Er hofft auf Schmuddelwetter
Zur Überraschung des Gerstetter Pilzexperten Georg Schabel wird 2022 doch noch ein super Pilzjahr. Hier gibt er Tipps fürs Sammeln, zur Aufbewahrung und Verarbeitung.
Zu warm, zu trocken – noch im August sagte der Gerstetter Pilzexperte Georg Schabel ein sehr schlechtes Pilzjahr voraus. Doch im September kam der Regen und damit kamen auch die Pilze. Wird es also doch ein gutes Pilzjahr? „Nicht nur gut. Wir haben bereits ein super Pilzjahr“, so Schabel. „Bis August war es wirklich ein Totalausfall, was Pilze angeht, aber im September sanken die Temperaturen und hier bei mir auf der Alb hat es 116 Liter pro Quadratmeter geregnet, das ist doppelt so viel wie sonst.“Außerdem sei es morgens öfter neblig gewesen. „Das hat das Pilzwachstum enorm in Gang gesetzt. Es gibt Wälder, die förmlich überquellen.“Eigentlich sind Pilze nicht gerade Freunde von Starkregen, aber: „Die Böden waren so ausgetrocknet, dass der viele Regen notwendig war, um das Bodenmilieu wieder aufzubauen.“
Doch mit Blick auf die nächsten Monate hat der Regen im September nicht gereicht. Zumindest nicht nachhaltig. „Ein kalter und trockener Winter wäre eine Katastrophe“, sagt Schabel. „Auch wenn sich die Leute auf mich stürzen werden, wenn ich das sage, aber ich wünsche mir einen nassen Schmuddelwinter, damit sich der Boden auch in tieferen Lagen regenerieren kann.“
Pilzgattungen verschwinden
Auf noch längere Sicht rechnet der Pilzexperte damit, dass einige Pilzgattungen ganz aus unseren Wäldern verschwinden könnten, weil sie mit den gestiegenen Temperaturen und dem Klimawandel nicht klarkommen. Wird es im Gegenzug dann aber Einwanderer aus südlichen Ländern geben?
„Die gibt es bereits und es werden andere kommen, aber das ist ein langsamer Prozess und geht nicht von einem Jahr auf das andere“, so Schabel. Georg Schabel ist derzeit jeden Tag im Wald unterwegs, auch um seltene Exemplare für seine Kollegen zu fotografieren. Außerdem bietet er regelmäßig
Pilzführungen an. Seine Spezialfundstellen würde er aber dennoch nie jemandem verraten. „Das tut kein Pilzsammler, schließlich hat man sich das alles selbst erarbeitet.“
Vorsicht vor giftigen Pilzen
Schabel als ausgewiesener Pilzexperte berät auch bei Giftnotfällen. „Seit die Pilze sprießen, kamen in kurzer Zeit fünf Anrufe und es werden wohl nicht die letzten gewesen sein“, sagt er. Lebensbedrohlich seien die Vergiftungen zum Glück aber nicht gewesen. Regelmäßig handelt es sich auch um eine sogenannte unechte Pilzvergiftung, die nicht durch das Gift im Pilz, sondern durch den Verzehr von verdorbenen Pilzen hervorgerufen wird. „Wenn ein Steinpilz einfriert und wieder auftaut, dann wird er matschig und verwest“, erklärt Schabel. „Frost setzt den Verwesungsprozess in Gang, aber manche Leute essen leider einfach alles.“
Und dabei gelte es, beim Pilzsammeln und beim anschließenden Kochen auf Nummer sicher zu gehen. Es gilt: „Man muss einen Pilz zu 100 Prozent kennen und nicht nur zu 99“, sagt Schabel. Pilzlaien würde er dringend empfehlen, vor der Verarbeitung einen Pilzsachverständigen einzuschalten. Im Kreis Heidenheim ist Schabel der Einzige, „aber es gibt auch welche im Raum Göppingen oder Ulm“. Für die Kontrolle ist allerdings zu beachten, dass die Pilze nicht abgeschnitten sein dürfen. „Wir brauchen den ganzen Pilz, er muss also sachte herausgedreht werden.“Und auch zur Aufbewahrung hat Schabel wichtige Tipps: „Im Korb sollte man bekannte und unbekannte Pilze voneinander trennen, etwa mit einem Zeitungspapier.“Und man sollte auch nicht zu lange nach dem Sammeln mit der Pilzbestimmung bzw. -verarbeitung warten. „Pilze verderben schnell“, warnt Schabel. „Bis zum nächsten Tag nach dem Sammeln ist es aber kein Problem, wenn man die Pilze im Freien in einem luftdurchlässigen Korb und unter einem Tuch aufbewahrt.“
Auch 36 Jahre nach Tschernobyl ist es übrigens noch immer nicht ratsam, täglich Waldpilze zu verzehren, weil sie noch immer radioaktiv belastet sind. „Und das wird auch noch eine ganze Zeit so sein“, sagt Schabel. „Aber im Raum Augsburg sind die Werte um ein Vielfaches höher als hier im Landkreis.“
Hat man als Pilzexperte eigentlich auch einen Lieblingspilz? „Natürlich“, sagt Schabel. „Das ist der Mehlräsling, aber den sollte man wirklich nur sammeln, wenn man sich sehr gut auskennt, weil er zwei oder drei tödliche Doppelgänger hat.“Und was macht den Mehlräsling so besonders? „Sein Aroma. Ich trockne sie und mache daraus eine Pilzmischung. Die peppt er richtig auf.“
Wer einen Lieblingspilz hat, hat sicher auch ein Lieblingspilzrezept? „Ja, und das ist ebenso simpel wie lecker“, sagt Schabel. Er nimmt ein altes genetztes Brot, bräunt es auf beiden Seiten in Butter an, bestreut es mit Salz und gibt dann ebenfalls in Butter angebratene und in Scheiben geschnittene Steinpilze darauf. „Das ist ein Genuss.“