Brandbriefe an die Regierung
Bei der Umsetzung schlagen die zuständigen Verwaltungsbehörden jetzt Alarm.
Die für die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) in Baden-württemberg zuständigen Behörden warnen in einem Brandbrief vor dem Scheitern der damit verbundenen Ziele. Sie berichten von Überlastung, massivem Bürokratieaufbau und stellen dem Land eine Kostenexplosion in Aussicht.
Aus der Umsetzung des Gesetzes erwüchsen enorme Herausforderungen für die zuständigen Stadt- und Landkreise, heißt es in dem Schreiben der Chefs dreier Kommunalverbände an die Landesregierung. Städtetagspräsident Frank Mentrup (SPD), Landkreistagspräsident Joachim Walter (CDU) und der Vorsitzende des Kommunalverbands für Jugend und Soziales (KVJS), Gerhard Bauer, haben sich bereits Mitte März an Sozialminister Manfred Lucha und Finanzminister Danyal Bayaz (beide Grüne) gewandt.
Das Papier (Betreff: „Risikokommunikation zum Bundesteilhabegesetz“) liegt dieser Zeitung vor. „Die mit dem BTHG verfolgte doppelte Zielsetzung bleibt dabei zweifelsohne richtig und wird von den Trägern der Eingliederungshilfe auch weiterhin vollumfänglich unterstützt“, heißt es darin. Jedoch erweise sich die Umsetzung aus vielerlei Gründen als schwierig sowie langwierig und berge verschiedene Risiken. „Das Hauptrisiko liegt darin, dass das gesetzgeberische Kernziel unerreicht bleibt, nämlich mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderung zu ermöglichen – bei nachhaltiger Finanzierbarkeit.“
Das BTHG wurde 2016 von der damaligen großen Koalition beschlossen und wird seitdem in mehreren Phasen umgesetzt. Erklärtes Ziel war, das Recht der Eingliederungshilfe zu einem „modernden Teilhaberecht“weiterzuentwickeln, wie es im Beschluss hieß. Im Mittelpunkt solle der Mensch mit seinen behinderungsspezifischen Bedarfen stehen. „Gleichzeitig soll keine neue Ausgabendynamik entstehen und die bestehende durch Verbesserungen in der Steuerungsfähigkeit der Eingliederungshilfe gebremst werden.“
Land soll mehr Geld einplanen
Beide Ziele drohten im Südwesten verfehlt zu werden, warnen die Verbände. Betroffenen, Beteiligten und Behörden drohe „die endgültige bürokratische Überforderung“. Das Land müsse mit „erheblichen Mehrkosten“rechnen. Schon jetzt könnten die Kreise die tatsächlichen Kosten nicht mehr wie geplant vorfinanzieren. Das Land müsse höhere Ausgaben einkalkulieren und Abschlagszahlungen erhöhen.
Sprecher der beiden Ministerien bestätigten den Eingang des Briefes. Eine Antwort sei in Arbeit, wie es hieß.