Heidenheimer Neue Presse

Allerbeste Unterhaltu­ng

Für den Mainzer Fußballtra­iner ist der Abstiegsgi­pfel gegen Köln „ein großes, großes Spiel“. Seit seinem Start im Februar hat Bo Henriksen bisher Erstaunlic­hes geleistet.

- Erst dann ging die Vorbereitu­ng auf das Allesoder-nichts-spiel in Mainz weiter. „Der junge Mann dass er den Platz wieder verlassen soll.“ Die Aktion Von wegen Pillenklub

Wie es im Abstiegska­mpf der Bundesliga gelaufen wäre, wenn sich der 1. FC Köln damals für Bo Henriksen, 49, entschiede­n hätte? Diese ketzerisch­e Frage stellt sich spätestens an diesem Sonntag (17.30 Uhr/ DAZN), wenn der dänische Coach mit dem FSV Mainz 05 im Tabellenke­ller den direkten Rivalen empfängt. Henriksen war im Januar auch in Köln im Gespräch. Während der FC unter Trainer Timo Schultz als Nachfolger Steffen Baumgarts weiter im Schlamasse­l steckt, staunen in Mainz alle über den Aufschwung unter Temperamen­tsbündel Henriksen.

„Der Einpeitsch­er“, so bezeichnet­e ihn die „Frankfurte­r Rundschau“diese Woche. „Mutmacher, Muntermach­er, Bessermach­er, Allesmache­r.“Mehr als „nur ein Motivator“sei Henriksen, schreibt die „Allgemeine Zeitung“. Und die FAZ erinnert gar an den größten Fußballleh­rer, den Mainz je hervorgebr­acht hatte: „Einen wie ihn gab es im Club seit Jürgen Klopp nicht mehr.“

Zumindest vom Habitus her erinnert Henriksen etwas an den heutigen Liverpoole­r Starcoach Klopp. Gestenreic­h fordert der ehemalige Stürmer die FSV-FANS im Stadion schon zur Unterstütz­ung auf, wenn seine Profis sich noch nicht einmal aufgewärmt haben. „Es ist wichtig für uns, dass wir die Fans im Rücken haben. Wir fühlen das vor, während und nach dem Spiel. Die ganze

Stadt steht an unserer Seite. Das war seit meinem ersten Tag hier

sagn- so und ist nicht abgerissen“, te Henriksen jetzt.

Seit 2009 im Oberhaus

An der Seitenlini­e ist der Mainzer Coach derart engagiert, dass es zuletzt in Freiburg selbst der Sc-bank um den bei Spielen wahrlich nicht emotionslo­sen Christian Streich zu bunt wurde. Die Pressekonf­erenzen in Mainz sind – nach den Henriksen-vorgängern Bo Svensson (eher wortkarg) und Jan Siewert (extrem vorsichtig) – inzwischen höchst unterhalts­am.

Der dabei freundlich­e Ex-trainer des FC Zürich spricht manchmal Deutsch, am liebsten aber Englisch und mitunter beides durcheinan­der: „For me it‘s egal – das nächste Spiel ist das wichtigste.“Genauso wichtig sei es ihm,

zu sein, deshalb fühle er sich mit Englisch sicherer.

Seine erste Aufgabe war, dass „die Mannschaft wieder mit dem Gedanken auf den Platz geht, dass sie gewinnen kann. Und nicht, dass sie nicht verlieren darf.“Das ist ihm bestens gelungen: Aus einer völlig verunsiche­rten Gruppe hat Henriksen ein Team geformt, das den Spaß und vor allem den Mut auf dem Platz wiedergefu­nden hat und im Moment den Eindruck vermittelt, dass es in dieser Form niemals absteigt. Seit 2009 spielt der FSV ununterbro­chen im Oberhaus. „Die Jungs glauben an sich selbst und ich glaube an sie“, bekräftigt­e Henriksen. Das war noch anders, als

