Weniger Geld – neue Verteilung
Der 1. FC Heidenheim muss in der nächsten Saison auf ein bis zwei Millionen Euro verzichten. Durch den neuen Verteilungsschlüssel fällt der Rückgang aber geringer aus als befürchtet.
Vor der Entscheidung des Präsidiums der Deutschen Fußball-liga (DFL) über die Verteilung der Tv-gelder für die Spielzeiten 2021/22 bis 2024/25 gab es noch mehr Diskussionen als sonst. Auch der 1. FC Heidenheim gehörte zu den Unterzeichnern eines Papiers, in dem eine gerechtere Verteilung gefordert wurde. Wie wirkt sich die nun gefundene Lösung auf die Finanzen des FCH aus und wie ist die aktuelle Situation des Zweitligisten? Dazu nimmt der Vorstandsvorsitzende Holger Sanwald Stellung.
Wie beurteilen Sie den nun getroffenen Kompromiss zur Verteilung der Tv-gelder. Kann man überhaupt von einem Kompromiss sprechen?
Holger Sanwald: Insbesondere angesichts der aktuellen Corona-situation können wir froh sein, dass die Schere bei den Tv-geldern künftig nicht weiter auseinander gehen wird. Im Gegenteil: Der Anteil der Gelder, die gleich verteilt werden, wird sich ja sogar erhöhen. Das ist keine Selbstverständlichkeit.
Auf der anderen Seite kann ich aber auch die Menschen verstehen, für die diese neue Tv-geld-verteilung nicht wesentlich gerechter ist als die bisherige. Das war in der jetzigen Zeit so auch nicht wirklich zu erwarten. Damit hat man unter allen Beteiligten den kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden.
Sie gehörten aber auch zu den Vertretern der zehn Zweit- und vier Erstligavereine, die eine Neuverteilung anregten.
Eine gerechtere Verteilung ist ja auch passiert. Es war nicht der ganz große Wurf, aber zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.
Wie beurteilen Sie die Reaktion des Fc-bayern-vorstandsvorsitzenden Karl-heinz Rummenigge auf diesen Denkanstoß?
Ich hätte es wahrscheinlich anders gemacht. Ich bin eher ein Mensch, der versucht, alle Beteiligten mitzunehmen und hätte alle Vereine eingeladen. Ich kann aber auch verstehen, dass Bayern München um seine Interessen kämpft.
Abgesehen von dem Topf Gleichverteilung, halten Sie die vier Säulen, die für die Ermittlung der Fernsehgelder berücksichtigt werden, also noch Leistung, Nachwuchs und Interesse, für angemessen?
Es ist nie einfach, bei so einer Tv-geld-verteilung allen Interessen gerecht zu werden. Die DFL hat sich unheimlich viele Gedanken gemacht und hundertprozentige Gerechtigkeit wird es dabei wahrscheinlich nie geben – egal, nach welchem Modell man verfährt.
Lässt sich schon abschätzen, was die neuen Regeln für den FCH bedeuten? Wird am Ende mehr oder weniger Geld in die Kasse kommen?
Der neue Tv-vertrag bringt der DFL insgesamt weniger an Geld ein. Würde man den bisherigen Verteilungsschlüssel auf den neuen Tv-vertrag anwenden, wären das circa 2,5 Millionen Euro weniger an Tv-einnahmen für uns als bislang. Durch den neuen Verteilungsschlüssel sind es stattdessen voraussichtlich zwischen 1 bis 2 Millionen Euro weniger für uns. Den Verbleib in der 2. Liga natürlich vorausgesetzt. Die Erlöse sind auch abhängig davon wie die weitere Saison verläuft.
Wie setzt sich das genau zusammen?
Es gibt bei dem neuen Schlüssel Punkte, die momentan eher positiv für uns sind und welche, die eher negativ sind. Dadurch, dass wir uns in der 2. Liga in den letzten Jahren kontinuierlich nach oben gearbeitet haben, fällt der Punkt Gleichverteilung für uns schlechter aus. Dafür profitieren wir beim Thema Leistung, das gestärkt wurde.
Bei der Säule Nachwuchs hängt es beispielsweise davon ab, ob es für unsere U-23-spieler wie zum Beispiel Kevin Sessa und Dzenis Burnic weiter so gut läuft und sie ihre Einsatzzeiten bekommen. Bei der Säule Interesse schneiden wir als noch junger Verein im deutschen Profifußball schlechter ab.
Das heißt, die Ausschüttung von derzeit rund 15 Millionen Euro an Tvgeld für den FCH wird sich in der nächsten Saison um 1 bis 2 Millionen Euro verringern?
Ja und das müssen wir als Verein erst einmal verkraften. Es hätte aber auch schlimmer kommen können.
