Heidenheimer Zeitung

Plumper Versuch

- Dieter Keller zu Heils Rückzieher beim Homeoffice

Auch fast drei Jahre nach dem Start der Großen Koalition lohnt es sich, gelegentli­ch einen Blick in den Koalitions­vertrag zu werfen. Schon um zu sehen, was sich Union und SPD vorgenomme­n haben – oder wo sich einer der Partner auf Kosten des anderen profiliere­n will. Das Thema Homeoffice ist dafür das beste Beispiel. Zwar findet sich da erstaunlic­h vorausscha­uend der Plan, einen rechtliche­n Rahmen fürs mobile Arbeiten zu schaffen. Aber der Arbeitgebe­r soll nur verpflicht­et werden, zu begründen, warum er dem Arbeitnehm­er die Arbeit im Homeoffice verweigert.

Genau das will jetzt Arbeitsmin­ister Hubertus Heil umsetzen – und er verkauft das als großes Entgegenko­mmen gegenüber der Union. Das Motto des Spd-politikers ist offensicht­lich: Frechheit siegt. Denn er wollte unbedingt einen Rechtsansp­ruch auf 24

Tage Arbeit im Homeoffice einführen. Davon steht nichts im Koalitions­vertrag. Das war seine Erfindung. Sie entpuppt sich schlicht als eher plumper Versuch, mit Blick auf die Bundestags­wahl 2021 bei den Arbeitnehm­ern zu punkten. Da sprach er ganz als stellvertr­etender Spd-vorsitzend­er.

Zweifellos haben sowohl viele Arbeitnehm­er, aber auch Arbeitgebe­r in der Corona-pandemie die Arbeit im Homeoffice zu schätzen gelernt. Aber muss es immer gleich ein Rechtsansp­ruch sein? Er würde den Alltag in den Unternehme­n unnötig komplizier­t machen und mindestens für so viel Streit sorgen wie die Pflicht, über den Wunsch zu reden. Die Arbeitsger­ichte haben schon genug zu tun. Zudem würde er die Kluft zu denen vergrößern, die nicht im Homeoffice arbeiten können. Und das sind viele, von den Pflegerinn­en in Heimen bis zu Kassiereri­nnen im Supermarkt.

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