Heidenheimer Zeitung

Von Männern und Alkohol

„Der Rausch“von dem Dänen Thomas Vinterberg räumt die meisten Auszeichnu­ngen ab. Paula Beer wird für ihre Rolle in „Undine“als beste Darsteller­in geehrt.

- Julia Kilian

Beim Europäisch­en Filmpreis hat die Tragikomöd­ie „Der Rausch“des dänischen Regisseurs Thomas Vinterberg gleich vier Auszeichnu­ngen gewonnen. Die Geschichte erzählt von vier Männern, die die Möglichkei­ten des Alkohols austesten wollen. „Der Rausch“wurde unter anderem zum besten Film gewählt, wie die Europäisch­e Filmakadem­ie am Samstagabe­nd in Berlin bekanntgab.

Als beste Schauspiel­erin wurde die deutsche Darsteller­in Paula Beer ausgezeich­net. Die 25-Jährige erhält den Preis für ihre Rolle in „Undine“. In dem Liebesdram­a von Christian Petzold spielt sie eine mysteriöse Frau, die sich in einen Industriet­aucher verliebt. Die Geschichte ist an einen Nixenmytho­s angelehnt.

Wegen der Pandemie wurden die Auszeichnu­ngen an mehreren Abenden und digital verliehen. Beer hatte zunächst Probleme mit der Übertragun­g, als ihr Name genannt wurde. Die Technik habe nicht mitgemacht und sie habe nichts gehört, sagte Beer. Dann freute sie sich: „Ich verstehe gerade erst, dass ich den Preis bekomme.“

Es sei noch immer wahnsinnig unreal, so etwas nur über Zoom mitzubekom­men, sagte Beer nach der Verleihung. Sie setzte sich unter anderem gegen Nina Hoss („Schwesterl­ein“) durch. Beer hatte für „Undine“auch den Silbernen

Bären der Berlinale gewonnen. Sie saß am Samstagabe­nd unter anderem mit Regisseur Petzold zusammen. Sie hätten sich alle auf das Coronaviru­s testen lassen, damit sich niemand ansteckt.

In diesem Jahr sah man die nominierte­n Künstler also auf Sofas. Oder rauchend vor der Kamera. Regisseur Vinterberg hatte eine Reihe von Menschen um sich versammelt, darunter seine Frau. In „Der Rausch“spielt Mads Mikkelsen einen Lehrer, der seinem Leben entkommen will. Gemeinsam mit Kollegen beschließt er, sich konstant zu betrinken.

Sie wollen die These eines norwegisch­en Philosophe­n testen, der behauptet, der Mensch habe konstant zu wenig Alkohol im Blut. Was also passiert, wenn man stets 0,5 Promille intus hat? Oder 1,0 Promille? Oder bis an seine Grenzen geht? Im Film sieht man Mikkelsen dabei zu, wie er ständig seinen Atemalkoho­lwert mit einem kleinen Gerät testet – und dann wieder nachschenk­t. „Der Rausch“zeigt Männer beim Tanzen, beim Experiment­ieren, beim Herumalber­n. Und beim Erleben elementare­r Krisen – von der Midlife-crisis bis zum Tod.

Filmemache­r Wim Wenders sprach von einem großen Film über Männer, Alkohol und die Lust aufs Leben. Der Film sei unglaublic­h differenzi­ert und wild. Er sei eine Ode an die Möglichkei­t, das Beste aus dem Leben zu machen oder es zu versauen. „Es ist so ein fantastisc­her Film voller Freude, Schmerz und Glanz.“Der Film stand in diesem Jahr auch auf der Empfehlung­sliste des Filmfestiv­als in Cannes und soll Anfang 2021 in die Kinos kommen.

Regisseur Vinterberg sagte am Samstagabe­nd, der Film sei in der schwersten Zeit seines Lebens entstanden. Seine Tochter sei gestorben, während er daran gearbeitet habe. „Sie hat dieses Projekt geliebt“, sagte der 51-Jährige. Sie habe darin vorkommen sollen, der Film sei an ihrer Schule gedreht worden. Nach ihrem Tod sei das einzig Sinnvolle gewesen, den Film fertig zu drehen und ihn für sie zu machen. „Ich danke Ihnen von Herzen.“

Vinterberg nutzte seine Dankesrede, um den Wert der Filmförder­ung und des europäisch­en Kinos zu betonen. Als Unterzeich­ner des „Dogma 95“-Manifests hatte er früher zusammen mit Regisseur Lars von Trier eine neue Kargheit des Kinos eingeforde­rt. Bekannt ist Vinterberg für Titel wie „Das Fest“, „Die Kommune“oder die Literaturv­erfilmung „Am grünen Rand der Welt“.

„Der Rausch“wurde nicht nur als bester Film und für die Leistung des Hauptdarst­ellers Mikkelsen, sondern auch für Drehbuch und Regie ausgezeich­net. Er setzte sich unter anderem gegen „Undine“und „Berlin Alexanderp­latz“durch.

Die Neuverfilm­ung des Romans von Alfred Döblin ging jedoch nicht leer aus: Am Mittwoch wurde der Komponisti­n Dascha Dauenhauer für ihren Soundtrack von „Berlin Alexanderp­latz“ein Europäisch­er Filmpreis verliehen. Das Künstlerdr­ama „Hidden Away“erhielt zwei Auszeichnu­ngen – sowohl für die Kameraführ­ung von Matteo Cocco als auch das Kostümdesi­gn von Ursula Patzak. Unter anderem wurde auch der Dokumentar­film „Once More Unto the Breach“für den Schnitt ausgezeich­net.

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Foto: Michael Kappeler/dpa Paula Beer spielt in „Undine“eine moderne Nixe.

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