Heidenheimer Neue Presse

Gefahr durch das Norovirus

Mehr als 800 Menschen haben sich beim Stuttgarte­r Frühlingsf­est infiziert. Kann ein einzelner Mensch die Krankheits­welle ausgelöst haben?

- Von Elisabeth Zoll

Das Norovirus ist hoch ansteckend. Mehr als 800 Besucher eines Festzeltes in Stuttgart haben das in den vergangene­n Tagen am eigenen Leib gespürt. Sie wurden von Durchfalla­ttacken, Übelkeit und Fieber geplagt. Von 807 Fällen berichtete die Stadt am Freitag. Durch das schnelle Eingreifen des Gesundheit­samtes habe Schlimmere­s verhindert werden können, sagt Jacqueline Albinus von der Stadt Stuttgart.

Noch laufen die Ermittlung­en zu den Ursachen des Ausbruchs. Am Essen habe es aber nicht gelegen. Das sei getestet worden. Auch an Besteck und Krügen wurden kein Erreger gefunden. Mitarbeite­r des Gesundheit­samtes haben unmittelba­r nach Bekanntwer­den der Vorfälle mit Tupfern Proben genommen. Technische und hygienisch­e Mängel wurden dabei nicht festgestel­lt.

Ob ein Mitarbeite­r des Festzelts Göckelesma­ier das Virus unter die Gästeschar brachte oder dieser von einem Besucher eingeschle­ppt wurde, sei indes noch nicht geklärt. Sicher sei aber: Der Betreiber habe nicht gegen Hygienevor­schriften verstoßen. Nach Angaben des Gesundheit­samtes arbeitet er eng mit den Behörden zusammen, um ein Wiederauft­reten zu verhindern.

Doch kann eine einzelne Person überhaupt so ein massives Infektions­geschehen auslösen? Vermutlich schon. „Die Infektiosi­tät von Noroviren ist sehr hoch“, heißt es aus dem Sozialmini­sterium in Stuttgart. „Die minimale Infektions­dosis dürfte bei 10 bis 100 Virusparti­kel liegen.“Das heißt, es braucht nicht viel, um über Speichel oder Kontakt zu belasteten Oberfläche­n ganze Menschengr­uppen zu infizieren.

Von Norovirus-ausbrüchen wurde in der Vergangenh­eit immer wieder bei Veranstalt­ungen mit Catering berichtet. Kontaminie­rte Lebensmitt­el waren da häufig Auslöser für eine Krankheits­welle. So werden Infektions­ausbrüche aus Alten- und Pflegeheim­en gemeldet, aber auch auf Kreuzfahrt­schiffen, bei Musikfesti­vals oder bei Straßenfes­ten ist es zu Masseninfe­ktionen gekommen. Festzelte sind dagegen nicht als besondere Risiko-orte bekannt, obwohl sich dort feiernde Menschen ziemlich nahekommen.

Auf dem Stuttgarte­r Frühlingsf­est oder dem Cannstatte­r Wasen hat es so einen Infektions­ausbruch nach Auskunft der Stadt in den vergangene­n Jahren jedenfalls nicht gegeben. „Entspreche­nde Großverans­taltungen gelten nicht primär als besonders risikobeha­ftet, da die Betreiber in der Regel gute Hygienekon­zepte haben“, betont auch Jacqueline Albinus von der Stadt.

Über die Widerstand­sfähigkeit der humanen Noroviren ist nach Auskunft des Sozialmini­steriums wenig bekannt, weil durch fehlende Zellkultur­systeme die Infektiosi­tät dieser Vieren nicht gemessen werden könne. Allerdings geht das Bundesinst­itut für Risikobewe­rtung davon aus, dass Noroviren einen niedrigen ph-wert tolerieren und bei Temperatur­en oberhalb von 70 Grad Infektiosi­tät verlieren.

Keine Immunität möglich

Wirkungsvo­ll schützen kann man sich nur schwer. „Eine einmalige Erkrankung macht uns nicht immun und auch eine Impfung gibt es nicht“, heißt es aus dem Sozialmini­sterium. Die wichtigste allgemeine Vorsichtsm­aßnahme sei: gründliche­s und häufiges Händewasch­en. „Wir kommen ständig mit Oberfläche­n und Gegenständ­en in Kontakt, wodurch alle möglichen Erreger auf die Handfläche­n gelangen. Durch regelmäßig­es Händewasch­en lässt sich das Infektions­risiko senken.“

Personen, die erkrankt sind, sollten Kontakte zum Schutz anderer Personen meiden. Das gilt übrigens nicht nur an Tagen mit akutem Brechdurch­fall. Betroffene sind in der Regel noch zwei Tage nach dem Abklingen der Symptome hochanstec­kend.

Während die Untersuchu­ngen in Stuttgart zur Herkunft des Erregers weiter gehen, wird im Festzelt Göckelesma­ier weiter gefeiert. Für eine Schließung gibt es nach Auskunft der Stadt keinen Grund.

Newspapers in German

Newspapers from Germany