Schon Zwölfjährige konsumieren
Nervenschäden, Lungenrisse, Todesfälle: Lachgas liegt als Partydroge im Trend, kann aber schwere Schäden verursachen. Erwerb und Konsum sollen erschwert werden, fordern Politiker.
Es ist ein schneller Rausch, ein kurzes Gefühl von Euphorie, Entspannung und Losgelöstsein. Ein billiger Kick aus kleinen Kapseln, die zum Aufschäumen von Sahne verkauft werden. Das farblose Distickstoffmonoxid, bekannt als Lachgas, wird direkt aus den Patronen eingeatmet oder, umgefüllt, aus Luftballons. Das spricht sich herum, die legal erhältliche Partydroge verbreitet sich vor allem unter Jugendlichen immer mehr.
Lachgas ist aber nicht harmlos. Nervenschäden drohen, in Badenwürttemberg wurden 2023 erstmals auch bestätigte Todesfälle im Zusammenhang mit Lachgas gemeldet: In fünf Fällen von Drogenmissbrauch sei es „todesmitursächlich“gewesen, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) erst im April. Ein Anlass zur Besorgnis, so Strobl. Grund für den Trend bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sei neben der einfachen legalen Beschaffung auch das Verharmlosen des Konsums durch Online-videos auf Social-media-plattformen. „Wir klären deshalb gezielt über die schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen auf, die durch den missbräuchlichen Konsum von Lachgas drohen.“Für Eltern und Lehrkräfte gibt es dazu vom Landeskriminalamt Informationen.
Das Land Niedersachsen setzt sich jetzt für ein Lachgas-verkaufsverbot ein. Das soll für Minderjährige gelten. Aus Badenwürttemberg kommt Unterstützung: „Als Mediziner ist für mich ein Verkaufsverbot von Lachgas unumgänglich“, sagt Michael Preusch, gesundheitspolitischer Sprecher der Cdu-fraktion im Stuttgarter Landtag. „Wir sehen gerade unter Jugendlichen einen steigenden Konsum und daraus resultierend ein entsprechendes gesundheitliches Risiko.“
Der Abgeordnete ist Arzt, arbeitet in Teilzeit noch auf einer großen, internistischen Intensivstation und engagiert sich in intensivmedizinischen Fachgesellschaften. „In den letzten Monaten bin ich aus meinem beruflichen Alltag mit dem Thema Missbrauch von Lachgasen und Narkosegasen konfrontiert worden – leider auch in Verbindung mit einem Todesfall“, sagt Preusch. „Ich sehe durchaus einen
ein- Nutzen des Verbotes und nen daraus resultierenden, geringeren Konsum.“
„Der Lachgas-konsum ist sehr schädlich, nicht nur, aber vor allem auch für Kinder und Jugendliche“, sagt Andreas Kenner, suchtpolitischer Sprecher der Spd-landtagsfraktion. Bei exzessivem und langfristigem Konsum könne Lachgas die Blutbildung beeinträchtigen, das Rückenmark schädigen und die Isolierschicht der Nervenbahnen zerstören. „Es ist in unserer Verantwortung, hier gute Aufklärung zu leisten und den Zugang zu erschweren. Es ist aber auch immer unsere Aufgabe
fragen, weshalb Kinder und Jugendliche Rauschmittel konsumieren. Wir müssen ihnen in ihrer Entwicklung und bei Problemen die bestmögliche Hilfe anbieten“, sagt Kenner. Es sei nicht vertretbar, dass Lachgas am Kiosk und ohne Altersbeschränkung verkauft werden kann.
Unterstützung für ein Verkaufsverbot signalisiert auch das Gesundheitsministerium von Manfred Lucha (Grüne). Maßnahmen gegen den steigenden Lachgaskonsum bei jungen Menschen seien nötig, sagt Sprecherin Claudia Krüger. Länder wie Großbritannien, die Niederlande oder Dänemark haben bereits Verbote. Nach einer Studie liege der Konsumschwerpunkt in Nordrhein-westfalen und Norddeutschland. Aber auch in Badenwürttemberg habe eine stichprobenartige Abfrage eine Verbreitung des Konsums unter Jugendlichen gezeigt, zum Teil schon ab dem 12. Lebensjahr. „Die Gesamtzahl der Konsumenten ist nicht groß, aber doch bedeutend.“
Hirnschäden drohen
Die Gesundheitsgefahr für unerfahrene Konsumenten besteht vor allem in Kälteverbrennungen, die Kartuschen können bei Gebrauch extrem kalt werden und sogar Lungenrisse verursachen. Die kleine Gruppe der Intensiv- und Dauerkonsumenten riskiert hauptsächlich neurologische Schädigungen – von Bewusstlosigkeit durchs Verdrängen des Lungensauerstoffs über Lähmungserscheinungen bis zu Hirnschäden.
Laut Europäischer Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) werde der Konsum oft als unproblematisch betrachtet, weil das Lachgas legal ist. Leichte Verfügbarkeit, günstige Preise und die Annahme, dass der Konsum relativ sicher sei, spielten auch eine Rolle. Aufklärungsund Präventionsarbeit sei nötig, sagt Krüger. „Der Vorschlag für ein Abgabeverbot, wie von Niedersachsen angekündigt, ist ernsthaft in Erwägung zu ziehen.“Die industrielle und medizinische Nutzung von Lachgas, etwa in der Zahnmedizin und in der Gastronomie, müsse aber weiter möglich sein, es dürfe sich kein Schwarzmarkt bilden.