SPD hängt Energieziele höher
Die Sozialdemokraten bestätigen Andreas Stoch als Landesvorsitzenden und küren ihn zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2021.
Andreas Stoch bleibt Vorsitzender der SPD Baden-württemberg; er führt die Partei als Spitzenkandidat in die Landtagswahl 2021. Das haben 306 Delegierte am Samstag beim ersten digitalen Parteitag mit Urnenwahl beschlossen. Ins Wahlprogramm kommt auch das Ziel von 75 Prozent Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030.
Die alte Tante SPD will der Konkurrenz zeigen, was Fortschritt ist. „Unter dem Motto ‚Die
CDU sucht noch nach dem Faxgerät‘ sind wir schon etwas weiter“, stichelt Generalsekretär Sascha Binder unter Anspielung auf den coronahalber verschobenen Stuttgarter Bundesparteitag der Union. Für Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat Olaf Scholz ist es „eine gute Sache, dass eine so dem Fortschritt verpflichtete Partei wie die sozialdemokratische genau in dieser Krise zeigt: Sie ist immer noch dran am Fortschritt, gesellschaftlich, aber auch technologisch.“
Binder, Scholz, Landesparteichef Andreas Stoch und die Bundesvorsitzende Saskia Esken gehören zu den wenigen Genossen, die im Stuttgarter Kulturzentrum Wizemann tatsächlich anwesend sind: Die Delegierten schauen von daheim aus zu. Sie können sich online zu Wort melden und abstimmen. Nur bei der Vorstandswahl ist das noch unzulässig. Am Nachmittag gibt es deshalb eine Unterbrechung, in der die Delegierten in eines von 20 Wahllokalen fahren.
„Wir wissen, dass sich diese Krise meistern lässt“, ruft Stoch, der auch die Landtagsfraktion leitet. „Und wir wissen, dass man dafür andere Wege gehen muss als die üblichen!“Professionelle Imagefilme inszenieren den designierten Kandidaten ebenfalls meist beim Gehen. Wo der Parteitag Pausen lässt, verbreitet die Rockhymne „Real Good Feeling“Optimismus. Der ist offenbar ansteckend. „Dieses Land hat einen Ministerpräsidenten Stoch verdient!“, ruft Esken. Ein sportlicher Anspruch, die Landes-spd steht in Umfragen bei elf Prozent.
Mit Plakaten vor die Kameras
Der Mann, der das ändern soll, wird virtuell zum Spitzenkandidaten gekürt, die Delegierten halten Plakate vor ihre Kameras. „Wir sind Sozialdemokraten“, ruft Stoch. „Wir können mehr als nur darüber jammern, dass es eben nicht so ist wie sonst!“
Das ist durchaus programmatisch gemeint. Zwischen CDU und Grünen sei das Land blockiert, sagt Stoch, es gebe niemanden, der politisch gestalten wolle und noch wisse, welche Instrumente dafür zur Verfügung stünden. Das sehe man auch beim Corona-management: „Man kann gottfroh sein, dass es wenigstens einen Bund gibt, dem Grünschwarz
Spitzenkandidat der Südwest-spd
in dieser Zeit hinterherstolpern kann.“
Im Bund selbst sei das Gegensteuern der SPD zu verdanken. So entschlossen müsse sich der Staat auch sonst um die Menschen kümmern. „Eine schwarze Null rettet eben keine Arbeitsplätze!“Die Corona-krise sei kein schöner, aber ein wichtiger Anlass, um die Stärke der Sozialdemokratie zu begreifen, so Stoch. Die Grünen bräuchten nach der nächsten Landtagswahl einen „Motor“, um wieder besser zu regieren.
Angesichts von Ereignissen wie Brexit und Trump-wahlsieg 2016 betonen viele Redner die Notwendigkeit einer Politik, die sozialen Zusammenhalt stärkt. Klimaschutz funktioniere nur, wenn sich die Menschen ihn leisten könnten. „Sicherheit ist“, erklärt Esken, „wenn Kinder nicht die Armut der Eltern spüren, sondern Zuversicht und Perspektive.“
Stoch wird mit 94,75 Prozent der Stimmen als Vorsitzender bestätigt, sein Generalsekretär Binder mit 84,77 Prozent. Beim Wahlprogramm überraschen die Abstimmenden ihre Führung. Auf Antrag der Jusos wollen sie den Anteil erneuerbarer Energien im Land bis 2030 nicht auf 65 Prozent steigern, sondern auf 75 Prozent. Obwohl Stoch vor rechtlichen Fallstricken warnt, sollen außerdem die Neufassungen des Landes-polizeigesetzes von 2017 und 2020 rückgängig gemacht werden. Das Gesamtprogramm setzt die Schwerpunkte bei den Themen Arbeit, Bildung, Gesundheit, Wohnen und Klimaschutz.
Eine schwarze Null rettet eben keinen Arbeitsplatz. Andreas Stoch