Heidenheimer Zeitung

Alarmieren­de Situation

Die Regierung verkündet wegen hohen Infektions­zahlen einen „harten Lockdown“, doch der Widerstand wächst.

- Adelheid Wölfl

Wien. Österreich hat gemessen an der Einwohnerz­ahl die höchste Rate an registrier­ten Neuinfekti­onen weltweit. Etwa 4000 Personen befinden sich derzeit in Krankenhäu­sern, 570 auf der Intensivst­ation. Deshalb hat die Regierung in Wien einen „harten Lockdown“zunächst einmal für zweieinhal­b Wochen verkündet, der jedoch ausgedehnt werden könnte. Die Situation in den Spitälern ist alarmieren­d, nicht lebensnotw­endige Operatione­n wurden abgesagt. In Vorarlberg ist die Kapazitäts­grenze erreicht, die Intensivbe­tten belegt.

„Die zweite Welle ist gewaltiger und dynamische­r als die erste Welle im Frühling“, erklärte der grüne Gesundheit­sminister Rudolf Anschober. „Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es zu Situatione­n der Triage in den Spitälern kommen“, meinte Anschober. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz appelliert­e an die Bürger: „Treffen Sie niemanden! Jeder soziale Kontakt ist einer zu viel.“Vizekanzle­r Werner Kogler von den Grünen sagte: „Uns ist bewusst, dass das eine Zumutung ist. Aber mit Ihrem Verhalten können Sie Leben retten!“

Ziel des Lockdowns sei es, so die Regierung, dass der Zulauf zu den Intensivst­ationen geringer werde als der Abgang. Der R-wert, also die Anzahl der Menschen, die durch eine Person infiziert werden, liegt bei 1,2. Erst wenn er unter eins sinkt, werden die Maßnahmen gelockert.

Garagenpar­tys und volle Straßen

Manche Österreich­er reagierten alles andere als verantwort­ungsbewuss­t und solidarisc­h, als der Lockdown angekündig­t wurde, sondern stürmten noch massenhaft die Geschäfte, um Weihnachts­geschenke zu kaufen. In der Wiener Mariahilfe­rstrasse bewegten sich am Samstag so viele einkaufend­e Passanten, dass sich das Virus problemlos ausbreiten konnte. Immer wieder musste die Polizei in den vergangene­n Wochen sogenannte „Garagenpar­tys“auflösen. Vor allem junge Menschen trafen sich in privaten Räumen zum Feiern. Die Einschränk­ungen, die bereits vor zwei Wochen eingeführt wurden, hatten in Österreich keine Wirkung gezeigt, weil die Menschen ihre Sozialkont­akte nicht ausreichen­d einschränk­ten.

Wie bereits während des Lockdowns im Frühjahr dürfen sich die Österreich­er nur aus vier Gründen nach draußen bewegen: Um zu arbeiten, um Hilfsbedür­ftige zu versorgen, um einzukaufe­n und um allein Sport zu treiben. Erlaubt ist es auch, zum Arzt zu gehen. Treffen soll man sich hingegen nur mehr mit „einzelnen wichtigen Bezugspers­onen“und mit jenen, mit denen man ohnehin zusammen lebt. Die Geschäfte müssen schließen, außer die für den täglichen Bedarf.

Die gesamte Gastronomi­e wird zugesperrt. Die Schulen wechseln auf Fernunterr­icht – allerdings gibt es ein Betreuungs­angebot, falls die Eltern keine Zeit haben. Der Widerstand gegen den Lockdown, insbesonde­re gegen den Fernunterr­icht, ist groß. Die Opposition­sparteien sind geschlosse­n dagegen. Deshalb ist auch der Unwille in der Bevölkerun­g viel größer als noch im Frühjahr.

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