Der neue Umgang mit der AFD
Ein Tv-duell mit dem Rechtsextremisten Björn Höcke galt lange als No-go. Der Thüringer CDU-CHEF Mario Voigt hat es gewagt.
„Die AFD inhaltlich stellen“, lautet nach Jahren des vergeblichen Ignorierens die Parole fast aller Parteien, auch der CDU. Deren Thüringer Landeschef und Spitzenkandidat für die Wahl im September, Mario Voigt, hat das versucht und sich auf ein Fernseh-duell mit seinem Afd-konkurrenten und vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Björn Höcke im Sender „Welt“eingelassen. Ist der Plan aufgegangen?
Ja, sagt der Berliner Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke von den „Blättern für deutsche und internationale Politik“. „Voigt war gut, Höcke war schwach.“Für die Union sei Voigts Auftritt ein Riesengewinn gewesen. „Er hat bewiesen: Man kann die AFD inhaltlich stellen, und das können und müssen andere nun auch machen.“An vielen Punkten habe Voigt Höcke argumentativ alt aussehen lassen. Auch für von Lucke die vielleicht größte inhaltliche Überraschung des Abends: Nachdem in den vergangenen Monaten
Millionen Menschen in Deutschland gegen die AFD und ihre Gleichgesinnten wegen deren Ideen zur „Remigration“(wörtlich: Rückwanderung) von Menschen selbst mit deutschem Pass auf die Straße gegangen waren, deutete Höcke den Begriff um: Es gehe vielmehr um die Rückkehr von Deutschen aus dem Ausland. „Irre und absolut unglaubwürdig“nennt der Politologe diese Umetikettierung.
Schlechtes Gedächtnis?
Zum Verhängnis seien Höcke auch seine Gedächtnislücken geworden, meint von Lucke. So konnte er sich nicht mehr daran erinnern, in seinem Buch „Nie zweimal in denselben Fluss“von 2018 geschrieben zu haben, die in Deutschland geborene Spd-politikerin Aydan Özoguz habe in Deutschland nichts verloren. Die Verwendung des Sa-zitats „Alles für Deutschland“vor drei Jahren, das ihm einen Prozess wegen Volksverhetzung eingebracht hat, führte der Geschichtslehrer darauf zurück, es nicht gekannt zu haben.
Wird die inhaltliche Auseinandersetzung mit der AFD Schule machen? Von Lucke hofft das. „Die Behauptung, alle Afd-wähler seien rechtsradikal, ist falsch.“Eine ganze Reihe sei rückgewinnbar, gerade durch die Union – mit „konservativen Positionen, die ganz klar Abstand halten vom Rechtsradikalismus“. In der CDU war der Plan Voigts nicht unumstritten. Schließlich gilt es, die Glaubwürdigkeit der von Parteichef Friedrich Merz proklamierten „Brandmauer“zu erhalten. Mit dem Ausgang des Abends zeigte sich die Partei aber hochzufrieden: „Dieses Tv-duell war wichtig“, teilte die Partei mit. Voigt habe gezeigt, worum es gehe: „Vernünftiger Neuanfang“oder „Chaos und Spaltung“. Linken-chef Martin Schirdewan sprach von einer „braun-schwarzen Freakshow“und nannte das Tv-duell einen „Fehler“.