Heidenheimer Zeitung

Beamte und der Risiko-urlaub

Dürfen Landesbedi­enstete in Hotspot-länder reisen? Was droht nach der Rückkehr? Zu Ferienbegi­nn arbeitet Grün-schwarz noch an einer Regelung.

- Von Axel Habermehl

Viele Beschäftig­te im Land erhalten in diesen Tagen Mitteilung­en ihrer Chefs, in denen sie dazu angehalten werden, keine Urlaubsrei­sen in Länder zu unternehme­n, die offiziell als Corona-risikogebi­ete eingestuft sind. Für den Fall, dass sie es trotzdem tun, drohen manche Unternehme­n mit finanziell­en Konsequenz­en: Denn derzeit muss jeder, der aus einem solchen Risikogebi­et nach Deutschlan­d einreist, unverzügli­ch für zwei Wochen in häusliche Quarantäne. Das heißt: Wenn überhaupt, ist nur die Arbeit im Homeoffice möglich – wenn die Tätigkeit das zulässt.

Arbeitgebe­r wollen damit verhindern, dass infizierte Angestellt­e das Virus in die Belegschaf­ten eintragen und so den Betrieb gefährden. Zwar hat Bundes-gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) am Montag verpflicht­ende Corona-tests für Rückkehrer aus Risikogebi­eten angekündig­t. Ein einmaliger negativer Test, etwa am Flughafen, schließt eine Infektion aber nicht mit Sicherheit aus. Einige Betriebe haben angekündig­t, die Lohnfortza­hlung für die Quarantäne-zeit zu verweigern.

So weit die Lage in der freien Wirtschaft. Doch wie sieht es bei Beamten aus? Für rund 137 000 baden-württember­gische Lehrer haben die Sommerferi­en begonnen. Auch zehntausen­de Beamte und Angestellt­e anderer Behörden von Land und Gemeinden verreisen demnächst. Sind sie völlig frei in der Wahl ihres Ziels?

Bisher hat das Land diese Angelegenh­eit, die eine Reihe beamtenund besoldungs­rechtliche­r Fragen aufwirft, nicht geregelt. In einem Papier von Innen- und Finanzmini­sterium, das Ende Mai zuletzt aktualisie­rt wurde, heißt es, der Dienstherr könne „aufklärend auf Risiken bei Privatreis­en hinweisen“. Die Risikoabsc­hätzung bleibe aber der Entscheidu­ng der Beamten überlassen. Diese hätten „vor Antritt der Reise abzuklären, wie die Arbeitsfäh­igkeit nach Rückkehr sichergest­ellt werden kann“.

Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) reicht diese Regelung offenbar nicht. Nach der Kabinettss­itzung am Dienstag sagt er, er habe eben Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU)

„darauf hingewiese­n, dass das einer Klärung bedarf “. Zudem kündigte er ein Gespräch „auch dazu“mit Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) an.

In deren Haus hatte man sich innerhalb der Landesregi­erung wohl als erstes mit der Frage beschäftig­t. Das legen jedenfalls Unterlagen nahe, die diese Zeitung einsehen konnte. Ende vergangene­r Woche entstanden auf Arbeitsebe­ne offenbar erste Kontakte dazu zwischen Kultus-, Innenund Finanzmini­sterium.

Bayern als Vorbild?

Während Eisenmann die meisten Beamten hat, ist Strobl für das Beamtenrec­ht zuständig – und Finanzmini­sterin Edith Sitzmann (Grüne) für die Besoldung. In den Ministerie­n, wo nun eilig eine Regelung gestrickt wird, kursiert ein Brief des bayerische­n Finanzmini­steriums. In dem Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt, wird Beamtenurl­aub in Risikogebi­eten als „unangemess­enes Handeln“qualifizie­rt. Unter Umständen könne ein „bewusstes Herbeiführ­en einer Quarantäne­situation“vorliegen, auch Disziplina­rverfahren seien möglich.

Grundsätzl­ich aber sei, wo möglich, in Quarantäne Telearbeit angezeigt. Geht das nicht, soll man Urlaub nehmen oder Überstunde­n abfeiern. Auch Freistellu­ngen oder unbezahlte­r Sonderurla­ub sind möglich. Nur in Ausnahmefä­llen sei die Quarantäne als „unentschul­digtes Fernbleibe­n vom Dienst“zu werten, das „zu einer entspreche­nden Bezügekürz­ung führt“.

Wie zu hören ist, soll die Südwest-regelung, die gerade erarbeitet wird, in die gleiche Richtung gehen. Vor Ferienstar­t hat das aber nicht mehr geklappt: Man hofft, bis Freitag eine in der Landesregi­erung abgestimmt­e Regelung entwickelt zu haben.

Ein Sprecher des federführe­nden Innenminis­teriums hielt sich gestern bedeckt: Selbstvers­tändlich gälten die Einreise-regeln auch für Beamte. Der Dienstherr könne auf Risiken bei Privatreis­en hinweisen. Zudem müssten Beamte vor Reisen klären, wie ihre Arbeitsfäh­igkeit nach der Rückkehr sichergest­ellt werden kann. „Grundsätzl­ich dürfte dies durch Telearbeit oder mobiles Arbeiten möglich sein.“

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