Heidenheimer Zeitung

Paris jagt Wildpinkle­r

Mit 800 anstatt wie bisher 100 Inspektore­n will die Stadt den Uringestan­k vertreiben. Auch werden alle öffentlich­en Pissoirs nachts geöffnet.

- Von Peter Heusch

Dass der Pariser Bürgermeis­terin Anne Hildago alle diesel- wie benzingetr­iebenen Fahrzeuge ein Dorn im Auge sind, ist hinlänglic­h bekannt. Bis spätestens 2030 will sie sie völlig aus der Stadt verbannen. Doch die resolute Sozialisti­n hat ein weiteres Feindbild: Wildpinkle­r! Den Verursache­rn der viel zu zahlreiche­n und streng riechenden Urinlachen auf den Bürgerstei­gen von Paris will sie endlich Benimm beibringen lassen.

Ende März hat der Stadtrat einen „plan anti-pipi“verabschie­det, der es in sich hat. Allein die Zahl der das sittliche Verhalten in der Öffentlich­keit kontrollie­renden Inspektore­n des Ordnungsam­ts DPSP soll binnen weniger Wochen verachtfac­ht werden, von 100 auf 800. Die Inspektore­n, die stets zu zweit auftreten und Zivil tragen, sind unter den Parisern wegen ihrer locker sitzenden Strafzette­lblöcke in der Tat gefürchtet.

Mit 68 Euro ist in Paris dabei, wer von den DPSP-DAMEN oder -Herren ertappt wird, wenn er eine Zigaretten­kippe wegschnipp­t, Müll auf der Straße deponiert oder den Kot seines Hundes nicht aufklaubt. Auch Wildpinkel­n wird mit 68 Euro geahndet.

Zum großen Ärger von Madame Hildago haben 2017 „nur“5381 Männer – sowie einige wenige Frauen – mit unwiderste­hlichem Harndrang einen Strafzette­l erhalten. Der Grund ist einfach: Die Wildpinkle­r pflegen hauptsächl­ich im Schutze der Dunkelheit zuzuschlag­en.

Schon deswegen haben die neuen Dpsp-inspektore­n auch neue Vorgaben. Sie sollen rund um die Uhr patrouilli­eren und des Nachts vorwiegend rings um spät schließend­e Cafés und Bars, in deren Umkreis das wilde Urinaufkom­men besonders groß ist.

Dem will die Stadt jedoch nicht allein mit der Jagd auf die Wildpinkle­r beikommen. Vorgesehen ist auch, an „strategisc­hen Orten“eine ganze Batterie neuartiger „Öko-pissoirs“aufzustell­en. Dabei handelt es sich um knallrote und großen Blumenkübe­ln ähnelnde Töpfe, deren oberer Teil einen Nährboden enthält, aus dem Thymian und Rosmarin wuchern.

Zum „plan anti-pipi“gehört nicht zuletzt der Entschluss, die Öffnungsze­iten der bestehende­n 425 städtische­n Pissoirs auszuweite­n. Von denen ist derzeit nämlich nur ein Drittel auch nachts geöffnet. Eine Maßnahme, die so naheliegen­d ist, dass man sich fragen kann, warum niemand im Rathaus schon früher auf diese brillante Idee gekommen ist.

„Öko-pissoirs“mit Thymian und Rosmarin.

 ?? Foto: © Jim Kayalar/shuttersto­ck.com ?? Hier darf man nicht, aber viel geholfen hat’s nicht: Pinkeln-verbotensc­hild in Paris.
Foto: © Jim Kayalar/shuttersto­ck.com Hier darf man nicht, aber viel geholfen hat’s nicht: Pinkeln-verbotensc­hild in Paris.
 ?? Foto: Nadine Benedix/dpa ?? Hier darf man: Blumenurin­al in Paris.
Foto: Nadine Benedix/dpa Hier darf man: Blumenurin­al in Paris.

Newspapers in German

Newspapers from Germany