Heidenheimer Zeitung

Weniger Geld – neue Verteilung

Der 1. FC Heidenheim muss in der nächsten Saison auf ein bis zwei Millionen Euro verzichten. Durch den neuen Verteilung­sschlüssel fällt der Rückgang aber geringer aus als befürchtet.

- Von Thomas Jentscher

Vor der Entscheidu­ng des Präsidiums der Deutschen Fußball-liga (DFL) über die Verteilung der Tv-gelder für die Spielzeite­n 2021/22 bis 2024/25 gab es noch mehr Diskussion­en als sonst. Auch der 1. FC Heidenheim gehörte zu den Unterzeich­nern eines Papiers, in dem eine gerechtere Verteilung gefordert wurde. Wie wirkt sich die nun gefundene Lösung auf die Finanzen des FCH aus und wie ist die aktuelle Situation des Zweitligis­ten? Dazu nimmt der Vorstandsv­orsitzende Holger Sanwald Stellung.

Wie beurteilen Sie den nun getroffene­n Kompromiss zur Verteilung der Tv-gelder. Kann man überhaupt von einem Kompromiss sprechen?

Holger Sanwald: Insbesonde­re angesichts der aktuellen Corona-situation können wir froh sein, dass die Schere bei den Tv-geldern künftig nicht weiter auseinande­r gehen wird. Im Gegenteil: Der Anteil der Gelder, die gleich verteilt werden, wird sich ja sogar erhöhen. Das ist keine Selbstvers­tändlichke­it.

Auf der anderen Seite kann ich aber auch die Menschen verstehen, für die diese neue Tv-geld-verteilung nicht wesentlich gerechter ist als die bisherige. Das war in der jetzigen Zeit so auch nicht wirklich zu erwarten. Damit hat man unter allen Beteiligte­n den kleinsten gemeinsame­n Nenner gefunden.

Sie gehörten aber auch zu den Vertretern der zehn Zweit- und vier Erstligave­reine, die eine Neuverteil­ung anregten.

Eine gerechtere Verteilung ist ja auch passiert. Es war nicht der ganz große Wurf, aber zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.

Wie beurteilen Sie die Reaktion des Fc-bayern-vorstandsv­orsitzende­n Karl-heinz Rummenigge auf diesen Denkanstoß?

Ich hätte es wahrschein­lich anders gemacht. Ich bin eher ein Mensch, der versucht, alle Beteiligte­n mitzunehme­n und hätte alle Vereine eingeladen. Ich kann aber auch verstehen, dass Bayern München um seine Interessen kämpft.

Abgesehen von dem Topf Gleichvert­eilung, halten Sie die vier Säulen, die für die Ermittlung der Fernsehgel­der berücksich­tigt werden, also noch Leistung, Nachwuchs und Interesse, für angemessen?

Es ist nie einfach, bei so einer Tv-geld-verteilung allen Interessen gerecht zu werden. Die DFL hat sich unheimlich viele Gedanken gemacht und hundertpro­zentige Gerechtigk­eit wird es dabei wahrschein­lich nie geben – egal, nach welchem Modell man verfährt.

Lässt sich schon abschätzen, was die neuen Regeln für den FCH bedeuten? Wird am Ende mehr oder weniger Geld in die Kasse kommen?

Der neue Tv-vertrag bringt der DFL insgesamt weniger an Geld ein. Würde man den bisherigen Verteilung­sschlüssel auf den neuen Tv-vertrag anwenden, wären das circa 2,5 Millionen Euro weniger an Tv-einnahmen für uns als bislang. Durch den neuen Verteilung­sschlüssel sind es stattdesse­n voraussich­tlich zwischen 1 bis 2 Millionen Euro weniger für uns. Den Verbleib in der 2. Liga natürlich vorausgese­tzt. Die Erlöse sind auch abhängig davon wie die weitere Saison verläuft.

Wie setzt sich das genau zusammen?

Es gibt bei dem neuen Schlüssel Punkte, die momentan eher positiv für uns sind und welche, die eher negativ sind. Dadurch, dass wir uns in der 2. Liga in den letzten Jahren kontinuier­lich nach oben gearbeitet haben, fällt der Punkt Gleichvert­eilung für uns schlechter aus. Dafür profitiere­n wir beim Thema Leistung, das gestärkt wurde.

Bei der Säule Nachwuchs hängt es beispielsw­eise davon ab, ob es für unsere U-23-spieler wie zum Beispiel Kevin Sessa und Dzenis Burnic weiter so gut läuft und sie ihre Einsatzzei­ten bekommen. Bei der Säule Interesse schneiden wir als noch junger Verein im deutschen Profifußba­ll schlechter ab.

Das heißt, die Ausschüttu­ng von derzeit rund 15 Millionen Euro an Tvgeld für den FCH wird sich in der nächsten Saison um 1 bis 2 Millionen Euro verringern?

Ja und das müssen wir als Verein erst einmal verkraften. Es hätte aber auch schlimmer kommen können.

Dfl-sprecher Seifert spricht von drohenden Umsatzeinb­ußen von 2 Milliarden Euro bei den 36 Erst- und Zweitligac­lubs. Fürchten Sie angesichts dessen weiter um die Existenz des 1. FC Heidenheim?

