Der Preis und die Stadt
Der Kunstverein, die Firma Voith und die Hanns-voith-stiftung vergeben einen Preis und wollen damit am Industriestandort Heidenheim auch die Schnittstellen von Kunst, Technologie und Gesellschaft beleuchten.
In unserer sehr unfreiwillig als solche etablierten Serie „Was alles gewesen wäre, wenn es Corona nicht gäbe“, berichten wir heute aus dem Innenleben des Heidenheimer Kunstvereins. In dessen Reihen hatte man sich besonders auf den 27. November gefreut, der als der Tag, an dem erstmals der Kunstpreis des Kunstvereins vergeben wurde, in die Annalen des Vereins hätte eingehen sollen.
Das geht er nun nicht, weil die Kunst aus den bekannten Gründen derzeit auch nicht geht. Abgesagt. Es sei denn, man macht Kunst zu Hause. Oder gleich bloß für den Hausgebrauch. Aber genau das will man beim Heidenheimer Kunstverein nicht, der sich bei seiner, wenn man so will, Neuformierung und Neuausrichtung explizit auch auf die Fahnen geschrieben hatte, dass man heraus aus dem angestammten Domizil „Türmle“hinein in die Gesellschaft wirken wolle. Doch dabei helfen dann neu postulierte Tugenden wie Distanz und Abstand nur sehr schlecht weiter.
Voith sitzt mit im Boot
Immerhin aber greift auch in Sachen Kunstverein das Leitmotiv des Jahres 2020: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Und so wird jetzt der 15. Januar 2021 als der Tag gehandelt, an dem erstmals der Kunstpreis des Kunstvereins vergeben wird. Um was für einen Preis aber handelt es sich? Um einen „Preis für Kunst und Technik“. Und der Kunstverein vergibt ihn nicht allein, sondern in Zusammenarbeit mit der Firma Voith und der Hanns-voith-stiftung. Vergeben werden soll er nach dem ersten Mal künftig alle zwei Jahre im „Voith Training Center“, womit sich eine ganz bestimmte, ebenso mit dem Preis verbundene Absicht verbindet, die der Kunstvereinsvorsitzende Dr. Hans Peter Schiffer nicht zu Unrecht äußerst charmant findet: die, wenn man so will, zeitgemäße Fortführung einer auf Hanns Voith zurückgehenden und im alten Ausbildungszentrum im Haintal gepflegten Voithschen Besonderheit, die die Lehrlingsausbildung bekanntlich mit Kunsterziehung verband.
Kunst, Technologie, Gesellschaft
„So oder so“, sagt Bettina Augustin, die im Vorstand des Kunstvereins für die Kommunikation zuständig ist: „Der Kunstpreis passt wunderbar zur Industriestadt Heidenheim und wird Bezüge zur heimischen Industrie schaffen.“Und während bei der Industrie Technik immer auch mit dem Anspruch nach höchster Qualität oder Funktionalität einhergeht, fragt sich mitunter die Kunst, ob wir nicht alle zum bloßen Spielball der immer komplexeren und undurchschaubareren Technik geworden sind. Insofern passt es gut, dass die Verleihung des Preises, für den es, wie Bettina Augustin sagt, „kein Vorbild in Deutschland gibt“, ebenso Anlass für Veranstaltungen in deren Umfeld sein soll, „bei denen angesichts der digitalen Revolution und an der Schnittstelle von Kunst, Technologie und Gesellschaft nach möglichen Entwicklungen gefragt und nach Antworten gesucht werden soll“. Die Preisverleihung ist selbstverständlich auch mit einer Ausstellung verbunden. Wobei im Falle der ersten Verleihung sogar die Ausstellung vor dem Preis da war. Genauer: vor der Idee zum Preis. Die entwickelte sich in den Reihen des Kunstvereins bei der Vorbereitung zur auch für diesen November und nun in den Januar verschobenen Ausstellung mit Künstlern, die sich mit kinetischer Kunst beschäftigen.
Weil also die Kinetik, die Lehre von den Bewegungen unter dem Einfluss innerer oder äußerer Kräfte, gewissermaßen Pate für den Preis stand, wird auch der erste „Preis für Kunst und Technik“an einen Künstler aus der kinetischen Ecke, wo die Bewegung integraler ästhetischer Bestandteil des Kunstobjekts ist, vergeben werden. Nominiert wurden sechs Künstler beziehungsweise Künstlerpaare: Angelika Huber, Siegfried Kreitner, Carolin Liebl & Nikolaus Schmid-pfähler, Anne Pfeifer & Bernhard Kreutzer, Hans Schork und Martin Willing.
Als Preisgeld ausgelobt sind für den Preisträger 3000 Euro und, als Unterstützungspflaster in Coronazeiten, 500 Euro für jeden der nicht mit dem Preis bedachten Nominierten.