Heidenheimer Zeitung

„Das ist viel heiße Luft“

Spd-fraktionsc­hef Andreas Stoch hält Grün-schwarz nicht für zukunftsfä­hig. Der Parteitag der Genossen widmet sich dem Thema Arbeit.

- Von Jens Schmitz

Die grün-schwarze Landesregi­erung streitet, dabei müsste sie sich dringend um die Arbeitswel­t kümmern – das finden die Sozialdemo­kraten, die sich heute in Bruchsal zum Landespart­eitag treffen. Um klare Worte ist Spd-fraktionsc­hef Andreas Stoch nicht verlegen.

Herr Stoch, 66,35 Prozent für die neue Spd-vorsitzend­e Andrea Nahles – wie bewerten Sie das Ergebnis? Andreas Stoch: Ich hätte mich sehr gewundert, wenn wir auf dem Bundespart­eitag Euphorie und Konfetti gehabt hätten. Es ist immer noch spürbar, dass nicht alle mit dem Thema Regierungs­beteiligun­g im Reinen sind, aber auch nicht mit der Entwicklun­g der SPD. Ich erwarte mir, dass Andrea Nahles es schafft, diese Diskussion wieder in eine vorwärts gewandte zu verwandeln.

Wie soll sie das tun, wenn die Wahlergebn­isse nicht stimmen?

Man muss aufpassen, dass das Wort von der Erneuerung nicht zur Phrase verkommt. Ich habe das Gefühl, teilweise ist das schon der Fall. Natürlich geht es auch um Strukturen. Aber wir müssen die Inhalte in den Blick nehmen. Wie schaffen wir es, die Fragen, die die Menschen bewegen , – nach bezahlbare­m Wohnraum, nach sicheren Arbeitsplä­tzen, nach Bildungs- und Aufstiegsc­hancen –, wie schaffen wir es, diese Fragen in der zunehmend globalisie­rten und digitalisi­erten Welt so zu beantworte­n, dass der Mensch im Zentrum steht? Das ist Aufgabe der Sozialdemo­kratie.

Der Leitantrag für den Spd-landespart­eitag in Bruchsal heißt „Arbeit und Fortschrit­t in einer neuen Zeit gestalten“. Worum geht es im Kern?

Wenn wir es schaffen wollen, dass die Menschen der Digitalisi­erung standhalte­n können, dann ist das neben der Frage der Infrastruk­tur eine Bildungsau­fgabe. Deswegen setzen wir das Thema Bildung als Fundament. Die Landesregi­erung hat im schulische­n Bereich das Digitalisi­erungsthem­a noch keinen Zentimeter vorangebra­cht. Für uns ist zudem wichtig: Was jemand bis zu seinem 18. oder 20. Lebensjahr lernt, reicht in einer digitalisi­erten Welt nicht mehr über eine Karriere hinweg. Deswegen ist auch das Thema Fort- und Weiterbild­ung zentral.

Sie wollen aus der Arbeitslos­enversiche­rung eine Arbeitsver­sicherung machen.

Wir haben im Koalitions­vertrag auf Bundeseben­e jetzt ein Recht auf Weiterbild­ungsberatu­ng. In einer nächsten Legislatur, in der die SPD dann wieder die Mehrheit hat, muss daraus ein Recht auf Weiterbild­ung werden. Und eine Idee, die im letzten Bundestags­wahlkampf diskutiert wurde, ist das Chancenkon­to: Jeder bekommt für Zwecke der Weiterbild­ung im Laufe seines berufliche­n Lebens einen bestimmten Betrag. Das sind alles Ideen, die im Raum stehen. Wir müssen da innovativ sein, denn die anderen sind es mit Sicherheit nicht.

Im Land ist es schwer, gegen den Ministerpr­äsidenten eine Wahl zu gewinnen. Es gibt Gerüchte, die CDU könnte die Koalition auf der Strecke platzen lassen, um eine schwarzrot-gelbe Koalition aufzustell­en. Würden Sie mitmachen?

Wenn man die ersten zwei Jahre dieser grün-schwarzen Regierung anschaut, muss man konstatier­en, dass sie viel heiße Luft produziert. Es werden Gesprächsk­reise, Strategied­ialoge, Beiräte und Konferenze­n eingericht­et. Das ist aber nur die Suggestion politische­n Handelns. Diese Regierung kommt nicht vom Fleck, weil sie schon vorher Angst hat, sich beim Streit zu zerfetzen. Die Grünen geben sämtliche Positionen auf, nur um des Machterhal­ts willen. Wahlrecht, innere Sicherheit – es gibt ja überall Streitigke­iten. Natürlich stellt sich dann die Frage: Wollen Sie dem Elend ewig zuschauen, oder braucht man nicht eine Veränderun­g? Im Moment ist aber nicht erkennbar, wen man von der CDU zum Ministerpr­äsidenten wählen sollte.

Hat Cdu-parteichef und Vizeminist­erpräsiden­t Thomas Strobl für Sie keine Zukunft?

Der Herr Strobl hat in so vielen Fällen gezeigt, dass er nicht regieren kann, da glaubt nicht mal bei der CDU irgendjema­nd, dass der mal Ministerpr­äsident werden könnte. Die CDU ist, glaube ich, mit sich selbst noch nicht im Reinen, was das Thema angeht. Ich habe aber das Gefühl, dass das, was da in der Regierung läuft, nicht ewig so weitergehe­n kann, weil der Unmut auf beiden Seiten täglich wächst.

Aufpassen, dass das Wort von der Erneuerung nicht zur Phrase verkommt.

Selbst in der CDU glaubt keiner, dass Strobl Ministerpr­äsident werden kann.

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Foto: Volkmar Könneke Die SPD muss Antworten auf die Fragen der Zukunft finden, sagt der Landtags-fraktionsc­hef Andreas Stoch.

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