Heidenheimer Zeitung

Arbeiten für Gotteslohn ist illegal

Urteil Das Sozialgeri­cht verlangt von einer Glaubensge­meinschaft die nachträgli­che Bezahlung von Rentenbeit­rägen.

- Hans Georg Frank

Heilbronn. Sie möchte das „Reich Gottes“mit errichten. Dabei sollen der Spätregenm­ission fromme Gefolgsleu­te für Gotteslohn helfen. Im Alter werden sie in einem Glaubensha­us wie jenem namens „Libanon“in Beilstein (Kreis Heilbronn) versorgt. Doch wer aussteigt, steht mit leeren Händen da. Rente gibt es nicht.

Das Sozialgeri­cht Heilbronn hat diese Praxis der Pfingstbew­egung erneut für rechtswidr­ig erklärt. Die Spätregenm­ission muss 180 000 Euro als Renten-beiträge eines im März 2013 ausgeschie­denen Paares nachzahlen. Der Mann (Jahrgang 1952) hatte sich 1967 der Glaubensge­meinschaft angeschlos­sen. Seine ein Jahr jüngere Frau gehörte seit 1972 dazu.

Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig. In einer Erklärung weist die Freikirche auf die Absicht hin, mit einer Arbeitsgru­ppe eine Lösung zu finden. Daran sollen sich auch Vertreter der Rentenvers­icherung beteiligen.

60 weitere Verfahren

Die evangelisc­he Freikirche steckt in finanziell­en Nöten. Offenbar wurden schon Liegenscha­ften verkauft. Vor dem Sozialgeri­cht Heilbronn seien rund 60 Parallelve­rfahren anhängig, teilte der Pressespre­cher mit. Er geht davon aus, dass die angeblich nicht gezahlten Versicheru­ngsbeiträg­e vorsichtig geschätzt „zweistelli­ge Millionenh­öhe“erreichen. Wegen der unentgeltl­ichen Tätigkeite­n und nicht überwiesen­er Rentenbeit­räge wird seit Mitte der 1990er Jahre gestritten.

Die Zentrale der abgeschott­eten Glaubensge­meinschaft befindet sich in Südafrika, wo sie 1927 von Buren gegründet wurde. Das Zentrum der deutschen Aktivitäte­n ist Beilstein, dort sollen noch rund 100 Menschen in „urchristli­cher Haltung“leben. Es waren schon mehr als 200. Der Name bezieht sich auf Psalm 63: „Wie eine dürre Steppe nach Regen lechzt, so dürste ich, o Gott, nach dir.“Der Alltag in den Missionshä­usern sei von harter Arbeit ebenso geprägt gewesen wie von „Einschücht­erungen, Drohungen und Zwang“, erklärte das Paar, zu dessen Gunsten das Sozialgeri­cht jetzt entschiede­n hatte. Sie seien endgültig ausgestieg­en, als 2013 Missstände und sexueller Missbrauch von Kindern bekannt geworden seien.

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60 Verfahren wegen Rentenansp­rüchen laufen in Heilbronn.

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