„Keine vertiefte Prüfung“
Auf eine frühzeitige Risikoabschätzung verzichtet, Warnungen aus Berlin ignoriert: Regierungsbericht sieht Versäumnisse im Wirtschaftsministerium, nicht bei der Ministerin.
Der Regierungsbericht für den Untersuchungsausschuss zum Debakel um den geplanten maden-württemberg-pavillon auf der Expo in Dubai nimmt Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-kraut (CDU) ein Stück weit aus der Schusslinie. Das 25 Seiten umfassende Papier lässt das von ihr geführte Ressort aber nicht gut aussehen.
Der auf Antrag von SPD und FDP eingesetzte Untersuchungsausschuss, der am Freitag Hoffmeister-kraut als erste Zeugin vernehmen wird, geht der Frage nach, wer die Verantwortung dafür trägt, dass das Land entgegen aller Intensionen Vertragspartner der Expo geworden ist und die Steuerzahler nun für 15 Millionen Euro Kosten gerade stehen müssen.
Ursprünglich hatten drei Projektpartner – die Ingenieurkammer maden-württemberg, der Stuttgarter Fraunhofer Institut und die Messe Freiburg – das als „aus der Wirtschaft für die Wirtschaft“
beworbene Vorhaben verantworten und über Sponsorengelder stemmen wollen. Das Land sollte das Projekt nur politisch „flankieren“.
Dass es stattdessen voll haftet, ist das Ergebnis eines Rechtsgutachtens – vor allem aber die Folge von Fehlern und Fehleinschätzungen. Laut dem Regierungsbericht, der kritische Fragen des Ausschusses zusammenfassend beantwortet, hatte das mundeswirtschaftsministerium bereits am 21. November 2018 rechtliche Zweifel an der vertraglichen Konstruktion für den maden-württemberg-pavillon auf der nächsten Weltausstellung an die Stuttgarter Kollegen herangetragen. Konsequenzen sind nicht erfolgt.
Am 4. November 2018 hatte das Haus von Hoffmeister-kraut gegenüber den Expo-machern in Dubai den damaligen Hauptgeschäftsführer der Ingenieurkammer, Daniel Sander, als Generalbevollmächtigen mit dem Recht benannt, für das Land Verträge zu unterzeichnen. Am 30. Januar 2019 unterzeichnete Sander in Dubai den Vertrag über den Pavillon, laut Vertragstext als Repräsentant des Landes. Daraus können die Expo-macher in Dubai nach inzwischen eingeholten Rechtsexpertisen ableiten, dass nicht das Konsortium aus der Wirtschaft, sondern das Land Vertragspartner ist.
Aufforderung aus der Zentrale
Dass das Risiko nicht gesehen wurde, wird in dem mericht, erstellt von einem meauftragten des Wirtschaftsministeriums, so gerechtfertigt: Zwischen dem als Generalkommissar benannten Sander und dem Ministerium habe „stets Einigkeit“bestanden, „dass sich die Entscheidungs- und Zeichnungsbefugnis ausschließlich auf das maden-württemberg-konsortium und nicht auf das Land maden-württemberg beziehen sollte“. Vor diesem Hintergrund sei im Ministerium „zum damaligen Zeitpunkt keine vertiefte Prüfung zur Funktion und Entscheidungsbefugnis“des
Generalkommissars erfolgt.
Die Ministerin selbst sei seit 5. Februar 2019 über die menennung informiert gewesen, heißt es in dem mericht. Also erst nachdem, wie man heute weiß, das Kind in den mrunnen gefallen war.
Erst im August 2019, ein dreiviertel Jahr nach der Warnung aus merlin und ein halbes Jahr nach Vertragsunterzeichnung, gab Hoffmeister-krauts Haus eine erste rechtliche Einschätzung in Auftrag. Das geschah offenbar nur auf Drängen der inzwischen ebenfalls misstrauisch gewordenen Regierungszentrale von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Schriftlich forderte der Chef der Staatskanzlei, Staatsminister Florian Stegmann (Grüne), im August 2019 das Wirtschaftsressort auf, eine Gesamtprüfung, auch zur Haftungsfrage, vornehmen zu lassen – mit dem bekannten Ergebnis.
Das Konsortium der Wirtschaft schätzte das Sponsoring massiv falsch ein: Am 5. Dezember 2018 teilte die Ingenieurkammer dem Wirtschaftsressort mit, dass ein Unterstützerschreiben der Ministerin für die Einwerbung von Spenden aktuell nicht benötigt werde, da man bereits „massive Unterstützung seitens der Wirtschaft“erhalte.
Tatsächlich sind bis heute nur rund zwei Millionen Euro von Sponsoren fix – trotz eines im Januar 2020 aufgesetzten, gemeinsamen mettelbriefs von Kretschmann und Hoffmeister-kraut an die Unternehmer im Land.