Heidenheimer Zeitung

Zwischen Freude und Unbehagen

Zwei Tore von Timo Werner und Formanstie­ge: Sportlich macht das 3:1 gegen die Ukraine neue Hoffnung für die Fußball-em. Die Corona-diskussion bereitet Joachim Löw aber Sorgen.

- Bundestrai­ner

Joachim Löw war hin- und hergerisse­n. Auf der einen Seite stand nach dem 3:1-Erfolg in der Nations League gegen die Ukraine die Freude über die verbessert­e sportliche Großwetter­lage. Anderersei­ts musste sich der Bundestrai­ner über die Sonderroll­e seiner Fußball-nationalma­nnschaft rechtferti­gen. Die Moraldebat­te um Corona-privilegie­n bereitete ihm spürbar Unbehagen.

„Ich bin eigentlich der falsche Ansprechpa­rtner. Ich habe nicht diese Entscheidu­ngsgewalt, das

Ich kann verstehen, dass die Leute im Moment andere Gedanken und Sorgen haben. Joachim Löw

macht das Gesundheit­samt, die Uefa. In der Bundesliga wird auch gespielt, in den anderen Ligen auch. Wir halten uns an die Vorgaben. Wenn Spiele angesetzt sind, können wir nicht im Hotel bleiben“, sagte Löw. Die Frage nach der ethischen Verantwort­ung für die Austragung des Länderspie­ls trotz fünf Corona-fällen beim Gegner Ukraine inmitten der Pandemie-hochzeit wies er zurück.

Dabei kann Löw die gesellscha­ftliche Debatte angesichts steigender Infektions­zahlen, des Lockdowns in der Gastronomi­e und strengerer Quarantäne-anordnunge­n in anderen Sportarten durchaus nachvollzi­ehen. „Ich kann verstehen, dass die Leute im Moment andere Gedanken und Sorgen haben“, sagte der 60-Jährige. Die Sinnhaftig­keit des Profi-fußballs will er aber nicht in Zweifel ziehen. „Die Nations League hat nicht unmittelba­r mit Corona zu tun“, betonte der Dfb-chefcoach. „Man bekommt viele negative Nachrichte­n. Aus meiner Sicht als Trainer war es gut, dass wir gespielt haben.“

Der sportliche Aspekt könnte Löw eigentlich wieder hoffnungsv­oll stimmen. Nach vier verschenkt­en Siegen im September und Oktober ist der Bundestrai­ner mit seinem Team wieder auf Kurs. Stürmer Timo Werner glänzte mit zwei Toren, den schönsten Spielzug vollendete er nach einer artistisch­en Ballmitnah­me und einer Scherensch­lagflanke des starken Leon Goretzka zum 2:1. Zuvor hatte Goretzka auch das 1:1 seines Bayern-teamkolleg­en Leroy Sane mustergült­ig vorbereite­t.

Abstiegsan­gst kein Thema mehr

Mit Defensiv-multitalen­t Robin Koch, Linksverte­idiger Philipp Max und Florian Neuhaus als „Mann der Zukunft“im Mittelfeld hat Löw rechtzeiti­g zum Einspielen für die EM drei vielverspr­echende Akteure präsentier­t. Vor dem letzten Spiel am Dienstag (20.45 UHR/ARD) in Sevilla gegen Spanien liegt die DFB-ELF in seiner Nations-league-gruppe auf Platz eins. Abstiegsän­gste wie noch vor zwei Jahren sind kein Thema mehr. Im Gegenteil: Die Teilnahme am Final-four-turnier im Oktober 2021 ist greifbar nahe. Nebenbei wurde durch das zwölfte Spiel in Serie ohne Niederlage auch ein Platz im besten Topf für die Auslosung der Wm-qualifikat­ionsgruppe­n am 7. Dezember gesichert. Was eine enorme Erleichter­ung ist für den Weg zur Fußball-wm 2022 in Katar.

Die Corona-diskussion aber wird Rekordtorw­art Manuel Neuer und seine Kollegen am Montag mit auf die Reise ins Risikogebi­et Andalusien begleiten. Fünf positive Coronafäll­e bei der Ukraine hatten die Austragung des Spiels in Leipzig bis wenige Stunden vor dem Anpfiff gefährdet. Das Leipziger Gesundheit­samt sah dennoch keinen Anlass, die Mannschaft in Quarantäne zu schicken. Dabei verließ sie sich allein auf die Aussage des ukrainisch­en Teams, die Infizierte­n hätten keinen engen Kontakt zu anderen Spielern gehabt.

„Ich halte die Entscheidu­ng, das Spiel stattfinde­n zu lassen, für mindestens problemati­sch“, sagte Dagmar Freitag, Sportaussc­huss-vorsitzend­e des Bundestage­s. Die norwegisch­e Regierung entschied anders. Sie belegte das Nationalte­am nach einem Coronafall mit einem Ausreiseve­rbot fürs Spiel in Rumänien.

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Foto: Ronny Hartmann/afp In dieser Szene wird Doppeltors­chütze Timo Werner (links) von der Ukraine gestoppt.

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