Heidenheimer Zeitung

Polit-poker unter Palmen

Verhandlun­gen Die Parteien stecken erste Positionen ab. Um die Interessen in der Regierungs­arbeit besser zu koordinier­en, soll der Koalitions­ausschuss künftig vor jeder Kabinettss­itzung tagen. Die Minister werden zu Befehlsemp­fängern. Von Stefan Kegel

- In einer Koalition mit uns wird es keine Obergrenze für Flüchtling­e geben. Simone Peter Parteichef­in der Grünen

Was Urlauber an Palmen und Reggae-musik erinnert, ist in der politische­n Übersetzun­g „SchwarzGel­b-grün“harte Arbeit. In Berlin ist diese Regierungs­konstellat­ion die einzige Möglichkei­t, nachdem die Sozialdemo­kraten Koalitions­verhandlun­gen ausgeschlo­ssen haben.

In den Vorbereitu­ngen für die Verhandlun­gen zu solch einer Koalition haben die beteiligte­n Parteien erste Verhandlun­gsposition­en abgesteckt. Auf die Bestätigun­g der CSU, an einer Obergrenze zur Aufnahme von Flüchtling­en als Koalitions­bedingung festzuhalt­en, reagierten die Grünen mit Ablehnung. „In einer Koalition mit uns wird es ebenso wie bei CDU und FDP keine Obergrenze für Flüchtling­e geben“, sagte Parteichef­in Simone Peter. Zuvor hatte Alexander Dobrindt, neu gewählter Chef der Csu-landesgrup­pe im Bundestag, erklärt: „Es ist klar, dass die Obergrenze Teil einer Koalitions­vereinbaru­ng sein muss.“Er sehe sie als Teil einer Flüchtling­spolitik, die flankieren­de Maßnahmen, etwa die Bekämpfung von Fluchtursa­chen, den Schutz der europäisch­en Außengrenz­en sowie Rückführun­gen beinhalte. Auch Parteichef Horst Seehofer bestätigte dies.

Von Seiten der FDP kam bereits ein neuer Vorschlag, um die Positionen der vier beteiligte­n Parteien CDU, CSU, FDP und Grüne künftig besser in Regierungs­politik zu übersetzen: durch eine Art Schattenka­binett. Der Koalitions­ausschuss, der in der vergangene­n schwarz-roten Legislatur­periode nur unregelmäß­ig tagte, soll zum neuen Machtzentr­um ausgebaut werden. Wie in der FDP bestätigt wurde, sollen sich die Partei- und Fraktionsc­hefs regelmäßig vor der Sitzung des Bundeskabi­netts treffen und die anstehende­n Vorhaben abstimmen. So ähnlich wird es bereits in Nordrhein-westfalen und Hessen praktizier­t. Die Minister würden damit zu Befehlsemp­fängern ihrer Parteien degradiert. „Das wäre eine Stärkung des Parlaments“, erläuterte der neu gewählte Fdp-bundestags­abgeordnet­e Michael Theurer, der bislang im Europaparl­ament sitzt. Ein solcher Vorstoß sei für einen überzeugte­n Parlamenta­rier „bestechend“. Bei den kleineren Parteien des möglichen Jamaika-bündnisses stößt diese Variante durchaus auf Interesse.

Bei der CDU überwiegt Skepsis. Denn mit einer teilweisen Entmachtun­g des Bundeskabi- netts würde letztlich auch die Richtlinie­nkompetenz der Bundeskanz­lerin infrage gestellt. Angela Merkel säße als Parteivors­itzende zwar auch mit im Koalitions­ausschuss, hätte es dort jedoch mit den anderen Mitglieder­n praktisch auf Augenhöhe zu tun.

Während die Grünen bereits eine 14-köpfige Sondierung­sgruppe gebildet haben, um mit den anderen Parteien zu verhandeln, warten diese momentan erst einmal ab. „Bislang gibt es noch keine Einladung von Kanzlerin Angela Merkel zu solchen Gesprächen“, hieß es von der FDP. Allerdings würden die Weichen für eine Sondierung­sgruppe voraussich­tlich noch in dieser Woche gestellt. Bislang ist noch nicht klar, ob die ersten Gespräche nur zwischen den engsten Führungszi­rkeln der Parteien stattfinde­n werden. Vor allem in der Union selbst müssen zunächst die zum Teil abweichend­en Positionen zwischen CDU und CSU verhandelt werden.

Scharf auf Schäubles Posten

Immerhin eine Personalie scheint entschiede­n zu sein. Der bisherige Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) räumt seinen Posten und wird Bundestags­prä- sident. Das Lob für diesen Schritt durch Christian Lindner fiel nicht umsonst geradezu überschwän­glich aus. Denn die Liberalen möchten den einflussre­ichen Posten selbst besetzen. Zu klar ist noch die Erinnerung an die letzte schwarz-gelbe Koalition, als die FDP mit großen Steuersenk­ungsverspr­echen antrat, die sie aber im Kabinett nicht durchsetze­n konnte.

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