Heidenheimer Zeitung

Deutliche Worte drinnen, ziemliche Stille draußen

Lokale Akteure, eine Thema, das jeden betrifft, und kaum Demonstran­ten vor der Tür: Die sechste Auflage des Kongresses war ein wenig anders als aus den Vorjahren gewohnt.

- Von Carolin Wöhrle

Königsbron­n. Bei den Königsbron­ner Gesprächen stand das Thema Cybersiche­rheit im Zentrum. Aus aktuellem Anlass ging’s aber auch um Syrien.

Wenn einmal im Jahr die Königsbron­ner Gespräche stattfinde­n, dann geht es im kleinen Örtchen um die große, nationale und internatio­nale Politik – weitestgeh­end. Am Samstag allerdings, bei der sechsten Auflage vor rund 300 Gästen, nutzte Königsbron­ns Bürgermeis­ter Michael Stütz die Gelegenhei­t und die Anwesenhei­t des Innenminis­ters Thomas Stobl, um den Blick auf ein ganz lokales Interesse zu lenken: „Unsere Elser-gedenkstät­te ist in die Jahre gekommen.“Für rund 800 000 Euro soll sie saniert und modernisie­rt werden. Die Hälfte davon wird der Bund zahlen, wiederum 200 000 Euro können von der Gemeinde und durch Spenden finanziert werden. Fehlen also noch 200 000 Euro. „Wir hoffen sehr auf das Land, auch wenn das Vorhaben in keinen Fördertopf passt.“

Unabhängig von Stütz’ kleinem Vorstoß ging es bei den Königsbron­ner Gesprächen in diesem Jahr vor allem um Cybersiche­rheit im nationalen und internatio­nalen Umfeld – wenngleich auch die Ereignisse der Vornacht, der Us-angriff auf Ziele in Syrien, natürlich auch in Königsbron­n eine Rolle spielten (siehe nebenstehe­nder Artikel).

Minister Thomas Strobl machte in seinem Vortrag deutlich, dass das Thema Cybersiche­rheit im Alltag jedes einzelnen angekommen sei und zeichnete ein recht düsteres Bild: „Jemand hat mir kürzlich gesagt, es gebe zwei Arten von Menschen: diejenigen, die einen Hackerangr­iff bereits erlebt haben, und diejenigen, die noch einen erleben werden.“

Das Land Baden-württember­g habe deshalb aufgerüste­t: 80 000 Schüler seien im vergangene­n Jahr zum Thema It-sicherheit aufgeklärt worden, das Landeskrim­inalamt hat mittlerwei­le eine eigene Abteilung für Cyber-kriminalit­ät, in der 130 Fachleute beschäftig­t seien. Gewünscht wäre eine Art „Cyber-wehr“, die, ähnlich wie die Feuerwehr bei einem Brand, den Bürger im Notfall schnell und kompetent beraten könnte.

Das Grundprobl­em dabei war am Samstag immer wieder Thema: Zwar gibt es die technische­n Möglichkei­ten, jedoch fehlt es oft an den ausgebilde­ten Fachkräfte­n und It-spezialist­en. Zu wenig Nachwuchs, der dann wiederum von weitaus höheren Gehältern in die freie Wirtschaft gelockt wird. Das wiederum bestätigte auch Matti Meier, It-abteilungs­leiter bei C-com in Aalen. Er war Teil des zweiten Panels an diesem Tag, eines das mit der Hauptgesch­äftsführer­in der IHK Ostwürttem­berg, Michaela Eberle, und dem Kreisgesch­äftsführer des DRK Heidenheim, Mathias Brodbeck, recht regional besetzt war. Gemeinsam mit dem vierten im Bunde, Oberst Christian Walkling, Kommandeur des Landeskomm­andos Badenwürtt­emberg, wurde hier teils recht kontrovers auch die Frage diskutiert, wie die Zusammenar­beit sowohl zwischen Bund und Ländern als auch zwischen einzelnen Blaulicht-organisati­onen und der Bundeswehr im Katastroph­enfall funktionie­rt.

Auf die Frage, ob es hier ein übergeordn­etes Konzept gebe, hatte Mathias Brodbeck als rein lokaler Akteur naturgemäß keine Antwort, Oberst Walkling hingegen schon: Im Katastroph­enfall ist der Innenminis­ter dafür verantwort­lich, die Lage zu erörtern und entspreche­nde Anforderun­gen an die Organisati­onen und an die Bundeswehr zu stellen.

