Nichts Süßes zum Geburtstag
Haribo setzt im Jahr des Firmenjubiläums den Rotstift bei seinem Werk in Sachsen an. Sparen West-betriebe schneller auf Kosten des Ostens?von
Mit Luftballons in der Hand haben Mitarbeiter am Haribo-standort in Wilkau-haßlau zuletzt vor den Werkstoren ihre Stimmung zum Ausdruck gebracht. Anders als es das 100-jährige Bestehen des Unternehmens vermuten lässt, ist ihnen derzeit nicht nach feiern zu Mute. Geht es nach den Plänen der Unternehmensführung in Rheinland-pfalz soll das Werk im Kreis Zwickau zum Jahresende geschlossen werden. Zu hoch seien notwendige Investitionen, um die Produktion zu modernisieren, heißt es bei Haribo. Zudem passe das Werk nicht zur künftigen Ausrichtung des Unternehmens. Demnach soll die Produktion in Deutschland an weniger Standorten, dafür aber mit mehr Produktionsstraßen und höherer Leistungsfähigkeit gebündelt werden.
Mit der Schließung zieht sich Haribo, das den Volkseigenen Betrieb nach der Wende übernommen hatte, komplett aus den Ost-bundesländern zurück. Bestehen bleiben die Standorte in Bonn, Grafschaft, Neuss und Solingen. Das Unternehmen ist mit dieser Entscheidung nicht allein. MAN etwa will drei Standorte im Osten schließen. Die Schließung des Dampfturbinenwerks von Siemens in Görlitz verhinderten die Angestellten nur mit massivem Widerstand.
Lautgewordene Vorwürfe etwa von Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD), West-unternehmen schlössen Standorte im Osten schneller als im Westen, kann Steffen Müller nicht bestätigen. „Hier kann man keine harten Fakten sprechen lassen“, sagt der Leiter der Abteilung Strukturwandel und Produktivität am Leibniz-institut für Wirtschaftsforschung in Halle. Tendenziell seien die Firmenzentralen häufiger im Westen angesiedelt und die Produktion im Osten. „Wenn Produktionslinien wegfallen bedeutet das häufig die Schließung eines Standorts. Ein Stellenabbau in den Zentralen hat dagegen meist nur Schrumpfungen zur Folge.“
Trend nicht erkennbar
Auch Marco Wanderwitz, Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Länder, sieht keinen Trend, der sich auf den Osten konzentriert. „Ich beobachte momentan häufiger Werksschließungen als in den Jahren zuvor. Das beschränkt sich aus meiner Sicht aber nicht auf die neuen Bundesländer.“Beim Automobilzulieferer Vitesco etwa habe der Osten bei den Stellenstreichungen Glück gehabt. „Sie finden vorrangig im Westen statt.“
Mit Blick auf die Entwicklung bei Haribo hat die Linke-bundestagsfraktion für Donnerstag einen aktuelle Stunde beantragt. Thema ist den „Niedergang des ostdeutschen Arbeitsmarktes stoppen“. Wanderwitz zufolge soll sich der Staat in unternehmerischen Entscheidungen nicht unnötig einmischen. Es gehöre jedoch auch zur unternehmerischen