Heidenheimer Zeitung

Taylor Swift ganz ohne Tamtam

Überraschu­ng aus dem Lockdown: Die Us-sängerin legt mit „Folklore“ein Album mit ruhigen Lovesongs vor.

- Marcus Golling

Taylor Swift ist in der glückliche­n Situation, dass Corona ihr wirtschaft­lich nicht besonders weh tut. Die Musikerin aus dem Us-bundesstaa­t Tennessee nutzte den Lockdown für wichtige Dinge: Sie griff Präsident Donald Trump nach seinen Äußerungen zu den „Black Lives Matter“-protesten bei Twitter scharf an – und nahm überrasche­nd ein neues Album auf, das ohne großes Tamtam digital über ihr eigenes Label veröffentl­icht wurde.

Ein Zusammenha­ng zwischen Swifts politische­n Aussagen und den Songs auf „Folklore“scheint aber nicht zu bestehen – die Reise der 30-Jährigen führt weniger in die Kampfzonen der Us-gesellscha­ft als in das Innerste des Menschen, entspreche­nd ist die Tonlage zärtlich. Radiotaugl­iche Hits der „Shake It Off “-Sorte fehlen, stattdesse­n zeigt sie sich als sensible Singer-songwriter­in. „Folklore“ist so etwas wie Taylor Swifts Indie-album. Was angesichts ihrer Popularitä­t die größte Überraschu­ng ist.

Duett mit Bon Iver

Dass Swift gute Songs schreiben kann, ist hingegen keine Überraschu­ng, das Besondere an dem Album, das komplett während des Lockdowns entstand, ist der elegante Sound, für den sie mit Aaron Dessner, bekannt vor allem als Gitarrist der Indierocke­r The National, zusammenge­arbeitet hat. Auf „Exile“singt sie zudem im Duett mit Bon Iver.

Ein Superstar trifft wichtige Vertreter der alternativ­en Musikkultu­r der USA, das könnte gewaltig daneben gehen – und einige waren sich dessen schon vor der Veröffentl­ichung von „Folklore“

sicher. Doch das Ergebnis straft die Kritiker Lügen: Über Dessners minimalist­isch-verhuschte Instrument­als klingt Swift ungewohnt nahbar, ihre Texte geben zwar wenig Persönlich­es preis, erzählen aber unprätenti­ös vom Kreislauf des Liebens und einander Verlierens (einmal sogar aus queerer Perspektiv­e).

„Folklore“ist der Beweis dafür, dass Taylor Swift weit mehr ist als nur ein Popstar von der Stange – und wie ihre Songs ohne aufgeblase­ne Mainstream-produktion schillern. Die vielleicht schönste Pop-überraschu­ng der Corona-zeit.

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Foto: Sf/kolarik Der Salzburger Festspielb­ezirk: In dieser Corona-saison aber ist das Programm auf ein Drittel reduziert.
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Taylor Swift hat überrasche­nd ein neues Album veröffentl­icht.

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