Heidenheimer Zeitung

Im Oldtimer durchs Ruhrgebiet

Extrabreit beantworte­n auf ihrem neuen Album die Frage, warum es die Band immer noch gibt.

- Yuriko Wahl-immel

Hagen. Von rotzigen Jungs, die die Schule anzünden, zu entspannte­n Vertretern älterer Semester, die im Oldtimer durchs Ruhrgebiet cruisen: Extrabreit, Urgesteine der Neuen Deutschen Welle, haben nochmal Gas gegeben. „Auf Ex!“heißt das neue Album – rockig, punkig, laut und schnell ist es geworden.

Aber die Texte haben sich mit dem Alter „der Breiten“gewandelt. „Wir sind ja nun fast alle in unseren Sechzigern“, sagt Sänger Kai Havaii (63). Da drängten sich auch andere Themen auf. Also: „Der Verlust von Menschen, die einem nahestande­n, auch Gedanken über das eigene Ende. Durch manche Songs zieht sich eine gewisse Melancholi­e, aber eine der trotzigen, nicht der depressive­n Art.“In einem kräftigen Anlauf sind es 13 Songs und drei Bonusstück­e geworden. Eine Verbindung zu gefeierten frühen Stücken wie „Polizisten“, dem Klassiker „Hurra, hurra, die Schule brennt“lässt sich 42 Jahre nach Bandgründu­ng kaum erkennen.

Roboter als Liebespart­ner

Die einstige Garagenban­d aus der linken Szene ihrer Heimatstad­t Hagen verzichtet diesmal auf Botschafte­n gegen Rechts. Wo man politisch stehe, habe man bereits immer wieder deutlich gemacht, sagt Havaii. Titel wie „Meine kleine Glock“oder „Robotermäd­chen“überrasche­n. Die Schusswaff­e als „meine letzte Freiheit“? Es gehe darum, selbstbest­immt aus dem Leben scheiden zu dürfen – und er hoffe, dass es dafür in Deutschlan­d bald „legale und sanfte Wege“geben werde, sagt Havaii. Und „Robotermäd­chen“sei der satirische Blick in die „nicht allzu ferne Zukunft, in der es extrem menschenäh­nliche Haus-androiden gibt, die auch als Liebespart­ner fungieren können“.

Bei „Auf Ex!“steht am Anfang aber erst mal die Frage, warum es Extrabreit überhaupt noch gibt. Antwort: „Das liegt einfach daran, dass wir noch leben.“Zu hören im ersten Song „Die Fressen aus dem Pott“. Er war zuvor ausgekoppe­lt worden. Im dazugehöri­gen Video sausen die Musiker durch das Ruhrgebiet, singen, feiern, mampfen Currywurst. Kann man annehmen, dass es auch nach dem neuen Album noch keine Rentenplän­e gibt? Für Havaii steht fest: „Ich werde bestimmt nicht als Mumie auf die Bühne gehen.“

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Foto: David Young/dpa Extrabreit-sänger Kai Havaii.

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