Und wie gut funktionie­rt die Zusammenar­beit zwischen Bund und Ländern? „Ich werde versuchen, diese Frage zu umgehen“, sagte Oberst Walkling und sorgte damit zunächst für Lacher. Allerdings schilderte er dann seine Erfahrunge­n bei entspreche­nden Übungen, die gezeigt hätten, dass die Kette der Entscheidu­ngen im Ernstfall oftmalszul­angsei.aufeinersk­ala von 1 bis 10 würde er die Zusammenar­beit zwischen Bund und Ländern derzeit noch bei 3,5 einordnen – wenngleich der Wille absolut da sei. Notwendig ist aus seiner Sicht aber eine weiterführ­ende Übungstäti­gkeit.

Mathias Brodbeck stimmte dem zu: „Ich persönlich bin kein Fan der Schulterkl­appen. Aber natürlich sind alle Kräfte im Katastroph­enfall notwendig.“

Dass es auch in Sachen ITSicherhe­it bei der Bundesregi­erung noch hakt, machte das dritte Panel des Tages deutlich. Hier saß unter anderem Dr. Sandro Gaycken auf dem Podium, der sowohl die Bundesregi­erung als auch die Nato in Fragen der It-sicherheit und Cyber-abwehr berät. Auch hier wurde erneut deutlich, dass es vor allem am Personal fehlt: „Vieles, was wir im Moment machen, funktionie­rt nicht, weil wir dazu viel Expertise brauchen, die wir schlichtwe­g nicht herbekomme­n.“

Laut Generalmaj­or Michael Vetter, der Chef des Stabes Cyber- und Informatio­nsraum bei der Bundeswehr ist, versucht man, diesen Missstand zu beheben: Es gebe zwei Bundeswehr-universitä­ten, von denen eine, die in München, verstärkt auf Ausbildung­en im Itbereich setzt. „Um den Beruf attraktiv zu machen, müssen wir aber Karriere-alternativ­en innerhalb der Bundeswehr bieten.“

Einen ganzen Tag lang wurde in der Hammerschm­iede diskutiert – über Cybersiche­rheit, über Katastroph­enfälle und darüber, wie die Entwicklun­gen jeden einzelnen Bürger persönlich betreffen können. Naturgemäß blieb nicht genug Zeit, um jeden einzelnen Aspekt erschöpfen­d zu diskutiere­n. Nicht immer ging es kontrovers zu, wenngleich gerade Oberst Christian Walkling mit markigen Worten zwar für Erheiterun­g sorgte, aber auch aufzeigte, dass es an einigen Stellen noch mächtig hakt.

Kaum Demonstran­ten vor Ort

In diesem Jahr blieb es recht ruhig vor der Hammerschm­iede. Größere Proteste, die man aus den Vorjahren kannte, blieben aus. Nur knapp 20 Demonstran­ten hatten sich zu Beginn der Veranstalt­ung vor der Absperrung eingefunde­n.

Kritik an der Veranstalt­ung gab es dennoch, dieses Mal allerdings aus dem Mund anwesender Schüler. Der Minister habe zu wenig Zeit für Fragen gehabt. Und auf dem Podium sei es, bezogen auf die politische­n Parteien, nicht „bunt“genug gewesen.

Organisato­r Roderich Kiesewette­r griff diese Kritik zum Ende der Veranstalt­ung auf und versprach Besserung: Zeitgleich mit den Königsbron­ner Gesprächen hatten viele Parteien ihre Norminieru­ngsveranst­altungen für die Europawahl. Daher, so Kiesewette­r, konnten viele Abgeordnet­e nicht dabei sein. „Wir haben heute dennoch gute Diskussion­en gehabt – fachlich, sachlich und ohne parteipoli­tischen Kram.“Bei der nächsten Auflage 2019 könnte das ganz automatisc­h anders aussehen: „Nächstes Jahr sind Europawahl­en. Da werden die Gespräche möglicherw­eise anders gefärbt sein.“

Ich persönlich bin kein Fan der Schulterkl­appen. Aber natürlich sind alle Kräfte im Katastroph­enfall notwendig. Mathias Brodbeck Drk-kreisgesch­äftsführer Ich werde versuchen, diese Frage zu umgehen. Oberst Christian Walkling auf die Frage nach der Kooperatio­n zwischen Bund und Ländern

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Auch Schüler waren da, um ihre Fragen zu stellen (links). Das zweite Panel (rechtes Foto) war recht regional besetzt: (von links) Matti Meier (C-com Aalen), Michaela Eberle (IHK Ostwürttem­berg), Mathias Brodbeck (DRK Heidenheim), Oberst Christian...
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Fotos: Sabrina Balzer Der stellvertr­etende Ministerpr­äsident Baden-württember­gs, Thomas Strobl, hielt den Einführung­svortrag.

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