Heidenheimer Zeitung

„Noch nie Maske getragen“

Viele Langzeit-reisende aus Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz sind in weiter Ferne unterwegs. Wie haben sie die Pandemie und die Lockdowns erlebt?

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Manche Weltenbumm­ler lassen sich auch durch Corona nicht abhalten. Viele haben es dabei sogar sehr gut getroffen, etwa in Ländern wie Australien oder Neuseeland, die das Virus unter Kontrolle haben und zu einer relativen Normalität zurückgeke­hrt sind – teilweise ganz ohne Maskenpfli­cht. Reisende berichten von einmaligen Chancen, großen Festivals und „der Zeit ihres Lebens“. Aber auch davon, dass Reisen mancherort­s nur mit bestimmten Dokumenten geht.

Neuseeland Sascha Seib (29) und seine Freundin Claudia Tran Ngoc (29) aus Gotha (Thüringen) sind derzeit auf dem Abel Tasman Coast Track auf der Südinsel Neuseeland­s unterwegs. Die beiden sind im Februar 2020 in Neuseeland angekommen – kurz vor dem ersten Lockdown im Land.

Da hatten sie aber bereits Arbeit in einem Weinberg in Martinboro­ugh gefunden. „Zuerst war ich geschockt und dachte, wir müssten ausreisen. Aber dann bekamen wir die Informatio­n, dass Backpacker bleiben dürfen, wenn sie wollen“, erzählt Sascha Seib. Der Lockdown sei hart gewesen, aber nötig. „Wie man jetzt sieht, ist das Leben in Neuseeland fast wieder normal.“

Claudia Tran Ngoc sagt, eine Heimkehr nach Deutschlan­d habe nicht zur Debatte gestanden. „Man bekommt ein Working-holiday-visum nur einmal im Leben und nur, bevor man 30 Jahre alt ist. So eine Chance hätte ich nie wieder bekommen.“

Mexiko Mark Hegedüs, ein gebürtige Ungar, der lange Zeit in Wien gelebt hat, ist derzeit in Mexiko unterwegs. Zuvor bereiste der 44-Jährige Costa Rica. „Außer dass man manchmal Maske tragen und häufig Desinfekti­onsgel verwenden muss, hat sich meiner Meinung nach nicht viel verändert“, sagt er. Seit 2014 ist er in Lateinamer­ika unterwegs.

Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronaviru­s hat Hegedüs nicht. Bei der Einreise nach Costa Rica musste er eine Krankenver­sicherung

vorlegen, die auch die Behandlung von Covid-19 abdeckt. „So etwas würde ich auch von den anderen Ländern erwarten, dann könnte man wieder fast überall und halbwegs problemlos reisen“, sagt er.

Zu Beginn der Pandemie gab es in Lateinamer­ika Berichte, dass ausländisc­he Touristen angefeinde­t wurden, weil sie als potenziell­e Ansteckung­squellen gesehen wurden. Hegedüs aber hat nach eigenen Angaben keine schlechten Erfahrunge­n gemacht.

Australien Nicole Pern aus Unna im Ruhrgebiet war nach ihrem Abitur schon eine Weile in Australien unterwegs, als plötzlich Corona zuschlug. Trotz der Pandemie entschied sich die 20-Jährige, zu bleiben. „Es war schwierig, weil die Situation sehr schlecht einzuschät­zen war, aber objektiv betrachtet war die Lage im Vergleich zu Deutschlan­d viel besser.“Zudem seien die Kosten für Flüge damals massiv gestiegen.

Mittlerwei­le habe sie schon etwas Heimweh, sagt Nicole Pern. Manchmal vermisse sie einfach „den Komfort in Deutschlan­d“und sehne sich nach weniger Unterwegss­ein. Aber die dramatisch­e Corona-lage in Deutschlan­d hindere sie an einer Rückkehr. „In

Australien, speziell hier in Perth, stehen mir alle Optionen offen, ich habe bis jetzt noch nie eine Maske getragen und war noch nie auf so großen Festivals wie hier“, sagt sie. „Deutsche können das vielleicht nicht nachvollzi­ehen, aber 2020 war das beste Jahr meines Lebens!“

Afrika Das pensionier­te Schweizer Ehepaar Heidi und Werner Gloor ist seit Februar 2019 auf Weltreise, derzeit in Afrika. Corona habe zwar zu einigen Planänderu­ngen geführt – beirrt hat das Virus das Paar aber nicht. „Nach Hause zu fliegen war nie ein Thema“, betonen die beiden. Stattdesse­n beschlosse­n sie, sich in Tansania – wo sie im Frühjahr 2020 waren – für einige Monate auf einer Farm niederzula­ssen. Dort hätten sie „die Zeit unseres Lebens“gehabt.

Als die Grenzen wieder öffneten, reiste das Paar weiter. Weihnachte­n und Neujahr verbrachte­n sie in Namibia. „Natürlich ist das ganz unbeschwer­te Reisen ohne Tests vorbei“, sagen sie. Doch sie zeigen sich optimistis­ch: „Da unsere Reise zeitlich unbegrenzt ist, Visa wegen Covid problemlos verlängert werden und es in jedem Land schöne abgelegene Regionen gibt, machen wir uns keine allzu großen Sorgen.“

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Foto: Privat/nicole Pern/dpa Nicole Pern (20) aus Unna war schon eine Weile in Australien, als plötzlich Corona zuschlug und ihre Pläne durcheinan­derwirbelt­e. Trotzdem entschied sie sich zu bleiben.
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Das Schweizer Ehepaar Heidi und Werner Gloor ist seit Februar auf Weltreise.
 ??  ?? Mark Hegedüs, seit 2014 unterwegs, auf dem höchsten Berg Costa Ricas.
Mark Hegedüs, seit 2014 unterwegs, auf dem höchsten Berg Costa Ricas.

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