Brüssel macht Transparenz vor
Bei 70 Prozent der Treffen mit der Kommission ging es um die Interessen von Unternehmen.
Beim Thema Lobbyistenregister kann sich die Berliner Politik ein Beispiel an der Europäischen Union nehmen. Schon seit vielen Jahren gibt es in Brüssel ein Transparenzregister, das die Lobbyistenaktivitäten in der EU-KOMmission und im Eu-parlament sichtbar machen soll.
Kein Treffen ohne Registrierung, heißt der Grundsatz. Zunehmend müssen nun hochrangige Vertreter der Eu-institutionen dokumentieren, mit welchen Lobbyisten sie Kontakt hatten. Der Druck ist groß: Die Eu-hauptstadt ist auch die Hauptstadt von Europas externen Interessenvertretern, schließlich werden hier entscheidende Gesetze für die gesamte Europäische Union beschlossen. Rund 25 000 Lobbyisten sind regelmäßig in Brüssel tätig.
Vorreiter bei der Transparenz ist die Eu-kommission, die an der Spitze mehr oder weniger mit einer Regierung vergleichbar ist. Die Kommissare und die Präsidentin müssen öffentlich dokumentieren, mit welchen Lobbyisten sie sich getroffen haben. Das lässt sich auf einer Internetseite der Kommission für alle Bürger nachlesen.
Die bisherigen Auflistungen haben nach einer Auswertung des Kölner Vereins Lobby Control gezeigt, dass es bei 70 Prozent der dokumentierten Treffen um Interessen von Unternehmen ging.
Spannend wird in den nächsten Jahren sein zu beobachten, ob auf längere Sicht auch im Eu-parlament die Wirtschaft dominiert. Die Abgeordneten hatten nämlich gegen Ende der vergangenen Wahlperiode nachgezogen: Jetzt müssen die Berichterstatter und sogenannten Schattenberichterstatter
unter den Abgeordneten, die hervorgehoben an Eu-gesetzesprojekten arbeiten, ebenfalls offenlegen, mit welchen Lobbyisten sie über die Vorhaben gesprochen haben. Allen Abgeordneten ist es verboten, nebenher Lobbyisten-tätigkeiten auszuüben.
Vor Kurzem wurde eine erneute Ausweitung der Vorschriften beschlossen: Künftig sollen auch erste Vertreter des Rats der Eu-mitgliedstaaten ihre Kontakte offenlegen. Die Vorschrift ist im Rotationsverfahren zunächst nur für die beiden Botschafter bindend, deren Land gerade die jeweils sechs Monate dauernde Eu-ratspräsidentschaft übernommen hat – diese Diplomaten sind eine besonders begehrte Adresse für Einflussversuche auf die europäische Gesetzgebung.
Die Hoffnung ist, dass die Eu-botschafter anderer Länder nun ebenfalls für Transparenz sorgen werden – freiwillig. Erste Länder wie die Niederlande haben damit bereits begonnen.