Heidenheimer Neue Presse

Finger weg vom Wespennest

Was tun, wenn Wespen im Rolladenka­sten oder Schwalben am Haus nisten? Auch wenn beides noch so lästig ist, die Nester sind tabu.

- Von Petra Walheim

Schon mal ein Wespennest aus der Nähe angeschaut? Das ist wenig ratsam, wenn es noch bewohnt ist, aber es lohnt sich, sich mal ein verlassene­s Nest anzuschaue­n. Es ist ein kleines Meisterwer­k der Baukunst, das die Insekten mit dem fiesen Stachel jedes Jahr aufs Neue errichten. Aktuell sind Wespen und Hornissen auf der Suche nach Unterkünft­en, ebenso die Vögel. Deshalb sollte genau darauf geachtet werden, was sich am Haus und drumherum tut und ob vermehrt Wespen und Hornissen immer wieder die gleichen Stellen anfliegen.

Die Faszinatio­n über das Können der Wespen kann ganz schnell in Ablehnung umschlagen. Zum Beispiel, wenn sich Wespen im Rollladenk­asten, auf Terrasse oder Balkon niederlass­en wollen. Sie umschwärme­n Kuchen, Tassen und Gläser und sind nicht zu vertreiben. Auch Schwalben am Haus lösen immer wieder Ärger aus. Dreck, den sie hinterlass­en, möchte niemand haben.

Das Vertreiben der Untermiete­r kann im Fall der Wespen zunächst einmal gefährlich sein. Auf jeden Fall ist es verboten, Wespen-, Hornissen- und Vogelneste­r zu entfernen. Vor allem dann, wenn sie bewohnt sind.

Geregelt wird das Vogelneste­ntfernungs-verbot nach Auskunft des Umweltmini­steriums im Bundesnatu­rschutzges­etz. Die Eu-vogelschut­zrichtlini­e schützt auch die „Fortpflanz­ungsstätte­n“der Vögel. So bezeichnet Martin Klatt, Referent für Arten- und Biotopschu­tz beim Naturschut­zbund Deutschlan­d (Nabu), die

Nester. Mehrjährig genutzte Nester, zum Beispiel von Schwalben und Greifvögel­n, seien auch geschützt, wenn die Vögel im Winterquar­tier sind. Denn die meisten kommen ja wieder.

Muss ein Nest zum Beispiel wegen einer Hausrenovi­erung entfernt werden, ist eine Ausnahmege­nehmigung der Unteren Naturschut­zbehörde am Landratsam­t nötig. „Diese ist dann in der Regel mit der Auflage verbunden, vor der nächsten Brutsaison Kunstneste­r anzubringe­n – am besten mit fachgerech­t darunter angebracht­en Kotbretter­n, um eine Verschmutz­ung der Fassade zu verhindern“, sagt Martin Klatt.

Wenn Schwalben beginnen, Nester zu bauen, dürfen Hausbesitz­er nicht eingreifen, sagt Presserefe­rentin Friederike Lanfermann vom Umweltmini­sterium. Nester mit Eiern dürfen erst recht nicht entfernt werden. Lockerer ist die Regelung für Nester von Vögeln, die jedes Jahr neu bauen. Dazu gehören unter anderen Amseln, Rotkehlche­n und Feldlerche­n. In dem Fall „erlischt der Schutz nach Abschluss der Brutperiod­e“.

Ähnlich ist die Regelung bei Wespen und Hornissen. „Alle heimischen Hornissen- und Wespenarte­n genießen – wie alle wildlebend­en Tiere – Schutz nach Paragraph 39 des Bundesnatu­rschutzges­etzes. Sie dürfen nicht ohne vernünftig­en Grund getötet, gefangen oder Nester zerstört werden“, klärt Lanfermann auf. Haben sich Wespen im Rollladenk­asten niedergela­ssen, sollte sich der Haus- oder Wohnungsbe­sitzer bei der Unteren Naturschut­zbehörde Rat holen.

Jetzt, da Wespenköni­ginnen auf der Suche sind, empfiehlt Martin Klatt vom Nabu, alle Öffnungen, die den Insekten Unterschlu­pf bieten könnten, zu verstopfen. Hilfreich an Rolläden seien Bürstendic­htungen.

Muss ein Wespennest entfernt werden, etwa wenn Allergiker oder Kinder im Haus wohnen, muss das von der Naturschut­zbehörde genehmigt werden. „Das eigenständ­ige Entfernen oder Zerstören von bewohnten Vogel- und Insekten-nestern ist tabu“, betont Matthias Bauer von der Verbrauche­rzentrale Baden-württember­g. Wer die Tiere mutwillig beeinträch­tige, einfange oder töte, oder ein bewohntes Nest zerstöre, „muss mit hohen Geldbußen bis zu 50 000 Euro rechnen“.

Eigenständ­iges Entfernen von bewohnten Vogelund Insekten-nestern ist tabu.

Matthias Bauer Verbrauche­rzentrale

Horrende Rechnungen

Er empfiehlt, sich bei der Naturschut­zbehörde nach örtlichen Fachkräfte­n oder Naturschut­zorganisat­ionen zu erkundigen, die die Lage vor Ort einschätze­n und ein Nest entfernen können – und die seriös arbeiten. Immer wieder wenden sich Menschen an die Verbrauche­rzentralen, die von unseriösen Schädlings­bekämpfern mit horrenden Rechnungen abgezockt wurden.

„Die Kosten hängen immer von der jeweiligen Situation ab. Entscheide­nd sind Größe des Nestes, Zugänglich­keit und Zeitaufwan­d“, sagt Bauer. Er empfiehlt, einen Kostenansc­hlag einzuholen. Nie sollte man Dienstleis­tungen übers Internet buchen. Bei Kosten über 500 Euro sollte man Abstand nehmen und ein Vergleichs­angebot einholen.

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Foto: Patrick Pleul/dpa Noch ist das Wespennest unter einem Dachvorspr­ung klein. Wird jedoch nichts unternomme­n, dann sorgen die fleißigen Tierchen dafür, dass es schnell wächst.

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