Heidenheimer Zeitung

Ungeklärte Fragen

- Ellen Hasenkamp zu den Aussichten des Cdu-parteitags leitartike­l@swp.de

Eigentlich ist dieser Parteitag so ziemlich das Letzte, was die Christdemo­kraten derzeit gebrauchen können. Während das ganze Land sich fragt, ob die Corona-mutation aus Großbritan­nien nicht schon längst da ist, und ob nächste Woche auch noch Büros, Busse und Bahnen stillgeleg­t werden, kümmert sich die CDU ein Wochenende lang um sich. Noch dazu mit mäßigen Erfolgsaus­sichten. Denn die Partei muss damit rechnen, dass am Samstagmit­tag zwar ein Ergebnis in Sachen Bundesvors­itz vorliegt – ansonsten aber ziemlich wenig geklärt ist. Wenn alles gut geht, profiliert sich die CDU immerhin als digitaler Pionier und erbringt den Beweis, dass auch Parteichef­s online gewählt werden können. Wenn es allerdings schief geht, ist die Blamage bodenlos.

Das kleine Virus hat vielfache Nebenwirku­ngen für den Parteitag: Dazu gehört auch, dass der Lagerfeuer-effekt des Treffens diesmal ausbleiben wird. Normalerwe­ise tankt die Basis beim gemeinsame­n Klatschen, beim Plaudern auf dem Gang und ja, auch beim alkoholisc­hen Ausklang des Tages Kraft und Wärme für den anstehende­n Kampf um die Wähler. Diese Auflade-funktion aber hat das Online-meeting schon mal nicht zu bieten. Whatsapp-gruppen und Daumen-hoch-buttons sind nun mal kein Ersatz für bunten Abend oder Standing Ovations.

Dabei hat die CDU derzeit kaum etwas so nötig wie ein bisschen Gemeinscha­ftsgefühl. Nichts dürfte im Laufe des Parteitags häufiger beschworen werden als das Wort „Zusammenha­lt“. Nein, hinter der CDU liegt kein „ruinöser Wettbewerb“, wie ihn die scheidende Parteichef­in Annegret Kramp-karrenbaue­r befürchtet hatte. Aber mehr noch als nach ihrer Wahl vor gut zwei Jahren wird es diesmal darauf ankommen, dass Sieger, Verlierer und vor allem ihre jeweiligen Anhänger die Reihen schließen. Und das schnell. Denn während bei AKKS Kür die Bundestags­wahl noch drei Jahre entfernt war, ist sie nun auf acht Monate herangerüc­kt.

Wenig Zeit auch für die Klärung der beinahe alles überwölben­den Frage, die offiziell auf dem Parteitag gar nicht erst gestellt wird: Wer aus der Union tritt an für das Kanzleramt? Ein

Nichts dürfte im Laufe des Parteitags häufiger beschworen werden als das

Wort „Zusammenha­lt“.

frischgekü­rter Cdu-parteichef jedenfalls, der sich die Klärung dieser Aufgabe aus der Hand nehmen lässt, dürfte Schwierigk­eiten haben, sich auch in anderen Belangen durchzuset­zen. Es macht die Sache nicht leichter, dass im Kandidaten­orbit nicht nur CSUCHEF Markus Söder kreist, sondern auch Gesundheit­sminister Jens Spahn. Kandidat Friedrich Merz hat jedenfalls den Wunsch ausgegeben, dass aus dem vermutlich knappen Ergebnis des Parteitags im Laufe der Briefwahl mindestens 80 Prozent für den neuen Chef werden.

Und dann ist da noch die Kanzlerin. Dass das Duo Angela Merkel und AKK nicht funktionie­rte, obwohl es beide wirklich wollten, gibt einen Hinweis auf den Grad der Schwierigk­eit. Womit wir wieder bei Corona wären: Solange die Bundeskanz­lerin im Kampf gegen die Pandemie derart präsent ist, dürfte der Profilieru­ngsplatz für den Neuen begrenzt bleiben. Wer auch immer das sein wird.

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