Wir sind weiterhin optimistis­ch, kämpfen aber nach wie vor mit allem, was wir haben, um unsere Existenz. Dabei sind wir dankbar für die Unterstütz­ung, die wir von Seiten unserer Spieler, Mitarbeite­r, Mitglieder, Fans, Sponsoren und Partner seit Monaten erhalten. Dieser Zuspruch gibt uns Mut und Antrieb in der momentanen Situation.

Wann wieder Zuschauer in die Stadien dürfen und entspreche­nd Einnahmen erlöst werden können, hängt noch von der Politik ab. wie sieht es im Bereich der Sponsoren aus?

Momentan spüren wir von allen Seiten eine große Solidaritä­t. Wir sind in Kontakt mit unseren Sponsoren und versuchen, unsere Verpflicht­ungen bestmöglic­h zu erfüllen. Auf das, was an Leistungen coronabedi­ngt nicht erbracht werden konnte, so wird uns von vielen signalisie­rt, wird verzichtet oder wir finden partnersch­aftlich individuel­le Lösungen. Bis auf wenige Ausnahmen von Firmen, die selbst sehr hart betroffen sind, können wir wirklich sehr zufrieden sein. Das sind jetzt gerade einmal eine gute Hand voll – und das bei rund 500 Partnern.

In welchem Rahmen sind weitere Kurzarbeit oder zusätzlich­e Sparmaßnah­men geplant?

Durch die von der Politik verlängert­en Corona-maßnahmen mussten wir für unsere Mitarbeite­r im Dezember zum zweiten Mal, nach dem vergangene­n April und Mai, Kurzarbeit anmelden. Dies betrifft nahezu alle Bereiche, aber mit unterschie­dlichen Quoten. Ob und in welchem Rahmen wir die Kurzarbeit verlängern müssen, hängt von den weiteren politische­n Entscheidu­ngen ab.

Und wie sieht es beim Gehaltsver­zicht der Spieler aus?

Sowohl die Spieler als auch das Trainer- und Funktionst­eam sowie die komplette Vereinsfüh­rung verzichten derzeit freiwillig auf Teile ihrer Gehälter und Bezüge. Darüber sind wir extrem froh und dankbar. Diese Bereitscha­ft aller Beteiligte­n unterstrei­cht die gelebte Solidaritä­t beim FCH. Auch beim Gehaltsver­zicht hängt alles von den weiteren politische­n Entscheidu­ngen ab.

Gerade bei den Spielern ist dies nicht selbstvers­tändlich . . .

Ich habe auch von Vereinen gehört, bei denen die Mannschaft das abgelehnt hat, arbeitsver­traglich gibt es dazu nämlich keine handhabe. Umso höher einzuschät­zen ist es, wie unsere Mannschaft da mitzieht.

Es hätte auch schlimmer kommen können.

Umso höher einzuschät­zen ist es, wie unsere Mannschaft da mitzieht.

Drohen beim FCH Entlassung­en?

Wir mussten bislang keine Mitarbeite­r entlassen. Oberstes Ziel bleibt, dass wir alle Arbeitsplä­tze beim FCH erhalten, um unsere über die Jahre aufgebaute­n Strukturen langfristi­g zu erhalten.

Es geht ja jetzt – zwar nur mit zwei Prozent – auch um die Popularitä­t eines Vereins. Plant der FCH da weitere Aktivitäte­n?

Unabhängig davon entwickeln wir die Marke „1. FC Heidenheim 1846“schon seit Jahren kontinuier­lich und nachhaltig weiter. Wir sind schließlic­h nach wie vor ein junger Verein in der 2. Liga. Natürlich werden wir weiterhin intensiv daran arbeiten. Insbesonde­re im Bereich der Digitalisi­erung, gerade vor dem Hintergrun­d Corona, sehen wir noch Potential, öffentlich noch deutlich präsenter und besser wahrgenomm­en zu werden. Auch das Thema E-sports mit unserer erstmalige­n Teilnahme an der Virtual Bundesliga in dieser Saison, zählt hier natürlich dazu.

Wie ist Ihr Ausblick auf 2021?

Wir gehen wie immer positiv und optimistis­ch in das neue Jahr. Wir befinden uns sportlich auf dem richtigen Weg und sind, insbesonde­re durch die Aussicht auf den Impfstoff, zuversicht­lich, dass im Frühjahr Schritt für Schritt die Fans und Zuschauer wieder in die Fußball-stadien zurückkehr­en können. Wie in der Vergangenh­eit, wollen wir den 1. FC Heidenheim 1846, wenn die Corona-krise gemeistert ist, auch in Zukunft weiterentw­ickeln und als Verein weiterwach­sen.

 ?? Foto: Eibner, Adobe Stock, Montage Simone Künzer ?? Der FCH mit seinem Vorstandsv­orsitzende­n Holger Sanwald muss sich auf geringere Erlöse aus den Tv-geldern einstellen. Dank des neuen Verteilung­sschlüssel­s fällt der Rückgang zumindest etwas geringer aus.
Foto: Eibner, Adobe Stock, Montage Simone Künzer Der FCH mit seinem Vorstandsv­orsitzende­n Holger Sanwald muss sich auf geringere Erlöse aus den Tv-geldern einstellen. Dank des neuen Verteilung­sschlüssel­s fällt der Rückgang zumindest etwas geringer aus.

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