Kühltürme bleiben bis 2026 stehen
Am 31. Dezember 2021 geht auch der Block C des Atomkraftwerks Gundremmingen endgültig vom Netz. Und was passiert danach? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Die Tage sind gezählt: Am 31. Dezember 2021 geht auch der letzte in Betrieb befindliche Reaktorblock des Atomkraftwerks Gundremmingen vom Netz. Mit der Abschaltung von Block C geht das Kraftwerk damit vollständig vom Leistungsbetrieb in den Rückbau. Wie wird das letzte Betriebsjahr ablaufen? Welche nächsten Schritte stehen an, wie läuft der begonnene Rückbau im bereits stillgelegten Block B und welche Pläne gibt es für die ferne Zukunft des Geländes? Die wichtigsten Fragen und Antworten auf einen Blick:
Wie wirkt sich die Corona-pandemie auf die Arbeit im Kraftwerk aus?
Im Kraftwerk wurde ein eigenes Hygienekonzept umgesetzt, das auch auf Fremdfirmen angewendet wurde, die während der Revision im Juni/juli 2020 dort gearbeitet haben. Wie Heiko Ringel, technischer Geschäftsführer des Kraftwerks berichtet, seien über Hygienemaßnahmen hinaus beispielsweise Mannschaftsteile der Belegschaft so voneinander getrennt worden, dass verschiedene Schichten nicht miteinander in Kontakt kommen. Seit Beginn der Pandemie gab es unter Mitarbeitern zehn Corona-infektionen, darunter seien auch Personen von Fremdfirmen, so Ringel.
Wird Block C bis zur Abschaltung noch einmal heruntergefahren, etwa für eine Revision?
Nein, dies ist nicht geplant. Eine unvorhergesehene Abschaltung im November 2020, die aufgrund eines Brennelementdefekts nötig war, habe man genutzt, um Arbeiten, die für die nächste Revision vorgesehen gewesen wären, vorzuziehen, so Ringel. „Wenn keine Störung auftritt, soll die Anlage das ganze Jahr nun durchlaufen.“Auch der nukleare Kernbrennstoff sei so bemessen, dass dies möglich sei. Ab Oktober allerdings werde der Reaktor in Form eines Stretch-out-betriebes sukzessive weniger Leistung liefern.
Liegt die Genehmigung zum Rückbau für Block C bereits vor?
Nein. Wie Akw-geschäftsführer Ringel berichtet, sei diese Mitte 2019 beim bayerischen Umweltministerium beantragt worden. Man gehe jedoch davon aus, dass der Antrag bis Ende dieses Jahres genehmigt werde. Zur Erinnerung: Im Falle von Block B hatte der Kraftwerksbetreiber die Genehmigung zum Rückbau erst über ein Jahr nach der Abschaltung erhalten. So konnten zunächst nur vorbereitende Arbeiten geschehen, der Rückbau wesentlicher Anlagenteile war nicht möglich.
Was passiert nach der Abschaltung von Block C am 31.12.2021?
Ab Jahresbeginn 2022 ist vorgesehen, die im Reaktor befindlichen Brennelemente in das Abklingbecken zu entladen. Dieses befindet sich über dem Reaktor im Reaktorgebäude. Sobald dies bis etwa Mitte 2022 abgeschlossen ist, werden erste Rückbauarbeiten getätigt. Der Rückbau wird zunächst im Maschinenhaus beginnen. Das Reaktorgebäude darf erst rückgebaut werden, wenn kein Kernbrennstoff mehr in dem Gebäude ist, also wenn alle Brennelemente in Castoren verladen und ins Zwischenlager gebracht wurden. Dies soll bis Ende 2026 geschehen.
Was ist seit der Abschaltung von Block B, der bereits Ende 2017 vom Netz ging, dort geschehen?
