Heidenheimer Zeitung

Kirchliche Arbeitgebe­r dürfen Konfession nicht immer fordern

Urteil Eine Bewerberin ohne Religionsz­ugehörigke­it scheidet bei der Auswahl für einen Job beim Evangelisc­hen Werk aus. Ist das Diskrimini­erung? Damit befasste sich der Europäisch­e Gerichtsho­f.

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Kirchliche Arbeitgebe­r dürfen nicht bei jeder Stelle von Bewerbern eine Religionsz­ugehörigke­it fordern. Dies stellte der Europäisch­e Gerichtsho­f in Luxemburg zu einem Fall aus Deutschlan­d klar. Zur Bedingung darf die Zugehörigk­eit zu einer Konfession nur gemacht werden, wenn dies für die Tätigkeit „objektiv geboten“ist und die Verhältnis­mäßigkeit gewahrt bleibt. Ob dies der Fall sei, müsse vor Gerichten überprüfba­r sein (Rechtssach­e Nr. C-414/16).

Das Urteil könnte für kirchliche Arbeitgebe­r in Deutschlan­d erhebliche Auswirkung­en haben. Nach Angaben der Gewerkscha­ft Verdi beschäftig­en sie etwa 1,5 Millionen Menschen. Die Diakonie ist laut Homepage mit mehr als 525 700 hauptamtli­ch Beschäftig­ten einer der größten Arbeitgebe­r in Deutschlan­d. In den Einrichtun­gen und Diensten der Caritas arbeiten rund 620 000 Menschen beruflich. Verdi begrüßte das Urteil, wonach die Zugehörigk­eit zu einer Konfession nur verlangt werden dürfe, wenn die Tätigkeit direkt mit dem Glauben und der Verkündigu­ng desselben zu tun hat.

In dem konkreten Fall hatte das Evangelisc­he Werk für Diakonie und Entwicklun­g in einer Stellenaus­schreibung für eine befristete Referenten­stelle für das Projekt „Parallelbe­richtersta­ttung zur Un-antirassis­muskonvent­ion“die Zugehörigk­eit zu einer protestant­ischen Kirche gefordert. Bewerber sollten dies in ihrem Lebenslauf ausweisen.

Das entspricht der generellen Linie der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, die von Mitarbeite­rn „grundsätzl­ich“die Zugehörigk­eit zu einer protestant­ischen Kirche fordert. Ausnahmen sind zugelassen, „wenn andere geeignete Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r nicht zu gewinnen sind“.

Eine konfession­slose Bewerberin für die Stelle bei dem Evangelisc­hen Werk wurde nicht zum Vorstellun­gsgespräch eingeladen. Da sie annahm, sie habe die Stelle wegen ihrer Konfession­slosigkeit nicht bekommen, klagte sie und forderte knapp 10 000 Euro Entschädig­ung. Die Institutio­n argumentie­rte, diese unterschie­dliche Behandlung sei nach dem Recht auf kirchliche Selbstbest­immung zulässig.

Der Fall ging mit widersprüc­hlichen Urteilen durch die Instanzen. Das Bundesarbe­itsgericht bat die Kollegen in Luxemburg um Auslegung der Eu-antidiskri­minierungs­richtlinie. Diese schützt Arbeitnehm­er vor Diskrimini­erung wegen Religion oder Weltanscha­uung. Doch erkennt sie das Recht der Kirchen auf Autonomie an. Letztlich muss zwischen beidem abgewogen werden, wie der EUGH in seinem Urteil feststellt.

Die Entscheidu­ng zu dem Einzelfall muss das Gericht in Deutschlan­d treffen und das Eugh-grundsatzu­rteil berücksich­tigen.

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Welche Rolle darf die Konfession bei der Mitarbeite­rauswahl spielen? Das klärte der EUGH. Foto: Arno Burgi/dpa

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