Habecks andere Geschichte
Haben grün geführte Ministerien die Prüfung eines Kkw-weiterbetriebs beeinflusst? Ausschüsse fragen nach.
In den Bundestagsausschüssen für Energie und Umwelt haben Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) am Freitag Vorwürfe zurückgewiesen, in ihren Ministerien sei Einfluss auf die Prüfung eines Weiterbetriebs der damals verbliebenen drei Kernkraftwerke (KKW) genommen worden. „Wenn die Abgeordneten die Unterlagen lesen, dann wird sich ein anderes Bild darstellen“, sagte Habeck.
Hintergrund ist ein Bericht des Magazins „Cicero“, das auf Herausgabe von Unterlagen geklagt hatte, die belegen sollen, dass Habeck eine Laufzeitverlängerung abgelehnt habe, obwohl Fachleute in seinem Ministerium zu anderen Ergebnissen gekommen waren. „Die Unterlagen erzählen eine andere Geschichte“, sagte Habeck. Sie zeigten, dass er schon vor dem Ukrainekrieg auf die Betreiber mit der Frage zugegangen sei, ob „Eure Dinger länger laufen können“. Eon, RWE und ENBW teilten laut Habeck mit, dass die Brennelemente in den KKW bald verbraucht seien und eine Neubeschaffung 18 Monate dauern würde. Erst später habe ihm Eon mitgeteilt, dass sein KKW doch länger laufen könne. Den Vorwurf der politischen Einflussnahme eines Staatssekretärs auf die Bewertung der Fachabteilungen nannte Habeck „unwahr“.
Veraltete Überprüfung
Auch dem Umweltministerium (BMUV) wird vorgeworfen, Prüfungen zur Sicherheit eines Weiterbetriebs der Kraftwerke politisch beeinflusst zu haben. So sei ein erster Vermerk einer Fachabteilung zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Weiterbetrieb mit der „nuklearen Sicherheit“vereinbar sei. Zwei Tage später habe ein Abteilungsleiter einen neuen Vermerk verfasst, wonach ein Weiterbetrieb aus Sicherheitsgründen abzulehnen sei.
Im ersten Vermerk seien verschiedene Szenarien benannt worden, die mit der nuklearen Sicherheit vereinbar seien, erläutert das BMUV. Bei der Beschreibung der Szenarien seien „Sicherheitsbedingungen genannt, die erfüllt sein müssen“. Die Experten wiesen darin auf eine veraltete Sicherheitsüberprüfung und eine mögliche Überschreitung der Ermüdungszeiten mechanischer Komponenten hin.
In einem im Energieausschuss verteilten Schreiben von ENBW, das dieser Zeitung vorliegt, heißt es allerdings, die drei KKW befänden sich „auch im internationalen Vergleich auf höchstem sicherheitstechnischem Niveau“. Die Reaktorsicherheitskommission habe „bestätigt, dass diese selbst einem gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeugs aus sicherheitstechnischer Sicht standhalten“. Der Csu-energiepolitiker Andreas Lenz ist daher mit den Antworten nicht zufrieden: „Es erhärtet sich der Verdacht, dass die Entscheidung über den Kernkraftausstieg nicht offen erfolgte, sondern von vornherein feststand“, kritisierte er.