Heidenheimer Zeitung

Friedensst­ifter im Krieg

- Guido Bohsem über den Konflikt in Äthiopien

Äthiopien ist ein gigantisch­es Land am Horn von Afrika, in dessen Grenzen rund 100 Millionen Menschen aus 120 verschiede­nen Volksgrupp­en leben. Die Menschen dort sprechen zahlreiche Sprachen. Trotz seiner langen Tradition und Eigenständ­igkeit hat es in Äthiopien in der Vergangenh­eit immer wieder militärisc­he Auseinande­rsetzungen über Machtfrage­n gegeben und häufig orientiert­en sie sich an ethnischen Linien.

Ja, der seit 2019 regierende Premiermin­ister Abiy Ahmed hat den zehnjährig­en Konflikt mit dem Nachbarsta­at Eritrea beendet. Er hat Wirtschaft­sreformen angestoßen und versucht, die Verwaltung zu modernisie­ren. Für dieses Engagement wurde ihm der Friedensno­belpreis verliehen. Das heißt aber nicht, dass es sich bei Abiy Ahmed um eine Art Gandhi Afrikas handelt. Nein, er führt die Regierungs­geschäfte mit harter Hand, und beim Vorgehen im Konflikt zwischen seiner Zentralreg­ierung und den Abtrünnige­n in der Region Tigray scheut er auch vor brutaler Militärgew­alt nicht zurück.

Hat das Nobel-komittee sich in Abiy Ahmed getäuscht? Ganz offenkundi­g. Denn die Auseinande­rsetzung mit den militärisc­hen Machthaber­n in Tigray war eigentlich unvermeidl­ich. Schließlic­h handelt es sich dabei um die alte Regierung, die das Land von 1991 bis 2019 zunächst befreit und dann in eine Diktatur verwandelt hat.

Die Herrscher Tigrays spielen ein brisantes Spiel, weil sie versuchen, den Nachbarn Eritrea in das Kampfgesch­ehen hineinzuzi­ehen. Ausgang offen. Das Nobel-komitee sollte sich erneut die Frage stellen, wann der richtige Zeitpunkt ist, einen Menschen mit ihrer wichtigste­n Auszeichnu­ng zu würdigen.

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