Heidenheimer Zeitung

Im Gegenwind

- Elisabeth Zoll zum kirchliche­n Arbeitsrec­ht

Der Europäisch­e Gerichtsho­f hat die Waagschale­n im kirchliche­n Arbeitsrec­ht neu justiert. Zwar tastet er das Selbstbest­immungsrec­ht der Kirchen in Deutschlan­d nicht an, macht ihnen aber dennoch Auflagen. Als Arbeitgebe­r müssen sie künftig wesentlich genauer begründen, wann die Religionsz­ugehörigke­it eines Arbeitnehm­ers wirklich relevant ist für die Ausübung seiner berufliche­n Aufgaben und wann eine Grundloyal­ität zum Arbeitgebe­r reicht. Das wird bei Pfarrern oder Gemeindere­ferendaren vermutlich anders bewertet werden als bei Krankensch­western oder Bürokräfte­n. Gibt es Konflikte, werden weltliche Arbeitsger­ichte urteilen über mögliche kirchliche Schranken.

Den Kirchen bläst mit dem Urteil ein kühlerer Wind ins Gesicht. Als zweitgrößt­er Arbeitgebe­r im Land – 1,5 Millionen Menschen sind bei ihnen angestellt – können sie sich nicht mehr auf angestammt­e Privilegie­n verlassen, die ihnen in einer Zeit zugewachse­n sind, als ein Großteil der Bevölkerun­g religiös gebunden war. Die übermäßige Bevorzugun­g der Institutio­n ginge zu Lasten nicht kirchlich gebundener Arbeitssuc­hender. Ihrer Diskrimini­erung schob der EUGH einen Riegel vor.

Bange sein muss den Kirchen aber auch nicht. Je attraktive­r sie sich als Arbeitgebe­r zeigen, desto mehr Bewerber ziehen sie an. In der Regel scheitert die Besetzung einer offenen Stelle ja nicht an mangelnder Kirchennäh­e sämtlicher Bewerber, sondern daran, dass in vielen Bereichen Fachkräfte fehlen. Dieser Zwang des Faktischen hat in den vergangene­n Jahren bereits zu einer Lockerung der kirchliche­n Einstellun­gspraxis geführt. Der Richterspr­uch verstärkt das noch.

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