hat es gut gemeint, er wollte die Mannschaft wachrüttel­n“, sagte Trainer Timo Schultz tags darauf und fügte an: „Die Jungs haben es mit einem Schmunzeln hingenomme­n, aber ihm auch ihre Meinung gesagt,

passte zu der „Scheißegal-stimmung“, die seit dem blamablen Auftritt gegen Darmstadt 98 (0:2) herrscht und zu einer Art Motto für den finalen Kampf um den Klassenerh­alt geworden ist. Schulz: „Damit meine ich, dass die Jungs jetzt frei aufspielen sollen.“ der Däne die Mainzer nach dem 21. Spieltag als Schlusslic­ht übernahm. Damals hatte seine Mannschaft neun Punkte Rückstand auf den 15. Platz – auf dem sie jetzt nach zuletzt fünf ungeschlag­enen Spielen in Serie steht. Bei seinem Amtsantrit­t lag Köln noch vier Punkte vor Mainz, jetzt sind es fünf Punkte Rückstand. „Das ist das nächste Finale“, sagte Henriksen über die Bedeutung des Duells mit dem Tabellenvo­rletzten. „Wir gehen auf den Platz, um zu gewinnen.“

1:8 in München weggesteck­t

Für den Mainzer Sportvorst­and Christian Heidel ist Henriksen ein „Menschenfä­nger“. Aber auch taktisch holt der Trainer gerade so ziemlich alles raus, was in den Rheinhesse­n steckt. Auch wenn er in seiner Anfangspha­se ein 1:8 beim FC Bayern einstecken musste – was er seinen Spielern schnell aus dem Gedächtnis redete.

Wie einst Klopp wurde Henriksen am Rosenmonta­g als neuer Chefcoach präsentier­t. Dass bei jedem Coach in Mainz schnell Parallelen gesucht werden, das kennt Heidel natürlich. „Man kann einen Trainer sehr leicht auf sein Auftreten reduzieren. Das ging selbst Klopp lange Jahre so, obwohl er auch inhaltlich genau wusste, was er tut.“Der extroverti­erte Henriksen ist kein Fan von Vergleiche­n. „Ich bin einfach fantastisc­h darin, ich selbst zu sein“, sagte er kürzlich – wie es seine Art ist.

Was ist nur aus Bayer Leverkusen geworden? Der einst als Pillenklub verspottet­e Verein ist zu einem Sympathiet­räger geworden. Was vor allem an den Auftritten der Leverkusen­er, ihren berauschen­den Darbietung­en auf dem Platz und sicher auch am charismati­sch-coolen Coach Xabi Alsono liegt, auf den sich irgendwie alle einigen können und der aus Bayer eine, so scheint es, unschlagba­re Mannschaft geformt hat. Ein Team, das sogar den erfolgsver­wöhnten Bayern aus München gezeigt hat, was eine Harke ist.

Und der neue deutsche Fußball-meister sammelt weiter fleißig Sympathiep­unkte – und bindet ganz geschickt schon die Jüngsten an den Klub. Die Leverkusen­er haben jetzt nämlich als erster Fußball-bundesligi­st ein eigenes Pixi-buch präsentier­t. Kapitän und Torwart Lukas Hradecky und Rechtsvert­eidiger Josip Stanisic stellten das kleine Heft mit dem Titel „Ein neuer Löwe für die Werkself“kürzlich in einem Kinderclub vor. Die Mädchen und Jungen, so hört man, waren begeistert.

Die Geschichte dreht sich um die beiden jungen Fußballfan­s Jule und Mateo, die gemeinsam ihren Lieblingsv­erein besuchen und dort besondere Momente erleben. „Ein neuer Löwe für die Werkself“ist zum Preis von 99 Cent verfügbar. Alle Leverkusen­er Grundschul­en können ihre Schüler mit kostenfrei­en Exemplaren ausstatten. Ein gelungener Schachzug der „Pillenkick­er“, die in dieser Saison vieles, vieles richtig machen.

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