingen bei 13 Prozent.
Insgesamt sind im Kreis Heidenheim bislang 13 Prozent der ermittelten Dachflächen mit Solaranlagen belegt. Im Ostalbkreis sind es zwölf Prozent.
Verbandsdirektor Thomas Eble schränkte freilich ein, dass nicht alle diese Potenziale tatsächlich genutzt werden könnten, weil beispielswiese auch der Denkmalschutz ein Wörtchen mitrede. Doch selbst, so Eble, wenn nur die Hälfte der denkbaren Dachflächen
mit Solarpanelen ausgestattet werde, entspreche dies der Leistung einer dreistelligen Zahl von Windrädern.
„Wir haben kein Planungs-, sondern ein Umsetzungsproblem“, betonte Eble. So habe der Denkmalschutz im Landkreis „die Verwirklichung toller Windkraft-standorte“verhindert. Damit dürfte Eble etwa auf das Gebiet Teichhau nahe Dettingen angespielt haben. Dort war über Jahre hinweg ein Windpark geplant worden, der schließlich fallengelassen wurde, um den Blick vom Unesco-welterbe Vogelherdhöhle nicht zu beeinträchtigen. Der Gesetzgeber, so Eble, sei gefordert, zumindest auf bereits geprüften Flächen für eine zügige Umsetzung der Nutzung von Energiepotenzialen zu sorgen.
Es besteht Nachholbedarf
Um das Thema voranzutreiben, will der Regionalverband einen sogenannten Teilregionalplan Erneuerbare Energien aufstellen, um, wie Eble sagte, die Bundesund Landesziele regional umzusetzen. Zwar stehe die Region im
Vergleich mit anderen Regionen oder Bundesländern nicht schlecht da, gerade bei der Nutzung von Sonnen- und Windenergie gebe es aber „Nachholbedarf “. So solle bei der Erstellung des Teilregionalplans geprüft werden, ob bestehende Flächen für die Windkraftnutzung erweitert werden könnten. Auch über Vorranggebiete für die Solarenergienutzung solle eine „andere Qualität“als bisher erreicht werden. Das Land stellt für solche Planungsleistungen bis 2025 jährlich eine sechsstellige Summe bereit.