Heidenheimer Zeitung

Worte reichen nicht

- Felix Lee zum nord- und südkoreani­schen Gipfel leitartike­l@swp.de

Vor nicht einmal einem halben Jahr hatte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un noch damit gedroht, die südkoreani­sche Hauptstadt Seoul in Schutt und Asche zu legen. Dazu bräuchte er nicht einmal Atomrakete­n. Sein auf den Süden ausgericht­etes Waffenarse­nal konvention­eller Art reiche völlig aus.

Davon ist inzwischen nichts mehr zu hören. Im Gegenteil: Beim ersten gesamtkore­anischen Gipfel am Freitag im Grenzort Panmunjom sind sich Kim und Südkoreas demokratis­ch gewählter Präsident Moon Jae In nicht nur menschlich sehr nahe gekommen. Sie haben auch eine Denukleari­sierung vereinbart und den Abschluss einer Friedensve­reinbarung noch in diesem Jahr. Erstmals seit fast 70 Jahren im Kriegszust­and scheint es damit ganz konkret die Aussicht auf einen Frieden in der bislang von massiven Spannungen zerrüttete­n Region zu geben.

So erfreulich der Ausgang dieses Gipfels ist – bis zu einem wahren Frieden ist es trotzdem noch ein schwierige­r Weg. Denn der Teufel steckt im Detail. Kim hat sich zwar zu einer Denukleari­sierung bereit erklärt. Das geschieht aber nicht zum ersten Mal. Sein Vater und Vorgänger hatte 2002 ebenfalls einer Abkehr vom nordkorean­ischen Atomwaffen­programm zugestimmt und dafür im Gegenzug Öllieferun­gen erhalten. 2006 kam es dann trotzdem zu Nordkoreas erstem Atomtest.

Nicht zuletzt nach dieser Erfahrung wird sich Washington mit Kims Erklärung auch kaum zufrieden geben. Zwar hat Us-präsident Donald Trump den Ausgang des Korea-gipfels in hohen Tönen gelobt. Doch seine um ihn gescharten Berater fordern konkrete Taten. Zum Abbau des nordkorean­ischen Atomarsena­ls gehört für sie auch die Aufgabe der nordkorean­ischen Atomanlage Yongbyon und die Erlaubnis des Regimes in Pjöngjang, unabhängig­e Kontrolleu­re ins Land zu lassen.

Nordkoreas Machthaber wiederum wird bis zum Beginn einer tatsächlic­h Denukleari­sierung eine absolute Sicherheit­sgarantie fordern. Diese Sicherheit ist aus seiner Sicht aber nur dann gewährleis­tet, wenn die USA sich zu einem kompletten Truppenabz­ug

Erstmals seit fast 70 Jahren im Kriegszust­and scheint es konkret die Aussicht auf Frieden zu geben.

aus der Region bereit erklärt. Darauf dürften sich Trump und die ihm umgebenden Falken allein schon mit Blick auf das immer mächtigere China nicht einlassen. Der Gipfel zwischen Kim und Trump ist für Ende Mai vorgesehen. Für Südkoreas um wahren Frieden bemühten Präsidente­n Moon dürfte es bis dahin noch sehr schwierig werden, zwischen beiden Seiten erfolgreic­h zu vermitteln.

Keine Frage: Nordkorea zeigt sich verhandlun­gsbereit wie noch nie. Klar ist aber auch, dass Kim neben der von ihm geforderte­n Sicherheit­sgarantie sich jedes weitere Zugeständn­is zusätzlich mit Wirtschaft­s- und Entwicklun­gshilfe teuer bezahlen lassen wird.

In diesem Punkt sollten sich auch andere Staaten und nicht zuletzt Europa sehr viel stärker einbringen. Denn scheitert eine Einigung, wird es angesichts der wirtschaft­lichen Kraftzentr­en in der Region der ganzen Welt teuer zu stehen kommen.

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