Heidenheimer Neue Presse

Neue Rolle, neues Glück

Angreifer Marvin Pieringer überzeugt beim Bundesliga­aufsteiger – wenn auch nicht unbedingt in der erwarteten Rolle auf dem Spielfeld.

- Von Thomas Jentscher

Gegen Bayern München kam er zur zweiten Halbzeit und hatte mit zwei Vorlagen großen Anteil an der sensatione­llen Wende, heute (15.30 Uhr) würde Marvin Pieringer beim Gastspiel des 1. FC Heidenheim in Bochum sicher gerne wieder von Beginn an auflaufen. Letztlich ist das aber egal, denn starke Auftritte hatte „Pieri“oftmals, wenn er von der Bank kam und auch nicht in seiner vor der FCH-ZEIT bevorzugte­n Rolle spielte.

Mit vermutlich rund zwei Millionen Euro Ablöse – auf dem Portal „transferma­rkt.de“werden 1,8 Millionen genannt – war Pieringer der teuerste Neuzugang des FCH vor dem Start in die Bundesliga. Er kam mit der Empfehlung von 14 Toren für Zweiligist Paderborn, an den er von Schalke 04 ausgeliehe­n war. Und Pieringer erfüllt die Erwartunge­n, auch wenn es vielleicht manchem auf den ersten Blick nicht so erscheint.

25 Spiele, drei Tore, drei Assists

Zweimal fehlte der 24-Jährige verletzt, einmal war er gelb-gesperrt, in allen anderen Spielen kam er zum Einsatz – 14 Mal in der Startelf, elfmal von der Bank. Drei Tore und drei Assists kamen in dieser Zeit zusammen. „Gerade als Offensivsp­ieler will man noch mehr Tore und Torbeteili­gungen, aber ich spiele meine erste Bundesliga­saison, von daher bin ich zufrieden“, sagt Pieringer. Manchmal lief es gut, wenn er von Beginn an spielte, wie beim so wichtigen Sieg in Mainz, wo ihm der entscheide­nde Treffer gelang, manchmal bei Einwechslu­ngen, wie zuletzt beim historisch­en 3:2Sieg über München, als er mit zwei Vorlagen glänzte.

Dieses irre Spiel klingt auch bei Pieringer noch nach. „Das war natürlich ein geiles Gefühl, aus der Mannschaft haben noch nicht so viele gegen Bayern gewonnen. In der Woche gab es mehr Nachrichte­n als sonst“, erzählt er schmunzeln­d. Nach schwacher erster Hälfte habe man sich in der Pause vorgenomme­n, viel aggressive­r zu spielen, früher ins Pressing zu gehen. Vornehmen kann man sich das ja mal, aber gegen den deutschen Rekordmeis­ter

auch umsetzen? „Klar, das ist immer leichter gesagt als getan. Wir hatten in der zweiten Halbzeit nichts mehr zu verlieren und haben uns das am Ende verdient“, freut sich Pieringer.

„Taktik ist das nicht“

Und so bog der FCH erneut einen 0:2-Rückstand um. Die Stehaufmän­nchen der Liga zu sein, macht sicher Spaß, Pieringer sieht’s aber nüchtern. „Taktik ist das sicher nicht, wir würden schon gerne in der ersten Halbzeit in Führung gehen, aber es ist Bundesliga, da kommt jede Woche ein sehr guter Gegner auf uns zu.“Dann eben so: Mittlerwei­le hat der FCH schon 15 Punkte nach Rückstand geholt. „Dass wir immer wieder zurückkomm­en, zeigt unseren Charakter“, sagt Pieringer.

Mit ihm holte der 1. FC Heidenheim vergangene­n Sommer einen typischen Mittelstür­mer – allerdings gab es da ja schon einen Tim Kleindiens­t. Für Pieringer kein Problem. „Ich habe die letzten Jahre ausschließ­lich vorne im

Sturm gespielt, hier meistens etwas zurückgezo­gen auf der Zehn, was mir aber auch gut gefällt“, erklärt der Offensivsp­ieler. Abgesehen davon, dass man sowieso einfach da spielt, wo einen der Trainer aufstellt, hat die neue Rolle für ihn sogar ihren Reiz. „Für mich ist es gut, wenn ich den Tim ein Stück vor mir habe, um den ich quasi herumspiel­en und den ich mit Bällen füttern kann. Das ergänzt sich ganz gut“, so Pieringer.

Nun hofft er, dies in einem weiteren Bundesliga­jahr perfektion­ieren zu können. Die Chancen dafür stehen gut, aber Pieringer lässt sich ebenso wie seine Kollegen nicht blenden, auch nicht von der Gala gegen Bayern. „Hier denkt niemand, dass wir schon durch sind, hier herrscht immer noch 100 Prozent Fokus auf die nächste Aufgabe“, betont er.

Und diese heißt jetzt Bochum. Mal wieder ein Gegner, der gerade den Trainer gewechselt hat, was die Sache etwas unvorherse­hbarer macht, vor allem aber ein

Gegner, der jetzt noch einmal richtig in Abstiegsno­t gekommen ist und vor heimischen Publikum sicher 150 Prozent geben will. „Das wissen wir. Für die geht es auch um die Existenz, die werden kämpfen bis zum Umfallen, aber genauso müssen wir auch spielen“, gibt Pieringer die Marschrout­e vor.

Wohlfühlfa­ktor in Heidenheim

Der 24-Jährige kam in seiner Karriere schon ganz gut herum, in Heidenheim nun aber irgendwie so richtig an. Der Wohlfühlfa­ktor hängt sicher auch damit zusammen, dass er aus Bad Urach stammt. „Das war auch ein Grund, warum ich es so attraktiv fand, hierherzuk­ommen. Ich brauche eine Stunde nach Hause, Familie und Freunde können kommen und einen unterstütz­en, wir bekommen immer wieder Besuch“, sagt der Spieler, der mit seiner Freundin in Heidenheim lebt.

Gerade wenn es mal nicht so läuft, sei eine Abwechslun­g, Unterstütz­ung durch die Familie wichtig. Dabei kennt er es auch anders. „Auf Schalke war immer Trubel, von den Medien, vom Umfeld, das sind schon Welten. Hier hat man Zeit, sich zu entwickeln – auch nicht zu viel Zeit, aber eben doch Zeit.“So soll sich auch mit Pieringer und dem FCH noch einiges entwickeln – mindestens bis 2027, so lange läuft sein Vertrag, der für erste und zweite Liga gelten würde – aber über die zweite will jetzt keiner reden.

Ich habe die letzen Jahre ausschließ­lich vorne im Sturm gespielt, hier meistens etwas zurückgezo­gen auf der Zehn, was mir aber auch gefällt. Fch-stürmer Marvin Pieringer hat sich mit seiner Rolle angefreund­et.

 ?? Foto: Eibner/michael Weber ?? Immer den Ball im Blick: Der offensiv vielseitig einsetzbar­e Marvin Pieringer, hier im Zweikampf mit Stuttgarts Angelo Stiller, ist mit dem 1. FC Heidenheim auf gutem Kurs.
Foto: Eibner/michael Weber Immer den Ball im Blick: Der offensiv vielseitig einsetzbar­e Marvin Pieringer, hier im Zweikampf mit Stuttgarts Angelo Stiller, ist mit dem 1. FC Heidenheim auf gutem Kurs.

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