Spagat zwischen Nähe und Distanz
Seit gut einem Jahr ist das „Haus am Zanger Berg“in Betrieb. Seither muss sich die Einrichtung im Alltag bewähren und dabei auch die Herausforderung Corona meistern.
Im „Haus am Zanger Berg“der Nikolauspflege sorgt ein motiviertes Team für einen möglichst normalen Alltag.
Vorschusslorbeeren entwickeln sich gerne einmal zur Belastung, sofern sie in Eröffnungsreden im Übermaß verteilt wurden. Dieser Gefahr sieht sich das zur Nikolauspflege gehörende „Haus am Zanger Berg“nicht ausgesetzt, konnte seine offizielle Einweihung, die eigentlich für das Frühjahr geplant war, coronabedingt bislang doch noch gar nicht stattfinden.
Gleichwohl bewährt sich die Einrichtung seit mittlerweile gut einem Jahr in außergewöhnlich herausfordernden Zeiten, und so dürfte bei Gelegenheit nachgereichten Lobeshymnen nichts entgegenstehen.
Am 9. September 2019 nahm das Haus an der Iglauer Straße mit neun Bewohnern seinen Betrieb auf. Mittlerweile sind es 15, denen in den drei blau, grün bzw. rot gestalteten Wohngruppen Einzelzimmer zur Verfügung stehen. Hinzu kommt im Förder- und Betreuungsbereich noch rund ein halbes Dutzend Männer und Frauen. Sie werden täglich in das Haus gebracht, das seit seiner Eröffnung blinden, seh- und mehrfachbehinderten Erwachsenen einen Platz zum Leben und Wohnen bietet.
„So bunt wie die Gruppen ist auch unsere Mitarbeiterschaft“, sagt Gesina Wilfert, Leiterin der ebenfalls unterm Dach der Nikolauspflege angesiedelten Königin-olga-schule und Leiterin des Geschäftsbereichs Frühkindliche und Schulische Bildung.
Genügend Fachkräfte gefunden
Beim Start im Herbst 2019 bestand noch die Sorge, nicht alle Stellen besetzen zu können. Der Blick richtete sich damals beispielsweise auf Krankenschwestern und Heilerziehungspfleger. Dem sattsam thematisierten Fachkräftemangel zum Trotz ist die Mannschaft jetzt aber mit 33 Mitarbeitern komplett.
Wilfert wertet das als Beleg, „dass sich die Nikolauspflege in
Heidenheim als Arbeitgeber einen guten Namen gemacht hat“. Auch Praktikanten seien immer willkommen. Das Team arbeite sehr kollegial zusammen, lobt Wilfert. Es biete den Klienten, wie die Blinden und Sehbehinderten im Haus genannt werden, speziell auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Angebote.
Dazu gehören Beauty-tage, kreative Beschäftigungen sowie die Förderung im Sinne von lebenslangem Lernen, Bewegung und Spaziergänge. Hinzu kommen individuelle Logo-, Ergo-, Physio- und Musiktherapien. Und gemeinsames Kochen. Dem Vernehmen nach ist die regelmäßig das gesamte Gebäude mit einem verlockenden Geruch durchziehende Pizza der Geheimtipp.
Eine besondere Herausforderung stellt die Corona-pandemie dar. Weil einige Personen Risikogruppen
zuzurechnen sind, gelten strenge Hygienevorgaben. Dazu gehört eine Maskenpflicht, es sei denn, ein Attest ermöglicht eine Befreiung. In Schutzkleidung zu arbeiten, hat sich längst zu einer Selbstverständlichkeit entwickelt, und die Räume werden regelmäßig desinfiziert.
Manchem fehlt körperliche Nähe
Wilfert zufolge tut sich naturgemäß mancher schwer mit der auferlegten Distanz, „denn das Miteinander und die Kommunikation läuft bei uns ja normalerweise sehr körpernah ab“. Erschwerend kommt hinzu, dass bei einem zumindest stark eingeschränkten Sehvermögen die Verständigung durch eine vor Infektionen schützende Scheibe kaum möglich ist.
Etwas erleichtert wird die Situation dadurch, „dass wir aufgrund der während des ersten Lockdowns gesammelten Erfahrungen jetzt wissen, welche Maßnahmen wichtig sind“, sagt Wilfert. Erleichtert zeigt sie sich darüber, dass es im „Haus am Zanger Berg“bislang noch keinen Corona-fall gab.
Großgeschrieben, und von Anfang an als Ziel formuliert, werden gute Beziehungen zur Nachbarschaft. So kauft das neue Haus wie auch die Königin-olga-schule am Siebenbürgenweg die Lebensmittel beim Cap-markt der Arbeiterwohlfahrt im Mittelrain. „Wir leisten damit gerne unseren Beitrag zur Verbesserung der Arbeitsplatzsituation von Menschen mit Behinderung“, sagt Gesina Wilfert.
Intensiviert werden sollen auch die Kontakte zum Stadtteiltreff und zu allen in den umliegenden Straßen Wohnenden – sobald es die Rahmenbedingungen wieder zulassen, und dann endlich auch mit einem verspäteten Eröffnungsfest.