Plumper Versuch
Auch fast drei Jahre nach dem Start der Großen Koalition lohnt es sich, gelegentlich einen Blick in den Koalitionsvertrag zu werfen. Schon um zu sehen, was sich Union und SPD vorgenommen haben – oder wo sich einer der Partner auf Kosten des anderen profilieren will. Das Thema Homeoffice ist dafür das beste Beispiel. Zwar findet sich da erstaunlich vorausschauend der Plan, einen rechtlichen Rahmen fürs mobile Arbeiten zu schaffen. Aber der Arbeitgeber soll nur verpflichtet werden, zu begründen, warum er dem Arbeitnehmer die Arbeit im Homeoffice verweigert.
Genau das will jetzt Arbeitsminister Hubertus Heil umsetzen – und er verkauft das als großes Entgegenkommen gegenüber der Union. Das Motto des Spd-politikers ist offensichtlich: Frechheit siegt. Denn er wollte unbedingt einen Rechtsanspruch auf 24
Tage Arbeit im Homeoffice einführen. Davon steht nichts im Koalitionsvertrag. Das war seine Erfindung. Sie entpuppt sich schlicht als eher plumper Versuch, mit Blick auf die Bundestagswahl 2021 bei den Arbeitnehmern zu punkten. Da sprach er ganz als stellvertretender Spd-vorsitzender.
Zweifellos haben sowohl viele Arbeitnehmer, aber auch Arbeitgeber in der Corona-pandemie die Arbeit im Homeoffice zu schätzen gelernt. Aber muss es immer gleich ein Rechtsanspruch sein? Er würde den Alltag in den Unternehmen unnötig kompliziert machen und mindestens für so viel Streit sorgen wie die Pflicht, über den Wunsch zu reden. Die Arbeitsgerichte haben schon genug zu tun. Zudem würde er die Kluft zu denen vergrößern, die nicht im Homeoffice arbeiten können. Und das sind viele, von den Pflegerinnen in Heimen bis zu Kassiererinnen im Supermarkt.