Dfl-sprecher Seifert spricht von drohenden Umsatzeinbußen von 2 Milliarden Euro bei den 36 Erst- und Zweitligaclubs. Fürchten Sie angesichts dessen weiter um die Existenz des 1. FC Heidenheim?
Wir sind weiterhin optimistisch, kämpfen aber nach wie vor mit allem, was wir haben, um unsere Existenz. Dabei sind wir dankbar für die Unterstützung, die wir von Seiten unserer Spieler, Mitarbeiter, Mitglieder, Fans, Sponsoren und Partner seit Monaten erhalten. Dieser Zuspruch gibt uns Mut und Antrieb in der momentanen Situation.
Wann wieder Zuschauer in die Stadien dürfen und entsprechend Einnahmen erlöst werden können, hängt noch von der Politik ab. wie sieht es im Bereich der Sponsoren aus?
Momentan spüren wir von allen Seiten eine große Solidarität. Wir sind in Kontakt mit unseren Sponsoren und versuchen, unsere Verpflichtungen bestmöglich zu erfüllen. Auf das, was an Leistungen coronabedingt nicht erbracht werden konnte, so wird uns von vielen signalisiert, wird verzichtet oder wir finden partnerschaftlich individuelle Lösungen. Bis auf wenige Ausnahmen von Firmen, die selbst sehr hart betroffen sind, können wir wirklich sehr zufrieden sein. Das sind jetzt gerade einmal eine gute Hand voll – und das bei rund 500 Partnern.
In welchem Rahmen sind weitere Kurzarbeit oder zusätzliche Sparmaßnahmen geplant?
Durch die von der Politik verlängerten Corona-maßnahmen mussten wir für unsere Mitarbeiter im Dezember zum zweiten Mal, nach dem vergangenen April und Mai, Kurzarbeit anmelden. Dies betrifft nahezu alle Bereiche, aber mit unterschiedlichen Quoten. Ob und in welchem Rahmen wir die Kurzarbeit verlängern müssen, hängt von den weiteren politischen Entscheidungen ab.
Und wie sieht es beim Gehaltsverzicht der Spieler aus?
Sowohl die Spieler als auch das Trainer- und Funktionsteam sowie die komplette Vereinsführung verzichten derzeit freiwillig auf Teile ihrer Gehälter und Bezüge. Darüber sind wir extrem froh und dankbar. Diese Bereitschaft aller Beteiligten unterstreicht die gelebte Solidarität beim FCH. Auch beim Gehaltsverzicht hängt alles von den weiteren politischen Entscheidungen ab.
Gerade bei den Spielern ist dies nicht selbstverständlich . . .
Ich habe auch von Vereinen gehört, bei denen die Mannschaft das abgelehnt hat, arbeitsvertraglich gibt es dazu nämlich keine handhabe. Umso höher einzuschätzen ist es, wie unsere Mannschaft da mitzieht.
Es hätte auch schlimmer kommen können.
Umso höher einzuschätzen ist es, wie unsere Mannschaft da mitzieht.
Drohen beim FCH Entlassungen?
Wir mussten bislang keine Mitarbeiter entlassen. Oberstes Ziel bleibt, dass wir alle Arbeitsplätze beim FCH erhalten, um unsere über die Jahre aufgebauten Strukturen langfristig zu erhalten.
Es geht ja jetzt – zwar nur mit zwei Prozent – auch um die Popularität eines Vereins. Plant der FCH da weitere Aktivitäten?
Unabhängig davon entwickeln wir die Marke „1. FC Heidenheim 1846“schon seit Jahren kontinuierlich und nachhaltig weiter. Wir sind schließlich nach wie vor ein junger Verein in der 2. Liga. Natürlich werden wir weiterhin intensiv daran arbeiten. Insbesondere im Bereich der Digitalisierung, gerade vor dem Hintergrund Corona, sehen wir noch Potential, öffentlich noch deutlich präsenter und besser wahrgenommen zu werden. Auch das Thema E-sports mit unserer erstmaligen Teilnahme an der Virtual Bundesliga in dieser Saison, zählt hier natürlich dazu.
Wie ist Ihr Ausblick auf 2021?
Wir gehen wie immer positiv und optimistisch in das neue Jahr. Wir befinden uns sportlich auf dem richtigen Weg und sind, insbesondere durch die Aussicht auf den Impfstoff, zuversichtlich, dass im Frühjahr Schritt für Schritt die Fans und Zuschauer wieder in die Fußball-stadien zurückkehren können. Wie in der Vergangenheit, wollen wir den 1. FC Heidenheim 1846, wenn die Corona-krise gemeistert ist, auch in Zukunft weiterentwickeln und als Verein weiterwachsen.