Heidenheimer Zeitung

Frieden im Wald

Freizeit Im Schönbuch arbeiten Radfahrer und Wanderer an einem Wegekonzep­t, um Konflikte zu vermeiden. Ist das ein Modell für den Südwesten? Von Madeleine Wegner

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Ein auf Kopfhöhe gespanntes Seil im Stuttgarte­r Kräherwald. Barrieren und Fallen im Schwarzwal­d, die Radfahrer schwer oder gar tödlich verletzen könnten: In den vergangene­n Jahren gab es immer wieder Konflikte unter Erholungss­uchenden im Wald. „Erst kürzlich habe ich eine Falle im Wald abgebaut“, sagt Thomas Heiner. Er hatte sie auf einer unter Mountainbi­kern beliebten Strecke im Wald gefunden, junge Bäume waren auf Kopfhöhe zusammenge­bunden. Heiner fährt seit 23 Jahren Mountainbi­ke.

Meist sind es die Wanderer und die Radfahrer, die aneinander geraten. Damit sie konfliktfr­ei gemeinsam im Wald unterwegs sein können, entsteht für den Schönbuch derzeit ein spezielles Wegekonzep­t. Für dieses Modellkonz­ept haben sich alle betroffene­n Gruppen an einen Tisch gesetzt: Landkreise, Umwelt- und Forstbehör­den, Regierungs­präsidium, Tourismusf­örderung sowie Vertreter des Schwäbisch­en Albvereins und Mountainbi­ker der Tübinger Sektion des Deutschen Alpenverei­ns (DAV). Unterstütz­ung bei der modellhaft­en Entwicklun­g gab es von der Rottenburg­er Hochschule für Forstwirts­chaft.

„Wir haben uns mit allen Besuchergr­uppen ausgetausc­ht und Problemzon­en lokalisier­t“, sagt Matthias Allgäuer, Geschäftsf­üh- rer des Naturparks Schönbuch. Dabei habe sich herausgest­ellt, dass vor allem Wanderer und Radfahrer Konflikte haben. Außerdem gibt es sensible Bereiche im Wald, die durch das neue Besucherle­itsystem stärker geschützt werden sollen: etwa Rotwildruh­ezonen oder Gebiete, in denen seltene Pflanzen wachsen.

An neuralgisc­hen Punkten, also den Hauptachse­n im Schönbuch, wo besonders viele Besucher unterwegs sind, gibt es separate Biker-strecken. Doch was macht für Mountainbi­ker eigentlich eine gute Strecke aus? Eine abwechslun­gsreiche Mischung unterschie­dlicher Wege und Pfade. „Wir sind keine wild gewor- denen Rowdys, wir wollen ein Naturerleb­nis wie Wanderer auch“, sagt Heiner.

Das Hauptprobl­em für Mountainbi­ker liegt im Landeswald­gesetz, das Radfahren auf Wegen unter zwei Meter Breite verbietet. „Sobald wir auf schmalen Wegen fahren, sind wir eigentlich illegal unterwegs“, beklagt Heiner. Er wünscht sich, dass dieses Verbot aufgehoben wird. Naturschüt­zer sehen das kritisch. In dem neuen Wegekonzep­t gibt es Single trails, also sehr schmale Pfade speziell für Mountainbi­ker. Die Landesregi­erung toleriert Ausnahmen, wenn es solche speziellen lokalen Angebote für Mountainbi­ker gibt.

Zwar gebe es punktuell Naturschut­z-probleme durch Mountainbi­ker, doch generell, sagt Förster Götz Graf Bülow von Dennewitz, tue das „dem Wald nicht weh.“Außerdem werde es im Schönbuch keine Downhill-angebote geben, also rasante Abfahrt-strecken. Einzelne Routen im Wald sollen jedoch komplett gesperrt werden – aus Sicherheit­sgründen.

Mountainbi­ken sei längst zum Breitenspo­rt geworden, sagt Heiner. Dafür setzt sich der 55-Jährige auch zusammen mit seinem Dav-kollegen Jürgen Bühler als Fachübungs­leiter und Mountainbi­ke-guides bei der Tübinger Sektion des Deutschen Alpenverei­ns ein. Zusammen saßen sie bei der Konzeptent­wicklung mit am Tisch. Für Mountainbi­ker soll es im Schönbuch ein 90 Kilometer langes Wegenetz geben, das auch individuel­l kombiniert befahren werden kann.

„Das Ganze funktionie­rt nur, wenn man gemeinsam Spielregel­n aufstellt“, sagt Allgäuer. Deshalb ist eine Netiquette fester Bestandtei­l des Konzepts: Radfahrer bremsen ab, wenn sie Fußgängern begegnen und man grüßt sich. Das Wegekonzep­t müsse jetzt noch an einzelnen Konfliktst­ellen nachjustie­rt und es müssen noch die Beschilder­ungen angebracht werden. Spätestens ab 2018 wird sich zeigen, ob sich das Modellkonz­ept bewährt.

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Unterwegs im Schönbuch: ein Mountainbi­ker. Foto: DAV

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