Klimafreundlich und lokal soll’s sein
Nahwärmeversorgung Beim Energetischen Quartierkonzept für Königsbronn trauen die Experten den beiden Karstquellen einiges zu. Auch Solarthermie könnte einen großen Beitrag leisten. Von Gerhard Stock
Königsbronn. Wie könnte der Wohnbereich nördlich der SHW mit erneuerbarer Heizenergie versorgt werden?
Bis zur angestrebten Gründung einer Energiegenossenschaft für die Nahwärmeversorgung aus lokalen Ressourcen ist es in Königsbronn zwar noch ein weiter Weg, ein vielversprechender Anfang ist jedoch bereits gemacht. Für das ehrgeizige Projekt „Energetisches Quartierkonzept“wurden am Donnerstagabend in der Mensa der Georgelser-schule erste Ergebnisse und weitere Überlegungen präsentiert.
Im Mittelpunkt steht die Idee, Brenz und Pfeffer mittels Pumpen als Wärmequellen zu nutzen. Das mit acht Grad ohnehin schon recht kühle Quellwasser würde durch den Entzug von Wärme noch um ein Grad kälter. Darüber hinaus könnte großflächig angewandte Solarthermie in Form von Kollektoren auf der grünen Wiese als moderne Technik zur Gewinnung von Heizungswärme für die Nahversorgung eines ganzen Wohnquartiers interessant sein. Konkret geht es um über 300 Gebäude nördlich der SHW. Bisher schwierigstes Thema Der grüne Gemeinderat Werner Glatzle als „treibende Kraft“sowie kompetente Fachleute seien der Garant dafür, „dass anspruchsvolle Denkarbeit nach klaren und strukturierten Vorgaben“geleistet werde. Das, so stellvertretender Bürgermeister Engelbert Frey weiter, sei auch notwendig. Noch nie habe sich die Gemeinde einem derart schwierigen und komplexen Thema gestellt. Auch wenn es wider Erwarten letztlich nichts werde mit der lokalen Nahwärmeversorgung, wolle man mit einem konsequent durchdachten Konzept vorbereitet sein für alle Fälle und Rahmenbedingungen.
Genutzt wurde die Zeit über den Winter für die Befragung von insgesamt 307 Gebäudeeigentümern im Untersuchungsgebiet. Immerhin 147 Immobilienbesitzer machten sich die Mühe, den Fragebogen auszufüllen und zurückzuschicken. So ergab sich „eine gute Rücklaufquote“von 48 Prozent und damit eine breite Datenbasis zur Auswertung. Die meisten Heizungen und Gebäude, darunter auch für die Nahwärmeversorgung besonders interessante Mehrfamilienhäuser, sind bereits Jahrzehnte alt. Geheizt wird vorwiegend mit Gas und Holz, aber auch mit Öl und Strom, in einem Fall sogar noch mit Kohle in Form von Briketts.
Gerhard Sattler, langjähriger Energieberater der Gemeinde, hat exemplarisch zwei alte Häuser untersucht. Er zeigte auf, wie mit sachgerechter Dämmung und moderner Heizung erhebliches Einsparpotenzial beim Wärmeverbrauch genutzt und so die Erzeugung klimaschädlichen Kohlendioxids vermieden werden kann. Was allerdings Investitionen bedingt und Kosten verursacht. Für eine typische Nahwärme-übergabestation in einem Einfamilienhaus mit integrierter Warmwassererzeugung im Durchlaufprinzip bezifferte Projektleiter Martin Lohrmann den finanziellen Aufwand mit rund 10 000 Euro, zuzüglich Kosten der Anschlussleitung von der Straße her. 5,22 Millionen Kilowattstunden Dirk Mangold vom Steinbeis-forschungsinstitut Solites Stuttgart erläuterte, wie der errechnete Heizwärme-gesamtbedarf von 5,22 Millionen Kilowattstunden pro Jahr durch lokale Ressourcen gedeckt werden könnte. Biomasse werde nicht gewünscht, Abwärme der Gießereien stehe nicht zur Verfügung und das Anzapfen des Grundwassers per Wärmepumpen sei im Wasserschutzkreis Heidenheim zwar nicht unmöglich, aber schwierig.
30 Prozent Bedarfsdeckung verspricht sich der Ingenieur jedoch von der Solarthermie, die dafür nötigen Hochtemperatur-flachkollektoren könnten auf einem etwa 1,2 Hektar großen Grundstück oberhalb des Zahnbergs aufgestellt werden. Mit 70 Prozent den Löwenanteil bringen sollen Brenz und Pfeffer, denen man mittels Wärmepumpen Energie entziehen könnte. Die aber muss in der Übergangszeit in einem großen, oberirdischen Speicher gebunkert werden, Standort bisher unklar.
Der für die Pumpen notwendige Strom soll mittels Gas-blockheizkraftwerk selbst erzeugt werden. Noch günstiger ginge das, könnte man sich mit den SHW zusammentun, die den Einstieg in die Eigenstromversorgung planen. Nicht zu vergessen: Um Spitzenlasten an besonders kalten Tagen zu meistern, bräuchte es außerdem noch einen Erdgasheizkessel. Ziel bleibe dennoch, irgendwann ohne fossile Brennstoffe, also auch ohne Gas auszukommen, so die Experten.
„Das kostet doch alles Millionen“, entfuhr es in der Diskussion einem skeptischen Versammlungsteilnehmer. Der erinnerte auch daran, dass in der ersten Hälfte der 1980er-jahre am Brenztopf schon einmal teure und reparaturanfällige Wärmepumpentechnik gescheitert sei. Seitdem aber, so hielten die Sachverständigen entgegen, habe sich technisch sehr viel zum Besseren verändert. Man werde unbeirrt weiter nach wirtschaftlich vertretbaren und konstruktiv machbaren Lösungen für die Nahwärme in Königsbronn suchen. Das Quartierkonzept und die Bürgerenergie Mitte 2017
hatte der Gemeinderat ein Team aus Ingenieuren und Wissenschaftlern damit beauftragt herauszufinden, wie der über 300 Gebäude zählende Wohnbereich nördlich der SHW klimafreundlich mit erneuerbarer Heizenergie versorgt werden könnte. In das Projekt mit eingebunden ist der Arbeitskreis Bürgerenergie der Zukunftsoffensive Königsbronn. Der Arbeitskreis
„Bürgerenergie“wurde im Februar 2017 gegründet. Ziel des Arbeitskreises ist es, Gebäude in Königsbronn weitestgehend mit Energie aus lokalen und klimaverträglichen Quellen zu versorgen. Der Wandel hin zur Solarwirtschaft soll „rechtzeitig, aktiv und lokal“mitgestaltet werden, heißt es in einer Veröffentlichung des Arbeitskreises. „Wir wollen, dass unsere Energie bezahlbar, langfristig sicher und unter der wirtschaftlichen Kontrolle der Bürger ist.“