Fahrverbote sind nicht die einzige Option
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) droht, die Menschen dürften schon bald am Wochenende ihre Autos nicht benutzen, falls der Bundestag nicht das Klimaschutzgesetz reformiere.
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat in einem Schreiben an die Ampel-fraktionen im Bundestag davor gewarnt, dass Co2-einsparziele im Verkehr nur mit Fahrverboten erreichbar seien. Hintergrund ist der Stillstand bei der Reform des Klimaschutz-gesetzes. Dieses schreibt für jeden Wirtschaftssektor Einsparziele für Treibhausgasemissionen vor.
Eigentlich wollte die Bundesregierung dieses Gesetz aus Zeiten der Großen Koalition anpassen – unter anderem sollten nicht mehr starre Ziele pro Sektor festgelegt, sondern die Klimaziele durch sektorübergreifende Einsparungen erreicht werden. Doch das Gesetz hängt seit Monaten im Bundestag fest – laut „Spiegel“laufen die Verhandlungen erst seit Donnerstagabend wieder. Bei Verabschiedung der Novelle gebe es zwar keine verbindlichen Ziele mehr. „Sofern die Emissionen des Verkehrssektors aber zur Überschreitung der Gesamtemissionen beitragen, muss das zuständige Verkehrsministerium Maßnahmen vorschlagen, um wieder auf den Zielpfad zu kommen“, heißt es beim Umweltbundesamt.
Seit Jahren verfehlt der Verkehrssektor seine Klimaschutzziele. 2023 verursachte der Verkehr 146 Millionen Tonnen CO2 – erlaubt waren gesetzlich maximal 133 Millionen. Am Freitag betonte ein Sprecher des Verkehrsministeriums, dass es sich bei Wissings Schreiben nicht um eine Drohung des Ministers handele, sondern lediglich um einen „dringenden Aufruf ans Parlament“, zu handeln. Man wolle mit allen Mitteln ein Szenario von Fahrverboten vermeiden.
Die Grünen widersprechen Wissing vehement. „Diese Behauptung ist schlichtweg falsch“, sagte die Fraktionsvize Julia Verlinden der dpa. „Ein Minister sollte nicht unbegründet Sorgen bei den Menschen schüren.“
Alle Optionen abgelehnt
Wissings Aussage findet Anna Straubinger „relativ kurzgegriffen“und „wenig zielführend“. Ja, die aktuelle Diskussion um die Gesetzesreform führe zu Unsicherheiten. „Aber eine ähnliche Reduktion der Emissionen geht auch mit weniger drastischen Einschnitten für die Menschen oder unsere Wertschöpfung als mit Fahrverboten“, erklärt die Expertin für Verkehrswirtschaft am Leibniz-zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung: „Meiner Meinung nach müsste man ein ganzes Paket schnüren. Ein Tempolimit zusammen mit einer PkwMaut auf Autobahnen und der Abschaffung des Dienstwagenprivilegs zum Beispiel. Das würde auch langfristig wirken und nicht wie ein temporäres Fahrverbot an Wochenenden nur zu kurzfristigen Einsparungen führen.
Bisher lehnt Wissing aber all diese Optionen ab. „Der Pfad, auf dem das Ministerium derzeit ist – damit wird es schwierig, die Ziele einzuhalten.“Zumal der Anteil des Verkehrssektors an den Emissionen immer dominanter werde. „Ohne über andere Maßnahmen nachzudenken, wird das nichts“, sagt die Verkehrsforscherin.