Beispielhaft – und doch vom Abriss bedroht?
Zum Ende der Flüchtlingshilfe in der Waldkirche („Aus für Begegnungszentrum: Waldkirche steht zum Verkauf“, HZ vom 22. September, und „Verkauf hat schon längere Vorgeschichte“, HZ vom 23. September)
Die Veranstaltung im Begegnungszentrum „Migration und Ehrenamt“war gut besucht. Ca. 60 Menschen – Einheimische und Geflüchtete, Christen und Muslime – waren zusammengekommen, um sich miteinander am Weltfriedenstag durch Bild, Wort, Musik in deutscher und arabischer Sprache und mit einem Imbiss zu stärken. In der Tat hat der geplante Verkauf der Waldkirche eine längere Vorgeschichte.
Ursprünglich war es beabsichtigt, diese Kirche bereits Ende 2014 zu schließen. Die Weltgeschichte kam dazwischen mit dem Ergebnis, dass die Räume von Ende 2015 bis Mai 2016 als Notunterkunft dienten und seit Oktober 2016 bis Dezember 2017 als Begegnungszentrum „Migration und Ehrenamt“unter der Regie des Landratsamtes geführt werden.
Wenn auch nicht alle Akteure an diese Räume gebunden sind, so möchte ich doch einige Angebote aufführen, die nachhaltig zur interkulturellen Begegnung, zum Abbau von Vorurteilen und damit zum sozialen Frieden in unserem Stadtteil beitragen: ein regelmäßiges interkulturelles Mehrgenerationencafe´; Projekte von „Kinder und Kunst“in Zusammenarbeit mit der Friedrich-voith-schule, die fußnah für die Kinder und ihre Familien in geeigneten Räumen veranstaltet werden können; Weltmusikabende und andere Musikveranstaltungen, bei denen insbesondere die gute Akustik des ehemaligen Kirchenraumes zum Tragen kommt.
Integrationsminister Manne Lucha hatte noch im Februar die Einrichtung als beispielhaft hochgelobt. Doch bereits im Juni wurden alle Weichen zur Aufgabe des Gebäudes gestellt, die Perspektive geht in Richtung Wohnbebauung und damit aller Voraussicht nach Abriss.
Prof. Dr. Sigrid Kallfaß vom Steinbeis-institut hatte im Februar geäußert, dass jedes bürgerschaftliche Engagement nur dann nachhaltig stattfinden kann, wenn es sich nicht nur auf eine Gruppe der Bevölkerung (Geflüchtete) beschränkt, sondern den Austausch mehrerer Bevölkerungsgruppen in einem solchen Zentrum möglich macht.
Andere Räume ganz am Rande der Stadt in der Flüchtlingsunterkunft ohne ansprechendes Ambiente und mit einer großen Hemmschwelle für die meisten Bürgerinnen und Bürger erscheinen dazu längst nicht in demselben Maße geeignet. Wer auf eine bis zu ihrem Verkauf weitergehende Nutzung der ehemaligen Waldkirchenräume hofft, wird hellhörig bei der Aussage von Dekan Schlaudraff, dass er sich persönlich für eine mietfreie Überlassung der Waldkirche über das Jahresende hinaus stark gemacht hätte, wenn denn der Landkreis das Begegnungszentrum hätte aufrecht erhalten wollen.
Das heißt doch faktisch, dass grundsätzlich eine mietfreie Überlassung nach Jahresende möglich ist.
Das bleibt zu hoffen und zu wünschen, zumal auch durch die Komplettvermietung an den Landkreis die Gesamtkirchengemeinde Rücklagen von ca. 42 000 Euro bilden konnte. Interessenten gibt es, und es könnte zu einer weiteren Anfrage in den nächsten Wochen kommen. Jutta Dorsch, Heidenheim