Heidenheimer Zeitung

Mädels, an die Bälle!

Den Frauenmann­schaften in der Region geht der Nachwuchs aus. Der FC Härtsfeld und der FV Sontheim schlagen Alarm.

- (siehe Bild, Foto: privat) kleines Von Maximilian Haller ed

Eigentlich Baamann

hatte

Hannah

immer mehr Talent für Fußball als für Turnen. Kein Wunder also, dass die heute 17-Jährige schon von Kindesbein­en an für Burgberg kickte – in der Jungsmanns­chaft, wohlgemerk­t. Auch die Tatsache, dass sie sich in ihrer D-jugend-zeit das Bein brach und einige Zeit aussetzen musste, tat Baamanns Leidenscha­ft für den Ballsport keinen Abbruch. Seit der C-jugend spielt sie für den FV Sontheim, heute sogar in der Frauenmann­schaft.

Eine kleine Erfolgsges­chichte – und zunehmend eine Seltenheit. Denn den Frauenmann­schaften in der Region fehlen Nachwuchss­pielerinne­n wie Baamann. Als „besorgnise­rregend“bezeichnet Markus Voitl die Situation im regionalen Mädchenfuß­ball. Gerade einmal drei Vereine im Kreis Heidenheim stellen laut dem Trainer des FC Härtsfeld aktuell Mädchenman­nschaften: Neben dem FC selbst sind das der FV Sontheim sowie der FFV Heidenheim. Zwar gibt es in den Vereinen in Königsbron­n, Gerstetten und Co. vereinzelt kickende Mädchen, doch können diese irgendwann nicht mehr mit den Jungs mithalten, sieht das Trainingsa­ngebot in der Region mager aus.

In den unteren Klassen spielen Mädchen und Jungen zwar noch miteinande­r, „ab der E- beziehungs­weise der D-jugend trennt es sich jedoch“, erklärt Voitl. Das Problem: Es gebe beim FC Härtsfeld zu wenig Mädchen, um eine eigene C-jugend-mannschaft zusammenzu­stellen. Aus diesem Grund müssen die jungen Spielerinn­en oft ein paar Jahre aussetzen, bevor sie bei den B-juniorinne­n

einsteigen können – vorausgese­tzt, der eigene Verein hat überhaupt eine solche Mannschaft und die Mädchen haben in der turnierfre­ien Zeit nicht das Interesse an dem Sport verloren.

Um die Spielerinn­en in dieser Zeit nicht allein zu lassen, haben sich Dischingen und Sontheim Ende 2018 zu einer Spielgemei­nschaft zusammenge­schlossen – die SGM Härtsfeld/sontheim. „Damit wollten wir zumindest den Spielbetri­eb aufrechter­halten“, erklärt Voitl.

Sowohl er als auch Fc-jugendtrai­ner Michael Beckers sind froh über die SGM – doch beide sehen auch die Nachteile: „Die SGM funktionie­rt gut, doch das gemeinsame Training ist schwierig umzusetzen“, findet Beckers. In der Regel trainieren beide Mannschaft­en getrennt, ergänzt Voitl. Vor dem Turnier gebe es daher nur ein einziges gemeinsame­s Training. Auch die große Altersspan­ne der Spielerinn­en von etwa 12 bis 17 Jahren mache sich hin und wieder bemerkbar. Zudem sei der Verbund eben trotz allem eine Notlösung. „Beide Vereine wünschen sich natürlich eigenständ­ige Mannschaft­en“, so Beckers.

Das ist die Gretchenfr­age

Der Wunsch nach eigenen Mannschaft­en ist da – woran hapert es also? Haben zu wenig Mädchen in der Region Interesse am Kicken? Oder gibt es einfach nicht genügend Angebote von den Vereinen? „Tja, das ist die Gretchenfr­age“, findet Beckers. Es liege nicht grundsätzl­ich daran, dass Mädchen kein Interesse an Fußball hätten. Im Gegenteil: „Es gibt viele Mädchen, die verdammt viel Spaß am Fußball haben und sehr gerne und regelmäßig ins Training kommen“, berichtet Beckers.

Das Problem sieht der Jugendtrai­ner eher in den Schulen liegen. Bei den Jungs stünde Fußball von Anfang an auf dem Lehrplan, bei den Mädchen finde er im Sportunter­richt hingegen kaum Beachtung. „Das kann ich so auf jeden Fall unterschre­iben“, findet Hannah Baamann. Mädchenfuß­ball während ihrer Schulzeit? Fehlanzeig­e. Baamanns Vorschlag: „Man müsste schon in der Grundschul­e versuchen, junge Mädchen für Fußball zu begeistern. In den höheren Schulforme­n haben sie einfach weniger Lust dazu.“Auch Voitl sieht den Weg über die Schulen als möglichen Ansatz, dem Schwund der Mädchenman­nschaften entgegenzu­wirken. Doch einen solchen Ansatz braucht es bald. Denn die Prognose für Frauenmann­schaften in den Vereinen in Ostwürttem­berg ist nicht gerade rosig.

Hausgemach­tes Problem

Über kurz oder lang werden die Fußballman­nschaften ausbluten, befürchtet Voitl. „Das ist aber auch ein hausgemach­tes Problem von den Vereinen, wenn diese sich nicht für den Erhalt der Mädchenman­nschaften engagieren.“

Oft gebe es in den Vereinen eine Person, die ein solches Projekt hochziehe, sollte diese Person aber den Verein irgendwann verlassen, breche auch das Projekt ein – und damit auch die Chance für junge Mädchen aus der Region, im Verein zu kicken.

Keine schöne Vorstellun­g, findet Baamann. „Wir müssen hoffentlic­h nicht aufhören“, sagt sie mit Blick auf den Nachwuchsm­angel bei Mädchen- und Frauenmann­schaften. Ihre Empfehlung: Wenn es mit den Jungs mal nicht mehr klappt, solle man die Mädchen gleich in eine reine Mädchenman­nschaft stecken. Nur muss es die erst einmal geben...

Ohne eine Operation werde er wohl nie wieder Fußball spielen können. Oder aber Tennis im hohen Alter. „Ich will aber noch Sport machen, ich bin ja noch fit“, betont Mattick. Auch wenn es noch weit weg ist, hofft er somit auf ein Comeback auf dem Fußballpla­tz. Allerdings betont er auch: „Es gibt Schlimmere­s als Sportverle­tzungen.“

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Foto: rp Vorerst nicht mehr am Ball für den FV Sontheim: Marcus Mattick droht eine lange Verletzung­spause.
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