In Block B wurden bereits alle Brennelemente aus dem Reaktor in das Abklingbecken umgeladen. Darüber hinaus wurden neben zahlreichen kleineren Arbeiten im Maschinenhaus eine größere Strahlenschutz-betonwand sowie Isolierung entfernt. Derzeit werde am Turbinenölsystem gearbeitet, so Rwe-manager Ringel. Für 2021 ist geplant, 20 Castoren mit je 52 Brennelementen aus dem Abklingbecken von Block B zu beladen und ins Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände zu bringen.
Wie viele Castoren lagern derzeit im Zwischenlager?
Aktuell stehen 80 Castoren im Zwischenlager. Noch einmal 100 Castoren mit je 52 abgebrannten Brennelementen sollen insgesamt hinzukommen. Davon werden 40 Castoren in Block B anfallen, 60 in Block C. Das Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände, das seit Januar 2019 nicht mehr vom Kraftwerksbetreiber RWE betrieben wird, sondern von der bundeseigenen Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ), ist aktuell bis zum Jahr 2046 genehmigt. Wo die Castoren anschließend hingehen, ist offen. Der Standort für ein Endlager ist noch nicht gefunden.
Was ist mit anderen Abfällen?
Beim Rückbau von Block B sind bisher 1700 Tonnen Material ausgebaut worden. Ein Teil dieser Abfälle kann nach einer entsprechenden Strahlenmessung auf regulären Deponien entsorgt werden. Der Rest muss in spezielle Strahlenschutzbehältnisse verpackt und in ein Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle gebracht werden. In den vergangenen drei Jahren seien 27 solcher Transporte von Gundremmingen aus per Bahn nach Mitterteich (Bayern) ins dortige Zwischenlager gestartet. Für 2021 sind weitere zehn solcher Transporte geplant. Insgesamt 288 Tonnen schwach- und mittelradioaktiver Abfälle wurden bisher aus dem AKW nach Mitterteich gebracht.
Reicht die aktuelle Kapazität an Personal und Gerätschaften im Rückbauzentrum aus, um den parallelen Rückbau beider Blöcke ab 2022 zu stemmen?
Wie der technische Geschäftsführer des Kraftwerks, Heiko Ringel, berichtet, werde das Rückbauzentrum derzeit umgebaut. Dabei werde der Maschinenpark etwa um weitere Kräne, Zerlegeplätze,
Schredder und Strahlenschutzmessstationen erweitert. Zugleich wird die Zahl der Kraftwerksmitarbeiter reduziert. „Das geschieht sukzessive und sozialverträglich, zum Beispiel über Altersteilzeit“, so Ringel. Im Rückbaubetrieb würden weniger Mitarbeiter benötigt als im Leistungsbetrieb. Bis Ende 2022 sollen insgesamt 100 Stellen wegfallen. In den Spitzenzeiten des Rückbaus erwartet Ringel, dass die Belegschaft mindestens im Zweischichtsystem arbeiten wird. Auch ist vorgesehen, dass Spezialfirmen von außerhalb für verschiedene Vorhaben hinzugezogen werden, beispielsweise wenn es um die Zerlegung des Reaktordruckbehälters geht.
Wann ist vom AKW nichts mehr übrig?
Ende der 2030er-jahre soll vom jetzigen Kraftwerk nur noch die Gebäudehülle stehen. Ob und was weiter mit dem Gelände passiert, ob es eine andere Nutzung – etwa durch ein Gaskraftwerk – geben wird oder ob das Gebäude abgerissen und die Fläche verkauft wird, darüber möchte er keine „Gedankenspiele“anstellen, so Ringel. „Dafür ist es noch zu früh.“
Wie lange sollen die Kühltürme noch stehen?
Ziemlich sicher ist sich Ringel allerdings bei den Kühltürmen. „Ich kann mir keine weitere Nutzung vorstellen.“Er geht davon aus, dass die beiden je rund 160 Meter hohen Türme abgerissen werden. Doch auch dies sei erst möglich, wenn alle abgebrannten, aber weiter hoch radioaktiven Brennelemente aus dem Kraftwerk ins nebenan gelegene Zwischenlager gebracht worden sind – vorgesehen ist dieser Transport bis spätestens zum Ende des Jahres 2026.