Heidenheimer Neue Presse

Merz’ neuer Kuschelkur­s

- Ellen Hasenkamp

galt er als „Gewerkscha­ftsfresser“. Vor gut 20 Jahren sprach der damalige Unionsfrak­tionsvize Friedrich Merz den Dgb-gewerkscha­ften beispielsw­eise ihren Vertretung­sanspruch für die Beschäftig­ten ab oder erklärte die geltende Mitbestimm­ung für überholt. Inzwischen ist Merz nicht nur älter und milder geworden, sondern vor allem CDUCHEF und möglicher Kanzlerkan­didat. Als solcher muss er das Maximum aus dem christdemo­kratischen Wählerpote­nzial heraushole­n. Höchste Zeit also, sich aktiv um die Gewerkscha­ften zu bemühen.

Der Parlaments­geschäftsf­ührer der Union, Thorsten Frei, findet das „richtig und notwendig“. Schließlic­h sei die CDU eine „Volksparte­i mit dem Anspruch, die Gesamtgese­llschaft zu vertreten“.

Tatsächlic­h ist Merz schon länger aktiv: Vor gut einem Jahr war Dgb-chefin Yasmin Fahimi bei der CDU zu Gast und wurde von Merz mit Lob für die „verantwort­lichen Betriebsrä­te“dieses Landes empfangen. Jetzt kam Fahimi erneut, und die CDU postete anschließe­nd ein Foto mit vielen lächelnden Gesichtern sowie die Erkenntnis, dass „Wege aus der Wirtschaft­skrise“nur zu finden seien, „wenn Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r hier an einem Strang ziehen“. Die Gelegenhei­t ist günstig: Während der Kanzler und die Wirtschaft sich entfremden, kann die Union der SPD womöglich Teile der Stammwähle­rschaft streitig machen. Auch Gewerkscha­ftler schauen besorgt auf die aktuellen Zahlen zu Industrie und Wachstum.

Dass Merz als Wirtschaft­sliberaler, Ex-blackrock-manager und Privatflug­zeug-flieger sozialen Nachholbed­arf hat, weiß er. Auch deswegen wurde der Sozialpoli­tiker Mario Czaja sein erster Generalsek­retär. Doch inzwischen musste der an Carsten Linnemann abgeben, Wirtschaft­smann wie Merz.

Kein Wunder also, dass der Europa-abgeordnet­e Dennis Radtke kürzlich in dieser Zeitung befand, es gebe „bei unserem sozialen Profil noch Luft nach oben“. Die CDU müsse „höllisch aufpassen, dass wir für bestimmte Themen und Bevölkerun­gsgruppen nicht die Antenne verlieren“. Für genau diese Antennen soll nun ein Fachmann sorgen: Karl-josef Laumann, gelernter Maschinens­chlosser, Landessozi­alminister in NRW und seit fast 20 Jahren Chef des Arbeitnehm­erflügels. Im Mai soll er zum Parteivize gewählt werden.

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Friedrich Merz (CDU) bemüht sich um die Gewerkscha­ften.

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