Worte reichen nicht
Vor nicht einmal einem halben Jahr hatte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un noch damit gedroht, die südkoreanische Hauptstadt Seoul in Schutt und Asche zu legen. Dazu bräuchte er nicht einmal Atomraketen. Sein auf den Süden ausgerichtetes Waffenarsenal konventioneller Art reiche völlig aus.
Davon ist inzwischen nichts mehr zu hören. Im Gegenteil: Beim ersten gesamtkoreanischen Gipfel am Freitag im Grenzort Panmunjom sind sich Kim und Südkoreas demokratisch gewählter Präsident Moon Jae In nicht nur menschlich sehr nahe gekommen. Sie haben auch eine Denuklearisierung vereinbart und den Abschluss einer Friedensvereinbarung noch in diesem Jahr. Erstmals seit fast 70 Jahren im Kriegszustand scheint es damit ganz konkret die Aussicht auf einen Frieden in der bislang von massiven Spannungen zerrütteten Region zu geben.
So erfreulich der Ausgang dieses Gipfels ist – bis zu einem wahren Frieden ist es trotzdem noch ein schwieriger Weg. Denn der Teufel steckt im Detail. Kim hat sich zwar zu einer Denuklearisierung bereit erklärt. Das geschieht aber nicht zum ersten Mal. Sein Vater und Vorgänger hatte 2002 ebenfalls einer Abkehr vom nordkoreanischen Atomwaffenprogramm zugestimmt und dafür im Gegenzug Öllieferungen erhalten. 2006 kam es dann trotzdem zu Nordkoreas erstem Atomtest.
Nicht zuletzt nach dieser Erfahrung wird sich Washington mit Kims Erklärung auch kaum zufrieden geben. Zwar hat Us-präsident Donald Trump den Ausgang des Korea-gipfels in hohen Tönen gelobt. Doch seine um ihn gescharten Berater fordern konkrete Taten. Zum Abbau des nordkoreanischen Atomarsenals gehört für sie auch die Aufgabe der nordkoreanischen Atomanlage Yongbyon und die Erlaubnis des Regimes in Pjöngjang, unabhängige Kontrolleure ins Land zu lassen.
Nordkoreas Machthaber wiederum wird bis zum Beginn einer tatsächlich Denuklearisierung eine absolute Sicherheitsgarantie fordern. Diese Sicherheit ist aus seiner Sicht aber nur dann gewährleistet, wenn die USA sich zu einem kompletten Truppenabzug
Erstmals seit fast 70 Jahren im Kriegszustand scheint es konkret die Aussicht auf Frieden zu geben.
aus der Region bereit erklärt. Darauf dürften sich Trump und die ihm umgebenden Falken allein schon mit Blick auf das immer mächtigere China nicht einlassen. Der Gipfel zwischen Kim und Trump ist für Ende Mai vorgesehen. Für Südkoreas um wahren Frieden bemühten Präsidenten Moon dürfte es bis dahin noch sehr schwierig werden, zwischen beiden Seiten erfolgreich zu vermitteln.
Keine Frage: Nordkorea zeigt sich verhandlungsbereit wie noch nie. Klar ist aber auch, dass Kim neben der von ihm geforderten Sicherheitsgarantie sich jedes weitere Zugeständnis zusätzlich mit Wirtschafts- und Entwicklungshilfe teuer bezahlen lassen wird.
In diesem Punkt sollten sich auch andere Staaten und nicht zuletzt Europa sehr viel stärker einbringen. Denn scheitert eine Einigung, wird es angesichts der wirtschaftlichen Kraftzentren in der Region der ganzen Welt teuer zu stehen kommen.