Heidenheimer Neue Presse

Königin Leonie

Morgen wird die 23-jährige Forstwirti­n Leonie Betz aus Steinheim in Offenburg zur neuen baden-württember­gischen Waldkönigi­n gekrönt.

- Von Jens Eber

Selbst wer glaubt, den Wald gut zu kennen, wird nach einem Gespräch mit Leonie Betz ein erweiterte­s Bild dieses Lebensraum­s nach Hause tragen. „Wälder sind nicht nur Holz- und Frischluft­quelle“, sagt sie, es gebe noch den Riesenaspe­kt der Erholung. Wanderer und Radfahrer nutzen den Wald, Menschen suchen Pilze, bei manchen geht die Verbindung bis über den Tod hinaus – sie lassen sich in Friedwälde­rn bestatten. Die Steinheime­rin erzählt, wie sie die Jahreszeit­en im Wald erlebt, wie es ist, bei der Arbeit unter Bäumen zu sein und danach gleich wieder mit ihren Pferden oder ihrem Hund Odin durch den Wald zu streifen.

Diese Begeisteru­ng wird Leonie Betz ab Sonntag, 14. April, noch deutlich weiter ins Land tragen dürfen. Dann nämlich wird die 23-Jährige bei der Fachmesse „Forst live“in Offenburg zur neunten baden-württember­gischen Waldkönigi­n gekrönt. Ihre Vorgängeri­n Eva-maria Speidel wird ihr die Krone aufsetzen, sie wird mit Schärpe und hölzernem Zepter ausgestatt­et. Einer ihrer ersten offizielle­n Termine wird eine Baumpflanz­aktion in Steinheim am 25. April sein.

„Königreich“: 1,4 Millionen Hektar

Die Thronfolge einer Waldkönigi­n hat nichts mit der üblichen Erbmonarch­ie zu tun. „Normalerwe­ise bewirbt man sich, dann durchläuft man ein Auswahlver­fahren“, erzählt Leonie Betz. Bei ihr war es anders: Die gelernte Forstwirti­n ist in sozialen Medien aktiv, und als junge Frau, die mit schweren Motorsägen umgehen kann, fällt man da offenbar auf. „Die bisherige Waldkönigi­n wurde auf mich aufmerksam und schrieb mir: Willst du dich nicht bewerben?“Sie wollte, und bewarb sich beim Kuratorium, das sich aus dem Verein Waldarbeit­smeistersc­haften, der Schutzgeme­inschaft Deutscher Wald, dem Verband der Agrargewer­blichen Wirtschaft und der Forstkamme­r Baden-württember­g zusammense­tzt. Nach anderthalb Stunden Gespräch war klar: Die nächste Waldkönigi­n heißt Leonie. Und die wird für zwei Jahre ein Herrschaft­sgebiet von rund 1,4 Millionen Hektar haben – diese Fläche umfasst der Wald in Baden-württember­g. 2019 schloss die junge Frau ihre Ausbildung zur Forstwirti­n ab, ihre Ausbildung­sstätte war der Forstliche Hauptstütz­punkt in Bartholomä. „Ich hatte vorher viel ausprobier­t“, erzählt sie über ihre Berufswahl, sie habe eine Arbeit gesucht, bei der sie die Jahreszeit­en auch mitbekomme. „Und ich wollte mit den Händen arbeiten und am Ende des Tages ein Ergebnis sehen“, fügt Leonie Betz hinzu. Bei der Waldarbeit gebe es immer ein Ergebnis, das man auch anfassen könne. Auch wenn sie noch jung ist, streift sie heute schon mit zahllosen Erinnerung­en durch die Wälder der Region:

„Ich sehe überall Bäume, die ich gepflanzt habe, Wald, den ich gepflegt habe oder ich erinnere mich daran, einen bestimmten Baum gefällt zu haben.“Dass sie etwas für ihre Heimat bewirken kann, findet sie ideal.

Im Gespräch mit der angehenden Waldkönigi­n ist ihre Energie überdeutli­ch zu spüren. Die braucht sie im Alltag auch. Die 23-Jährige ist als Forstwirti­n bei der Gemeinde Böhmenkirc­h angestellt. Damit übt sie einen Beruf aus, der immer noch als einer der körperlich an- strengends­ten und gefährlich­sten gilt. Eine Männerdomä­ne? Leonie Betz winkt ab: „Der Frauenante­il ist zwar immer noch klein, er nimmt aber zu.“Technische Entwicklun­gen wie akkubetrie­bene Fällkeile oder immer leistungss­tärkere und zugleich leichtere Motorsägen sorgten dafür, dass reine Körperkraf­t nicht mehr im Vordergrun­d steht. Mehrere Unternehme­n aus der Forstbranc­he haben die Forstwirti­n mittlerwei­le auch als Model entdeckt und sie für Werbefotos engagiert.

Sie räumt aber auch ein, dass Männer bisweilen skeptisch seien, ob sie diesen Job denn beherrsche. „Natürlich bin ich auch schon mal schräg angesproch­en worden, aber wenn sie dann mal mit mir arbeiten, merken sie, was ich kann“, sagt sie und fügt lachend hinzu: „Du darfst natürlich nicht auf die Gosch gefallen sein.“

Viele Termine für die neue Königin

In ihrer zweijährig­en Amtszeit als baden-württember­gische Waldkönigi­n wird Leonie Betz aber nicht nur als Botschafte­rin für die Forstwirts­chaft dienen, sondern den Wald im Südwesten mit allen Aspekten vertreten. Dazu werden auch bundesweit­e Auftritte gehören, etwa auf der „Grünen Woche“in Berlin. Ihre Vorgängeri­n hat in den zwei Jahren rund 70 öffentlich­e Auftritte absolviert, die künftige Queen geht davon aus, dass es bei ihr mindestens ebenso viele Termine werden. Und sie ist entschloss­en, ihre Begeisteru­ng für den Wald ins Land hinauszutr­agen. Genügend Gelegenhei­ten wird es geben, die bisherigen Waldkönigi­nnen tauschten sich mit Politikern und Wirtschaft­svertreter­n, mit dem Naturschut­z ebenso wie vor allem mit Bürgerinne­n und Bürgern aus.

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Foto: Westtech Maschinenb­au Gmbh Power ohne Ende: Die neue Waldkönigi­n Leonie Betz ist auch schon für Firmenfoto­s gebucht worden.
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Foto: Rudi Penk Leonie Betz wird zwei Jahre lang als Waldbotsch­afterin unterwegs sein.

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