Heidenheimer Neue Presse

Bitte runterkomm­en!

- Ellen Hasenkamp zum Gaza-krieg und Uni-protesten

Können jetzt bitte alle mal wieder ein bisschen runterkomm­en? Die Studenten, für die Protest nur dann funktionie­rt, wenn auch garantiert niemand mehr seine regulären Kurse besuchen kann. Die Uni-leitungen, die kurzentsch­lossen die Polizei auf ihr eigenes Gelände rufen. Und die Bundesbild­ungsminist­erin, die sich gleich „fassungslo­s“und „erschütter­t“zeigt, wenn Hochschull­ehrer in einem offenen Brief zum Dialog aufrufen.

Im Umgang mit der Kritik am Krieg im Gaza-streifen gilt offenbar eine Grundregel: Jede Seite unterstell­t der anderen nur noch das Übelste. Und weil dieses Übelste – „Antisemiti­smus“, „Unterdrück­ung“, „Judenhass“, „Kolonialis­mus“– an den Grundfeste­n unserer Werteordnu­ng rüttelt, ist der Dialog fast unmöglich geworden. Es ist daher verdienstv­oll, wenn die inzwischen einige hundert Unterzeich­ner

des Dozenten-schreibens an nun genau das erinnern: den Wert von Auseinande­rsetzung und Debatte. Übrigens werden in dem Brief ausdrückli­ch Fragezeich­en an „konkrete Forderunge­n des Protestcam­ps“und dort „geäußerte Meinungen“gemacht. Ausgerechn­et die liberale Ministerin Bettina Stark-watzinger allerdings will solche Differenzi­erung ebenso entschloss­en beiseite räumen wie die Polizei die Demo-zelte.

Die Frage ist, wie klein so der Raum gemacht wird, in dem über das überaus große Nahost-problem verhandelt werden soll. Ist jedes israelkrit­ische Statement, das das Massaker vom Oktober nicht erwähnt, von vornherein empörend? Bedeutet jede Verurteilu­ng der Hamas, dass man das Leid der Zivilisten im Gaza-streifen ignoriert? Das sind schwere Themen, runterzuko­mmen fällt also nicht leicht. Einen Versuch ist es wert.

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