Nur eine Atempause
Geschafft: Die Sommerferien sind da. Schüler, Eltern wie Lehrer blicken zurück auf das wohl chaotischste Schuljahr seit dem Zweiten Weltkrieg. Lief das erste Halbjahr noch normal, so stellte im zweiten Halbjahr Corona alles auf den Kopf: Alle Schulen über Monate geschlossen, Konfusion, Ungewissheit, Wut und Verzweiflung brachen aus. Die Pandemie, beziehungsweise die Reaktion mit Kontaktverboten zur Infektionsverhütung, haben tragende Säulen der Gesellschaft eingerissen und sicher geglaubte Gewissheiten pulverisiert. Eine davon, vielleicht die zentrale, ist das Schulsystem.
Dass Kinder ab Mitte März nicht mehr zur Schule gehen durften, hat nicht nur ihr Leben in teils verstörender Weise auf den Kopf gestellt, sondern das ihrer Familien gleich mit. Manchem fiel nun erst die den Wirtschaftsbetrieb ermöglichende Betreuungsfunktion der Schule auf – und bisweilen schien es in der Debatte, als wäre dies ihre wichtigste Aufgabe. Sie ist es nicht. Die Betreuung wurde, in vielen Familien unter größten Anstrengungen, gestemmt. Doch die Schule als Bildungsort war über Monate oft faktisch abgeschafft oder, abgesehen von tollen Ausnahmen, auf mangelhafte Niveaus zurückgeworfen. Das hätte so nicht passieren müssen und eigentlich auch nicht dürfen.
Es ist ein oft beschriebenes Phänomen, dass die Pandemie vorhandene Schwächen des Schulsystems auf schonungslose Weise sichtbar macht und Lücken vertieft. Die soziale Herkunft bestimmt seit langem stärker über Bildungserfolge als anderswo – durch Corona wurden sozial benachteiligte Schüler noch krasser abgehängt als sonst. Die Digitalisierung der Schulen befindet sich auf einem Niveau, das gesellschaftlicher Realität und wirtschaftlicher Potenz unangemessen ist – so konnten kaum Schulen auf bewährte Technik und Methoden zum Fernunterricht zurückgreifen. Die über Jahrzehnte schlechte Personalplanung und das daraus resultierende Ausmaß des Lehrermangels ist eine Schande – nun, da zusätzliche Lehrer als Risikogruppen für Präsenzunterricht fehlen, fällt noch mehr Unterricht aus oder wird „fachfremd“gehalten. Diese Liste ließe sich fortsetzen.
Dass die Probleme bekannt waren, bedeutet im Umkehrschluss, dass die extreme Eskalation hätte verhindert werden können, wenn sie vorher mit
Wenn Lehrer ihrer Verantwortung gerecht werden wollen, fallen die Ferien für sie ziemlich aus.
Entschlossenheit und Einsatz angepackt worden wären.
Doch „hätte, hätte“hilft nicht. Nun sind die Ferien da und verschaffen dem System Schule sechs Wochen Atempause. Es mag für einzelne Schulleiter und Lehrer fies und grausam klingen: Aber wenn sie ihrer Verantwortung gerecht werden wollen, fallen die Ferien für sie ziemlich aus. Sie sollten sich vorbereiten, in Teams zusammenschließen, Pläne schmieden und aus unzureichenden politischen Vorgaben tragfähige Konzepte entwickeln: für Präsenzunterricht unter Corona-bedingungen und für Fernunterricht, falls es wieder örtliche Schul- oder Klassenschließungen gibt. Die Lehrer sind dazu nicht verpflichtet. Doch tun sie es nicht, droht ab September weiter: Chaos.