„Geschichte schreiben!“
Bayer Leverkusen fiebert dem historischen Wochenende entgegen. Für die perfekte Meisterparty drückt das Alonso-team sogar den Bayern die Daumen.
Xabi Alonso grinste, scherzte – und er glänzte sogar als Dolmetscher: Vollkommen entspannt blickte der Erfolgstrainer von Bayer Leverkusen auf das mögliche Meister-wochenende. Es wäre „eine große Ehre. Wir werden sehen“, sagte der 42-Jährige, nachdem er einem Journalisten aus seiner Heimat ausführlich auf Spanisch beantwortet hatte, was ihm die erste Leverkusener Meisterschaft der Klubgeschichte bedeuten würde.
Einige seiner Landsleute tummelten sich am Freitag auf der Pressekonferenz vor dem Heimspiel am Sonntag (17.30 Uhr/ DAZN) gegen Werder Bremen, in dem Bayer Geschichte schreiben kann. Weil kein Dolmetscher vor Ort war, antwortete Alonso erst brav und ausgelassen auf Spanisch, übersetzte anschließend einfach selbst – und sorgte so für ausgelassene Stimmung im Saal. Wie er das weltweite Interesse an Bayer wahrnehme? „Das ist normal. Wir haben nicht nur super Ergebnisse eingefahren, sondern auch super Fußball gespielt. Es ist eine große Ehre für mich, ein Teil dieser Entwicklung zu sein.“
Ob er glücklich mit seinem kürzlich erfolgten Treuebekenntnis zu Bayer sei? „Ich bin überzeugt, dass es die richtige Entscheidung für diese Saison und die Zukunft ist. Ich bin sehr froh, hier zu sein.“Auch über den Sonntag sprach der Welt- und Europameister schließlich. Hoffentlich
könne seine Mannschaft den „ersten Matchball“verwandeln. Aus seiner Zeit bei Bayern München kennt er die drohenden Bierduschen nach dem Abpfiff, „ich werde zu allem bereit sein, wenn die Spieler um mich sind“, sagte Alonso. An eine vorzeitige Sofa-meisterschaft am Samstag glaubt er indes nicht. Es wäre eine „große Überraschung“, wenn sowohl der Rekordmeister aus München als auch der VFB Stuttgart am Samstag verlieren und Bayer damit zum Meister krönen würden: „Normalerweise wird das nicht passieren. Ich würde lieber auf dem Platz gewinnen.“
Für das Spiel gegen Werder forderte er noch einmal den ganzen Fokus seiner Mannschaft ein. „Wir haben eine super Situation für Sonntag. Die Fans dürfen bereit sein zu feiern, aber wir bereiten das Spiel mit vollem Respekt vor“, so Alonso. Auf die deutsche Sofa-meisterschaft hat auch Bayer-profi Jonas Hofmann überhaupt keine Lust. „Du willst das nicht irgendwie auf der Couch mittags bei einem Wasser, einen
Tag, bevor du selbst spielst“, sag- te der Nationalspieler nach der Europapokal-machtdemonstration von Bayer Leverkusen. Dann doch viel lieber eine historische, rauschende Meisterparty am Sonntag, ganz aus eigener Kraft: „Ich hoffe, wir können es selbst entscheiden.“
Bereit für den Europa-rekord
Nach Jahrzehnten vergeblicher Versuche, nach Pleiten und Tragödien, soll Leverkusen nun endlich erlöst werden. Dass der in eine andere Dimension enteilte Bundesliga-tabellenführer am Samstag sogar fast noch dem abgehängten FC Bayern München (und dem punktgleichen VFB) die Daumen drückt, gehört zu den Kuriositäten einer Bayer-fabelsaison. Durch das 2:0 (0:0) gegen West Ham United am Donnerstagabend im Viertelfinal-hinspiel der Europa League ist sogar der Triple-traum wieder ein Stückchen realistischer geworden.
Das erste Drittel steht unmittelbar bevor. „Es bedeutet alles, die Schale am Ende der Saison hochhalten zu dürfen. Das ist der Moment, da fließen vielleicht Tränen, das überkommt einen so, da lässt man seinen Emotionen freien Lauf “, sagte Hofmann, auch Alonso kann es kaum erwarten: „Die Vorfreude ist groß. Sie kann nicht größer sein. Wenn wir gewinnen, sind wir Meister.“
Und weiter ungeschlagen. 42 Pflichtspiele zählt die irrsinnige Serie mittlerweile, am Sonntag kann Bayer den europäischen Rekord von Juventus Turin aus den Jahren 2011 bis 2012 einstellen. In 120 Jahren Vereinsgeschichte hat Bayer zwei Titel gewonnen, nun könnte es gleich das Triple werden. „Vizekusen“ade!
„Man gewinnt Spiele mit ein paar Spielern. Aber als Mannschaft gewinnt man Titel“, fasste Mittelfeld-leader Granit Xhaka das Erfolgsrezept des Alonsoteams zusammen. „Wir haben keine Egoisten“, eigentlich gehöre „jeder in die Startelf.“
Ob das große Ziel zur Übermotivation führen könnte? „Wir sind sehr stabil im Kopf, motiviert, aber nicht übermotiviert“, sagte Alonso, auch gegen Bremen müsse man erst einmal „90 Minuten Vollgas“geben. Danach steht dann auch einer Bierdusche nichts im Wege.
Ich werde zu allem bereit sein, wenn meine Spieler um mich sind.
Xabi Alonso
Bayer-trainer über die Bierdusche