Gefahr durch das Norovirus
Mehr als 800 Menschen haben sich beim Stuttgarter Frühlingsfest infiziert. Kann ein einzelner Mensch die Krankheitswelle ausgelöst haben?
Das Norovirus ist hoch ansteckend. Mehr als 800 Besucher eines Festzeltes in Stuttgart haben das in den vergangenen Tagen am eigenen Leib gespürt. Sie wurden von Durchfallattacken, Übelkeit und Fieber geplagt. Von 807 Fällen berichtete die Stadt am Freitag. Durch das schnelle Eingreifen des Gesundheitsamtes habe Schlimmeres verhindert werden können, sagt Jacqueline Albinus von der Stadt Stuttgart.
Noch laufen die Ermittlungen zu den Ursachen des Ausbruchs. Am Essen habe es aber nicht gelegen. Das sei getestet worden. Auch an Besteck und Krügen wurden kein Erreger gefunden. Mitarbeiter des Gesundheitsamtes haben unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorfälle mit Tupfern Proben genommen. Technische und hygienische Mängel wurden dabei nicht festgestellt.
Ob ein Mitarbeiter des Festzelts Göckelesmaier das Virus unter die Gästeschar brachte oder dieser von einem Besucher eingeschleppt wurde, sei indes noch nicht geklärt. Sicher sei aber: Der Betreiber habe nicht gegen Hygienevorschriften verstoßen. Nach Angaben des Gesundheitsamtes arbeitet er eng mit den Behörden zusammen, um ein Wiederauftreten zu verhindern.
Doch kann eine einzelne Person überhaupt so ein massives Infektionsgeschehen auslösen? Vermutlich schon. „Die Infektiosität von Noroviren ist sehr hoch“, heißt es aus dem Sozialministerium in Stuttgart. „Die minimale Infektionsdosis dürfte bei 10 bis 100 Viruspartikel liegen.“Das heißt, es braucht nicht viel, um über Speichel oder Kontakt zu belasteten Oberflächen ganze Menschengruppen zu infizieren.
Von Norovirus-ausbrüchen wurde in der Vergangenheit immer wieder bei Veranstaltungen mit Catering berichtet. Kontaminierte Lebensmittel waren da häufig Auslöser für eine Krankheitswelle. So werden Infektionsausbrüche aus Alten- und Pflegeheimen gemeldet, aber auch auf Kreuzfahrtschiffen, bei Musikfestivals oder bei Straßenfesten ist es zu Masseninfektionen gekommen. Festzelte sind dagegen nicht als besondere Risiko-orte bekannt, obwohl sich dort feiernde Menschen ziemlich nahekommen.
Auf dem Stuttgarter Frühlingsfest oder dem Cannstatter Wasen hat es so einen Infektionsausbruch nach Auskunft der Stadt in den vergangenen Jahren jedenfalls nicht gegeben. „Entsprechende Großveranstaltungen gelten nicht primär als besonders risikobehaftet, da die Betreiber in der Regel gute Hygienekonzepte haben“, betont auch Jacqueline Albinus von der Stadt.
Über die Widerstandsfähigkeit der humanen Noroviren ist nach Auskunft des Sozialministeriums wenig bekannt, weil durch fehlende Zellkultursysteme die Infektiosität dieser Vieren nicht gemessen werden könne. Allerdings geht das Bundesinstitut für Risikobewertung davon aus, dass Noroviren einen niedrigen ph-wert tolerieren und bei Temperaturen oberhalb von 70 Grad Infektiosität verlieren.
Keine Immunität möglich
Wirkungsvoll schützen kann man sich nur schwer. „Eine einmalige Erkrankung macht uns nicht immun und auch eine Impfung gibt es nicht“, heißt es aus dem Sozialministerium. Die wichtigste allgemeine Vorsichtsmaßnahme sei: gründliches und häufiges Händewaschen. „Wir kommen ständig mit Oberflächen und Gegenständen in Kontakt, wodurch alle möglichen Erreger auf die Handflächen gelangen. Durch regelmäßiges Händewaschen lässt sich das Infektionsrisiko senken.“
Personen, die erkrankt sind, sollten Kontakte zum Schutz anderer Personen meiden. Das gilt übrigens nicht nur an Tagen mit akutem Brechdurchfall. Betroffene sind in der Regel noch zwei Tage nach dem Abklingen der Symptome hochansteckend.
Während die Untersuchungen in Stuttgart zur Herkunft des Erregers weiter gehen, wird im Festzelt Göckelesmaier weiter gefeiert. Für eine Schließung gibt es nach Auskunft der Stadt keinen Grund.